Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 5. Leipzig, 1880.

Bild:
<< vorherige Seite

Da war er jedoch sehr im Irrthum! Wie viel er auch reden und schreiben mochte, es blieb bei solchen Versprechungen, die schon durch ihre Fassung zeigten, dass sie leer seien. Wander erreichte nichts, als dass er sich Feinde schuf. Doch, was kümmerte das ihn! Er sagt: "Es liegt in meiner Natur ein so entschiedenes Rechtsgefühl, dass mich jede Verletzung desselben zu entschiedenem und beharrlichem Widerstande antreibt. Selbst meine Freunde haben sich zuweilen befremdend darüber ausgesprochen, wie ich mir in der einen oder andern Sache Verdruss mache und sie nicht gehen lasse, wie sie geht, ich könne es ja doch allein nicht ändern. Ich verabscheue diese faule Ansicht. Lediglich darum macht sich das Unrecht in der Welt so breit, weil nicht jeder sein Recht wahrt."

Ein kleines Intermezzo mit Director Hoffmann aus Bunzlau, dem Wander's "Weihnachtsnüsse", eine Sprichwörtersammlung für Kinder, nicht gefielen, endete nach vielem Hin- und Herschreiben damit, dass sich Wander von Bunzlau gänzlich lossagte.

Im Jahre 1832 erliess Wander einen Aufruf zur Gründung eines pädagogischen Lesevereins, an welchem sich anfänglich nur 12 Mitglieder betheiligten, deren Zahl jedoch bisweilen bis auf 50 stieg. Der Verein hatte den Zweck, einen frischen Geist unter die Lehrer zu bringen, und hat während seines achtzehnjährigen Bestandes sicher das Seine gethan. Zwei Jahre später übernahm Wander die Redaction des "Volksfreundes aus den Sudeten", den er dazu benutzte, "manchmal einen guten Gedanken unter das Volk zu bringen".

So war Wander beständig bemüht, Volk und Lehrer zu wecken; allein, obgleich er darüber seine Schule nicht vernachlässigte, sah man doch an höherer Stelle seine publicistische Thätigkeit ungern, sodass er später sogar einmal das Wort hören musste, es sei eine blosse Vergünstigung, dass Lehrer schreiben dürften, und die Zeit sei zweckmässiger zu verwenden.

Im Jahre 1834 übernahm an Nagel's Stelle, den Wander als freisinnigen Geistlichen, humanen Schulinspector und tüchtigen Pädagogen achtete, Pastor Henckel das Revisorat der Schule.

Der neue Revisor war wirklich ein Mann der Controle, und worin Nagel zu wenig gethan, darin that Henckel zu viel. Bald wurde ihm offenbar, dass sich Wander einer Orthographie bediente, die von jener seiner Collegen in einigen Punkten abwich. Der Revisor suchte Wander zu einheitlicher Schreibung der Wörter zu bewegen, was dieser ablehnte, da durch kein Gesetz bestimmt sei, welche Schreibung man als die beste allgemein anerkennen müsse. Nun drohte Henckel, Anzeige bei der königl. Regierung zu machen. Es geschah. Unter dem 14. Juli 1834 erhielt Wander von Liegnitz aus die Weisung, sich beim Unterrichte lediglich der allgemein geltenden Rechtschreibung zu bedienen, wie sie von Adelung und den deutschen Classikern gebraucht werde; privatim möge er schreiben, wie er wolle. Wander war froh, dass ihm gestattet war, in seiner Stube ein kk statt ck, ein x für ein u zu machen, und bedauerte im übrigen die wegen einiger Buchstaben auf ihn unternommene Hetzjagd. Wander bat um eine Frist, die Abweichungen seiner Orthographie zu begründen, worauf ein neues, strengeres Decret folgte. Dieser Verkehr mit den Behörden äusserte auf Wander seine Rückwirkung; er ging mit Unlust in die Klasse und strafte manchmal strenger, als er sonst gewohnt war. Nach einer nochmaligen Vermahnung gab er den Unterricht in der deutschen Sprache freiwillig ab und übernahm dafür den Rechenunterricht, da das Einmaleins von seiner Seite keine Neuerungen zu befürchten hatte. Er glaubte, nun wäre alles gut. Doch es kam anders.

Am 6. April 1835 erhielt er eine amtliche Einladung zu seinem Pastor Henckel, wo er seinen ehemaligen Revisor, den nunmehrigen Consistorial- und Schulrath Havenstein, als Regierungscommissär anwesend fand. Drei Crimina wurden ihm hier zur Last gelegt: er habe als Redacteur des "Volksfreundes" Adel und Geistlichkeit angegriffen; er sei Stifter eines "Vereins für Aufklärung" und habe bisjetzt im Ungehorsam gegen die Verordnung der Regierung hinsichtlich der Rechtschreibung verharrt.

Wander blieb die Antworten nicht schuldig: er habe im "Volksfreund" nur Ungehörigkeiten gerügt; die Statuten des genannten Vereins, der auch Geistliche unter seinen Mitgliedern zähle, seien vom Oberpräsidium bestätigt und der Versuchung, gegen die Orthographie zu sündigen, sei er nun durch Uebernahme eines andern Lehrgegenstandes entzogen.

Da war er jedoch sehr im Irrthum! Wie viel er auch reden und schreiben mochte, es blieb bei solchen Versprechungen, die schon durch ihre Fassung zeigten, dass sie leer seien. Wander erreichte nichts, als dass er sich Feinde schuf. Doch, was kümmerte das ihn! Er sagt: „Es liegt in meiner Natur ein so entschiedenes Rechtsgefühl, dass mich jede Verletzung desselben zu entschiedenem und beharrlichem Widerstande antreibt. Selbst meine Freunde haben sich zuweilen befremdend darüber ausgesprochen, wie ich mir in der einen oder andern Sache Verdruss mache und sie nicht gehen lasse, wie sie geht, ich könne es ja doch allein nicht ändern. Ich verabscheue diese faule Ansicht. Lediglich darum macht sich das Unrecht in der Welt so breit, weil nicht jeder sein Recht wahrt.“

Ein kleines Intermezzo mit Director Hoffmann aus Bunzlau, dem Wander's „Weihnachtsnüsse“, eine Sprichwörtersammlung für Kinder, nicht gefielen, endete nach vielem Hin- und Herschreiben damit, dass sich Wander von Bunzlau gänzlich lossagte.

Im Jahre 1832 erliess Wander einen Aufruf zur Gründung eines pädagogischen Lesevereins, an welchem sich anfänglich nur 12 Mitglieder betheiligten, deren Zahl jedoch bisweilen bis auf 50 stieg. Der Verein hatte den Zweck, einen frischen Geist unter die Lehrer zu bringen, und hat während seines achtzehnjährigen Bestandes sicher das Seine gethan. Zwei Jahre später übernahm Wander die Redaction des „Volksfreundes aus den Sudeten“, den er dazu benutzte, „manchmal einen guten Gedanken unter das Volk zu bringen“.

So war Wander beständig bemüht, Volk und Lehrer zu wecken; allein, obgleich er darüber seine Schule nicht vernachlässigte, sah man doch an höherer Stelle seine publicistische Thätigkeit ungern, sodass er später sogar einmal das Wort hören musste, es sei eine blosse Vergünstigung, dass Lehrer schreiben dürften, und die Zeit sei zweckmässiger zu verwenden.

Im Jahre 1834 übernahm an Nagel's Stelle, den Wander als freisinnigen Geistlichen, humanen Schulinspector und tüchtigen Pädagogen achtete, Pastor Henckel das Revisorat der Schule.

Der neue Revisor war wirklich ein Mann der Controle, und worin Nagel zu wenig gethan, darin that Henckel zu viel. Bald wurde ihm offenbar, dass sich Wander einer Orthographie bediente, die von jener seiner Collegen in einigen Punkten abwich. Der Revisor suchte Wander zu einheitlicher Schreibung der Wörter zu bewegen, was dieser ablehnte, da durch kein Gesetz bestimmt sei, welche Schreibung man als die beste allgemein anerkennen müsse. Nun drohte Henckel, Anzeige bei der königl. Regierung zu machen. Es geschah. Unter dem 14. Juli 1834 erhielt Wander von Liegnitz aus die Weisung, sich beim Unterrichte lediglich der allgemein geltenden Rechtschreibung zu bedienen, wie sie von Adelung und den deutschen Classikern gebraucht werde; privatim möge er schreiben, wie er wolle. Wander war froh, dass ihm gestattet war, in seiner Stube ein kk statt ck, ein x für ein u zu machen, und bedauerte im übrigen die wegen einiger Buchstaben auf ihn unternommene Hetzjagd. Wander bat um eine Frist, die Abweichungen seiner Orthographie zu begründen, worauf ein neues, strengeres Decret folgte. Dieser Verkehr mit den Behörden äusserte auf Wander seine Rückwirkung; er ging mit Unlust in die Klasse und strafte manchmal strenger, als er sonst gewohnt war. Nach einer nochmaligen Vermahnung gab er den Unterricht in der deutschen Sprache freiwillig ab und übernahm dafür den Rechenunterricht, da das Einmaleins von seiner Seite keine Neuerungen zu befürchten hatte. Er glaubte, nun wäre alles gut. Doch es kam anders.

Am 6. April 1835 erhielt er eine amtliche Einladung zu seinem Pastor Henckel, wo er seinen ehemaligen Revisor, den nunmehrigen Consistorial- und Schulrath Havenstein, als Regierungscommissär anwesend fand. Drei Crimina wurden ihm hier zur Last gelegt: er habe als Redacteur des „Volksfreundes“ Adel und Geistlichkeit angegriffen; er sei Stifter eines „Vereins für Aufklärung“ und habe bisjetzt im Ungehorsam gegen die Verordnung der Regierung hinsichtlich der Rechtschreibung verharrt.

Wander blieb die Antworten nicht schuldig: er habe im „Volksfreund“ nur Ungehörigkeiten gerügt; die Statuten des genannten Vereins, der auch Geistliche unter seinen Mitgliedern zähle, seien vom Oberpräsidium bestätigt und der Versuchung, gegen die Orthographie zu sündigen, sei er nun durch Uebernahme eines andern Lehrgegenstandes entzogen.

<TEI>
  <text>
    <front>
      <div type="preface" n="1">
        <p><pb facs="#f0008" n="X"/>
Da war er jedoch sehr im Irrthum! Wie viel er auch reden und schreiben mochte, es blieb bei solchen Versprechungen, die schon durch ihre Fassung zeigten, dass sie leer seien. Wander erreichte nichts, als dass er sich Feinde schuf. Doch, was kümmerte das ihn! Er sagt: &#x201E;Es liegt in meiner Natur ein so entschiedenes Rechtsgefühl, dass mich jede Verletzung desselben zu entschiedenem und beharrlichem Widerstande antreibt. Selbst meine <hi rendition="#i">Freunde</hi> haben sich zuweilen befremdend darüber ausgesprochen, wie ich mir in der einen oder andern Sache Verdruss mache und sie nicht gehen lasse, wie sie geht, ich könne es ja doch allein nicht ändern. Ich verabscheue diese faule Ansicht. Lediglich darum macht sich das Unrecht in der Welt so breit, weil nicht jeder <hi rendition="#i">sein</hi> Recht wahrt.&#x201C;</p><lb/>
        <p>Ein kleines Intermezzo mit Director Hoffmann aus Bunzlau, dem Wander's &#x201E;Weihnachtsnüsse&#x201C;, eine Sprichwörtersammlung für Kinder, nicht gefielen, endete nach vielem Hin- und Herschreiben damit, dass sich Wander von Bunzlau gänzlich lossagte.</p><lb/>
        <p>Im Jahre 1832 erliess Wander einen Aufruf zur Gründung eines pädagogischen Lesevereins, an welchem sich anfänglich nur 12 Mitglieder betheiligten, deren Zahl jedoch bisweilen bis auf 50 stieg. Der Verein hatte den Zweck, einen frischen Geist unter die Lehrer zu bringen, und hat während seines achtzehnjährigen Bestandes sicher das Seine gethan. Zwei Jahre später übernahm Wander die Redaction des &#x201E;Volksfreundes aus den Sudeten&#x201C;, den er dazu benutzte, &#x201E;manchmal einen guten Gedanken unter das Volk zu bringen&#x201C;.</p><lb/>
        <p>So war Wander beständig bemüht, Volk und Lehrer zu wecken; allein, obgleich er darüber seine Schule nicht vernachlässigte, sah man doch an höherer Stelle seine publicistische Thätigkeit ungern, sodass er später sogar einmal das Wort hören musste, es sei eine blosse Vergünstigung, dass Lehrer schreiben dürften, und die Zeit sei zweckmässiger zu verwenden.</p><lb/>
        <p>Im Jahre 1834 übernahm an Nagel's Stelle, den Wander als freisinnigen Geistlichen, humanen Schulinspector und tüchtigen Pädagogen achtete, Pastor Henckel das Revisorat der Schule.</p><lb/>
        <p>Der neue Revisor war wirklich ein Mann der Controle, und worin Nagel zu wenig gethan, darin that Henckel zu viel. Bald wurde ihm offenbar, dass sich Wander einer Orthographie bediente, die von jener seiner Collegen in einigen Punkten abwich. Der Revisor suchte Wander zu einheitlicher Schreibung der Wörter zu bewegen, was dieser ablehnte, da durch kein Gesetz bestimmt sei, welche Schreibung man als die beste allgemein anerkennen müsse. Nun drohte Henckel, Anzeige bei der königl. Regierung zu machen. Es geschah. Unter dem 14. Juli 1834 erhielt Wander von Liegnitz aus die Weisung, sich beim Unterrichte lediglich der allgemein geltenden Rechtschreibung zu bedienen, wie sie von Adelung und den deutschen Classikern gebraucht werde; privatim möge er schreiben, wie er wolle. Wander war froh, dass ihm gestattet war, in seiner Stube ein kk statt ck, ein x für ein u zu machen, und bedauerte im übrigen die wegen einiger Buchstaben auf ihn unternommene Hetzjagd. Wander bat um eine Frist, die Abweichungen seiner Orthographie zu begründen, worauf ein neues, strengeres Decret folgte. Dieser Verkehr mit den Behörden äusserte auf Wander seine Rückwirkung; er ging mit Unlust in die Klasse und strafte manchmal strenger, als er sonst gewohnt war. Nach einer nochmaligen Vermahnung gab er den Unterricht in der deutschen Sprache freiwillig ab und übernahm dafür den Rechenunterricht, da das Einmaleins von seiner Seite keine Neuerungen zu befürchten hatte. Er glaubte, nun wäre alles gut. Doch es kam anders.</p><lb/>
        <p>Am 6. April 1835 erhielt er eine amtliche Einladung zu seinem Pastor Henckel, wo er seinen ehemaligen Revisor, den nunmehrigen Consistorial- und Schulrath Havenstein, als Regierungscommissär anwesend fand. Drei Crimina wurden ihm hier zur Last gelegt: er habe als Redacteur des &#x201E;Volksfreundes&#x201C; Adel und Geistlichkeit angegriffen; er sei Stifter eines <hi rendition="#i">&#x201E;Vereins für Aufklärung</hi>&#x201C; und habe bisjetzt im Ungehorsam gegen die Verordnung der Regierung hinsichtlich der Rechtschreibung verharrt.</p><lb/>
        <p>Wander blieb die Antworten nicht schuldig: er habe im &#x201E;Volksfreund&#x201C; nur Ungehörigkeiten gerügt; die Statuten des genannten Vereins, der auch Geistliche unter seinen Mitgliedern zähle, seien vom Oberpräsidium bestätigt und der Versuchung, gegen die Orthographie zu sündigen, sei er nun durch Uebernahme eines andern Lehrgegenstandes entzogen.</p><lb/>
        <p>
</p>
      </div>
    </front>
  </text>
</TEI>
[X/0008] Da war er jedoch sehr im Irrthum! Wie viel er auch reden und schreiben mochte, es blieb bei solchen Versprechungen, die schon durch ihre Fassung zeigten, dass sie leer seien. Wander erreichte nichts, als dass er sich Feinde schuf. Doch, was kümmerte das ihn! Er sagt: „Es liegt in meiner Natur ein so entschiedenes Rechtsgefühl, dass mich jede Verletzung desselben zu entschiedenem und beharrlichem Widerstande antreibt. Selbst meine Freunde haben sich zuweilen befremdend darüber ausgesprochen, wie ich mir in der einen oder andern Sache Verdruss mache und sie nicht gehen lasse, wie sie geht, ich könne es ja doch allein nicht ändern. Ich verabscheue diese faule Ansicht. Lediglich darum macht sich das Unrecht in der Welt so breit, weil nicht jeder sein Recht wahrt.“ Ein kleines Intermezzo mit Director Hoffmann aus Bunzlau, dem Wander's „Weihnachtsnüsse“, eine Sprichwörtersammlung für Kinder, nicht gefielen, endete nach vielem Hin- und Herschreiben damit, dass sich Wander von Bunzlau gänzlich lossagte. Im Jahre 1832 erliess Wander einen Aufruf zur Gründung eines pädagogischen Lesevereins, an welchem sich anfänglich nur 12 Mitglieder betheiligten, deren Zahl jedoch bisweilen bis auf 50 stieg. Der Verein hatte den Zweck, einen frischen Geist unter die Lehrer zu bringen, und hat während seines achtzehnjährigen Bestandes sicher das Seine gethan. Zwei Jahre später übernahm Wander die Redaction des „Volksfreundes aus den Sudeten“, den er dazu benutzte, „manchmal einen guten Gedanken unter das Volk zu bringen“. So war Wander beständig bemüht, Volk und Lehrer zu wecken; allein, obgleich er darüber seine Schule nicht vernachlässigte, sah man doch an höherer Stelle seine publicistische Thätigkeit ungern, sodass er später sogar einmal das Wort hören musste, es sei eine blosse Vergünstigung, dass Lehrer schreiben dürften, und die Zeit sei zweckmässiger zu verwenden. Im Jahre 1834 übernahm an Nagel's Stelle, den Wander als freisinnigen Geistlichen, humanen Schulinspector und tüchtigen Pädagogen achtete, Pastor Henckel das Revisorat der Schule. Der neue Revisor war wirklich ein Mann der Controle, und worin Nagel zu wenig gethan, darin that Henckel zu viel. Bald wurde ihm offenbar, dass sich Wander einer Orthographie bediente, die von jener seiner Collegen in einigen Punkten abwich. Der Revisor suchte Wander zu einheitlicher Schreibung der Wörter zu bewegen, was dieser ablehnte, da durch kein Gesetz bestimmt sei, welche Schreibung man als die beste allgemein anerkennen müsse. Nun drohte Henckel, Anzeige bei der königl. Regierung zu machen. Es geschah. Unter dem 14. Juli 1834 erhielt Wander von Liegnitz aus die Weisung, sich beim Unterrichte lediglich der allgemein geltenden Rechtschreibung zu bedienen, wie sie von Adelung und den deutschen Classikern gebraucht werde; privatim möge er schreiben, wie er wolle. Wander war froh, dass ihm gestattet war, in seiner Stube ein kk statt ck, ein x für ein u zu machen, und bedauerte im übrigen die wegen einiger Buchstaben auf ihn unternommene Hetzjagd. Wander bat um eine Frist, die Abweichungen seiner Orthographie zu begründen, worauf ein neues, strengeres Decret folgte. Dieser Verkehr mit den Behörden äusserte auf Wander seine Rückwirkung; er ging mit Unlust in die Klasse und strafte manchmal strenger, als er sonst gewohnt war. Nach einer nochmaligen Vermahnung gab er den Unterricht in der deutschen Sprache freiwillig ab und übernahm dafür den Rechenunterricht, da das Einmaleins von seiner Seite keine Neuerungen zu befürchten hatte. Er glaubte, nun wäre alles gut. Doch es kam anders. Am 6. April 1835 erhielt er eine amtliche Einladung zu seinem Pastor Henckel, wo er seinen ehemaligen Revisor, den nunmehrigen Consistorial- und Schulrath Havenstein, als Regierungscommissär anwesend fand. Drei Crimina wurden ihm hier zur Last gelegt: er habe als Redacteur des „Volksfreundes“ Adel und Geistlichkeit angegriffen; er sei Stifter eines „Vereins für Aufklärung“ und habe bisjetzt im Ungehorsam gegen die Verordnung der Regierung hinsichtlich der Rechtschreibung verharrt. Wander blieb die Antworten nicht schuldig: er habe im „Volksfreund“ nur Ungehörigkeiten gerügt; die Statuten des genannten Vereins, der auch Geistliche unter seinen Mitgliedern zähle, seien vom Oberpräsidium bestätigt und der Versuchung, gegen die Orthographie zu sündigen, sei er nun durch Uebernahme eines andern Lehrgegenstandes entzogen.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

zeno.org – Contumax GmbH & Co. KG: Bereitstellung der Texttranskription. (2020-09-18T09:51:52Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Andreas Nolda: Bearbeitung der digitalen Edition. (2020-09-18T09:51:52Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: nicht übernommen; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): gekennzeichnet; Hervorhebungen I/J in Fraktur: keine Angabe; i/j in Fraktur: keine Angabe; Kolumnentitel: nicht übernommen; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): keine Angabe; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: keine Angabe; Zeichensetzung: keine Angabe; Zeilenumbrüche markiert: nein

Verzeichnisse im Vorspann wurden nicht transkribiert. Errata aus den Berichtigungen im Nachspann wurden stillschweigend integriert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wander_sprichwoerterlexikon05_1880
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wander_sprichwoerterlexikon05_1880/8
Zitationshilfe: Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 5. Leipzig, 1880, S. X. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wander_sprichwoerterlexikon05_1880/8>, abgerufen am 03.12.2024.