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Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 5. Leipzig, 1880.

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Havenstein hatte noch etwas auf dem Herzen. Wander war, mit Uebergehung der Regierung zu Liegnitz, bei dem Minister von Altenstein um eine Stellung an einem Lehrerseminar bittlich geworden und hatte die Aussicht auf Gewährung seines Gesuches erlangt, sobald sich irgendwo eine passende Stellung finden würde. Das hielt nun der Schulrath dem Lehrer vor. "Sie sind ein Oppositionsmann", sagte er, "und haben, wie ich vernommen, eine Stellung an einem Lehrerseminar nachgesucht; aber Sie werden keine erhalten, Sie würden uns schöne Schullehrer ziehen. Das Ministerium wird schon vorher die Departementsregierung befragen, wir haben auch ein Wort dabei zu sprechen und dann werden wir dem Ministerium sagen, in welcher Weise Sie opponirt haben." Schliesslich drang Havenstein in Wander, den deutschen Sprachunterricht wieder zu übernehmen, was dieser ablehnte. "Ja, ja, Sie wären ein Prachtexemplar unsers Bezirks, wenn Sie nur Ihren verdammten Eigensinn nicht besässen!" Mit diesen Worten konnte Wander gehen.

Anfang October erhielt er von gut unterrichteter Seite ein Schreiben aus Bunzlau, worin ihm mitgetheilt wurde, der dortige Seminardirector Kamerau sei veranlasst worden, bei dem Generalsuperintendenten Ribbeck in Breslau darauf hinzuwirken, ihn wegen seiner freisinnigen religiösen Theorien aus dem Lehramte zu entfernen. Ribbeck kam auf einer Visitationsreise nach Hirschberg, untersuchte die Angelegenheit und fand, dass der wahre Thatbestand durch allerlei Zuthaten entstellt und übertrieben worden sei. Wander hat sein Glaubensbekenntniss in seiner Biographie ausdrücklich niedergelegt: "Ich glaube an Gott, Tugend, Unsterblichkeit; im übrigen ist mein religiöser Standpunkt der rationelle. Ich sagte oft zu mir: Sei vernünftig! Darum habe ich alles, was mit der Vernunft im Widerspruche stand, entfernt, wo ich es gefunden."

Das Jahr 1837 brachte Wander in neue Conflicte. Bald war es eine ungerechte Strafe, die er einem Schüler auferlegt haben sollte, bald war der Revisor, bald der Magistrat mit ihm unzufrieden. Jener konnte es nicht verwinden, dass Wander bei der Unterschrift eines Conferenzprotokolls erklärt hatte, er sei mit mehrern Punkten desselben nicht einverstanden; dieser beschuldigte ihn, Schulkinder zum Abschreiben von Manuscripten benutzt zu haben, was allerdings, jedoch ausserhalb der Schulstunden, geschehen war. Wander wandte sich in diesen Fällen, meist ohne Erfolg, an die Regierung, bei der sich die Wander-Acten häuften. Unter den hirschberger Lehrern stand er ziemlich isolirt da; er geisselt sie aber auch dafür durch das schärfste Urtheil und meint, man könne zehnmal das chinesische Reich umwälzen, ehe man das verphilisterte Schulmeisterthum aufrege.

Das Revisorat der Stadtschule ging mit dem Jahre 1840 auf Pastor Jaekel über. Der war ein vortrefflicher Mensch, dem es nicht darum zu thun war, die Kinder mit einem Wuste von Kenntnissen vollzustopfen, sondern sie, wie er sagte, "anzurühren", d. i. lebendig zu machen und zu begeistern. Wander hat ihm in seinem "Pädagogischen Wächter" (1849, S. 67) unter der Ueberschrift: "Das pädagogische Anrühren", ein Denkmal gesetzt.

Unter Jaekel's Revisorat führte Wander im Jahre 1840 Lehrerversammlungen zu Hirschberg ein, denen er den Namen "Schlesische Lehrerfeste" gab. Es kamen nur drei zu Stande; ihre Fortsetzung wurde von der Regierung verboten. Zwei Jahre später musste nach Abgang eines Lehrers Wander abermals ausserordentliche Unterrichtsstunden übernehmen; er weigerte sich zwar, allein der Magistrat machte ihm die Uebernahme zur Pflicht und bedeutete ihn, er möge weniger Privatstunden geben. Durch die allzu grosse Anstrengung wurde Wander's Gesundheit bald derart erschüttert, dass er mit Erlaubniss der Behörde eine Brunnencur in Cudowa durchmachen musste.

Mehr als je machte Wander in diesen Jahren das Bestreben geltend, die Schule von der Kirche zu befreien. Das war es, "was den Staat gegen ihn in Harnisch brachte". Durch die Schrift: "Die Volksschule als Staatsanstalt" (Leipzig 1842), zog er sich eine Vorladung vor die königl. Regierung nach Liegnitz und eine ernste Verwarnung zu; dennoch wagte er sich bald wieder mit einer Schrift: "Der geschmähte Diesterweg" (Leipzig 1843), hervor, die eine zweijährige Disciplinaruntersuchung zur Folge hatte. Anfänglich wurde eine Strafversetzung und die Abnahme des Religionsunterrichts gegen ihn ausgesprochen, nach dem Recurse Wander's jedoch die Strafversetzung in eine Ordnungsstrafe verwandelt, die nie eingezogen wurde, und auch der Religionsunterricht ihm wiedergegeben. Was Wander in den ersten Vierzigerjahren, namentlich von

Havenstein hatte noch etwas auf dem Herzen. Wander war, mit Uebergehung der Regierung zu Liegnitz, bei dem Minister von Altenstein um eine Stellung an einem Lehrerseminar bittlich geworden und hatte die Aussicht auf Gewährung seines Gesuches erlangt, sobald sich irgendwo eine passende Stellung finden würde. Das hielt nun der Schulrath dem Lehrer vor. „Sie sind ein Oppositionsmann“, sagte er, „und haben, wie ich vernommen, eine Stellung an einem Lehrerseminar nachgesucht; aber Sie werden keine erhalten, Sie würden uns schöne Schullehrer ziehen. Das Ministerium wird schon vorher die Departementsregierung befragen, wir haben auch ein Wort dabei zu sprechen und dann werden wir dem Ministerium sagen, in welcher Weise Sie opponirt haben.“ Schliesslich drang Havenstein in Wander, den deutschen Sprachunterricht wieder zu übernehmen, was dieser ablehnte. „Ja, ja, Sie wären ein Prachtexemplar unsers Bezirks, wenn Sie nur Ihren verdammten Eigensinn nicht besässen!“ Mit diesen Worten konnte Wander gehen.

Anfang October erhielt er von gut unterrichteter Seite ein Schreiben aus Bunzlau, worin ihm mitgetheilt wurde, der dortige Seminardirector Kamerau sei veranlasst worden, bei dem Generalsuperintendenten Ribbeck in Breslau darauf hinzuwirken, ihn wegen seiner freisinnigen religiösen Theorien aus dem Lehramte zu entfernen. Ribbeck kam auf einer Visitationsreise nach Hirschberg, untersuchte die Angelegenheit und fand, dass der wahre Thatbestand durch allerlei Zuthaten entstellt und übertrieben worden sei. Wander hat sein Glaubensbekenntniss in seiner Biographie ausdrücklich niedergelegt: „Ich glaube an Gott, Tugend, Unsterblichkeit; im übrigen ist mein religiöser Standpunkt der rationelle. Ich sagte oft zu mir: Sei vernünftig! Darum habe ich alles, was mit der Vernunft im Widerspruche stand, entfernt, wo ich es gefunden.“

Das Jahr 1837 brachte Wander in neue Conflicte. Bald war es eine ungerechte Strafe, die er einem Schüler auferlegt haben sollte, bald war der Revisor, bald der Magistrat mit ihm unzufrieden. Jener konnte es nicht verwinden, dass Wander bei der Unterschrift eines Conferenzprotokolls erklärt hatte, er sei mit mehrern Punkten desselben nicht einverstanden; dieser beschuldigte ihn, Schulkinder zum Abschreiben von Manuscripten benutzt zu haben, was allerdings, jedoch ausserhalb der Schulstunden, geschehen war. Wander wandte sich in diesen Fällen, meist ohne Erfolg, an die Regierung, bei der sich die Wander-Acten häuften. Unter den hirschberger Lehrern stand er ziemlich isolirt da; er geisselt sie aber auch dafür durch das schärfste Urtheil und meint, man könne zehnmal das chinesische Reich umwälzen, ehe man das verphilisterte Schulmeisterthum aufrege.

Das Revisorat der Stadtschule ging mit dem Jahre 1840 auf Pastor Jaekel über. Der war ein vortrefflicher Mensch, dem es nicht darum zu thun war, die Kinder mit einem Wuste von Kenntnissen vollzustopfen, sondern sie, wie er sagte, „anzurühren“, d. i. lebendig zu machen und zu begeistern. Wander hat ihm in seinem „Pädagogischen Wächter“ (1849, S. 67) unter der Ueberschrift: „Das pädagogische Anrühren“, ein Denkmal gesetzt.

Unter Jaekel's Revisorat führte Wander im Jahre 1840 Lehrerversammlungen zu Hirschberg ein, denen er den Namen „Schlesische Lehrerfeste“ gab. Es kamen nur drei zu Stande; ihre Fortsetzung wurde von der Regierung verboten. Zwei Jahre später musste nach Abgang eines Lehrers Wander abermals ausserordentliche Unterrichtsstunden übernehmen; er weigerte sich zwar, allein der Magistrat machte ihm die Uebernahme zur Pflicht und bedeutete ihn, er möge weniger Privatstunden geben. Durch die allzu grosse Anstrengung wurde Wander's Gesundheit bald derart erschüttert, dass er mit Erlaubniss der Behörde eine Brunnencur in Cudowa durchmachen musste.

Mehr als je machte Wander in diesen Jahren das Bestreben geltend, die Schule von der Kirche zu befreien. Das war es, „was den Staat gegen ihn in Harnisch brachte“. Durch die Schrift: „Die Volksschule als Staatsanstalt“ (Leipzig 1842), zog er sich eine Vorladung vor die königl. Regierung nach Liegnitz und eine ernste Verwarnung zu; dennoch wagte er sich bald wieder mit einer Schrift: „Der geschmähte Diesterweg“ (Leipzig 1843), hervor, die eine zweijährige Disciplinaruntersuchung zur Folge hatte. Anfänglich wurde eine Strafversetzung und die Abnahme des Religionsunterrichts gegen ihn ausgesprochen, nach dem Recurse Wander's jedoch die Strafversetzung in eine Ordnungsstrafe verwandelt, die nie eingezogen wurde, und auch der Religionsunterricht ihm wiedergegeben. Was Wander in den ersten Vierzigerjahren, namentlich von

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[XI/0009] Havenstein hatte noch etwas auf dem Herzen. Wander war, mit Uebergehung der Regierung zu Liegnitz, bei dem Minister von Altenstein um eine Stellung an einem Lehrerseminar bittlich geworden und hatte die Aussicht auf Gewährung seines Gesuches erlangt, sobald sich irgendwo eine passende Stellung finden würde. Das hielt nun der Schulrath dem Lehrer vor. „Sie sind ein Oppositionsmann“, sagte er, „und haben, wie ich vernommen, eine Stellung an einem Lehrerseminar nachgesucht; aber Sie werden keine erhalten, Sie würden uns schöne Schullehrer ziehen. Das Ministerium wird schon vorher die Departementsregierung befragen, wir haben auch ein Wort dabei zu sprechen und dann werden wir dem Ministerium sagen, in welcher Weise Sie opponirt haben.“ Schliesslich drang Havenstein in Wander, den deutschen Sprachunterricht wieder zu übernehmen, was dieser ablehnte. „Ja, ja, Sie wären ein Prachtexemplar unsers Bezirks, wenn Sie nur Ihren verdammten Eigensinn nicht besässen!“ Mit diesen Worten konnte Wander gehen. Anfang October erhielt er von gut unterrichteter Seite ein Schreiben aus Bunzlau, worin ihm mitgetheilt wurde, der dortige Seminardirector Kamerau sei veranlasst worden, bei dem Generalsuperintendenten Ribbeck in Breslau darauf hinzuwirken, ihn wegen seiner freisinnigen religiösen Theorien aus dem Lehramte zu entfernen. Ribbeck kam auf einer Visitationsreise nach Hirschberg, untersuchte die Angelegenheit und fand, dass der wahre Thatbestand durch allerlei Zuthaten entstellt und übertrieben worden sei. Wander hat sein Glaubensbekenntniss in seiner Biographie ausdrücklich niedergelegt: „Ich glaube an Gott, Tugend, Unsterblichkeit; im übrigen ist mein religiöser Standpunkt der rationelle. Ich sagte oft zu mir: Sei vernünftig! Darum habe ich alles, was mit der Vernunft im Widerspruche stand, entfernt, wo ich es gefunden.“ Das Jahr 1837 brachte Wander in neue Conflicte. Bald war es eine ungerechte Strafe, die er einem Schüler auferlegt haben sollte, bald war der Revisor, bald der Magistrat mit ihm unzufrieden. Jener konnte es nicht verwinden, dass Wander bei der Unterschrift eines Conferenzprotokolls erklärt hatte, er sei mit mehrern Punkten desselben nicht einverstanden; dieser beschuldigte ihn, Schulkinder zum Abschreiben von Manuscripten benutzt zu haben, was allerdings, jedoch ausserhalb der Schulstunden, geschehen war. Wander wandte sich in diesen Fällen, meist ohne Erfolg, an die Regierung, bei der sich die Wander-Acten häuften. Unter den hirschberger Lehrern stand er ziemlich isolirt da; er geisselt sie aber auch dafür durch das schärfste Urtheil und meint, man könne zehnmal das chinesische Reich umwälzen, ehe man das verphilisterte Schulmeisterthum aufrege. Das Revisorat der Stadtschule ging mit dem Jahre 1840 auf Pastor Jaekel über. Der war ein vortrefflicher Mensch, dem es nicht darum zu thun war, die Kinder mit einem Wuste von Kenntnissen vollzustopfen, sondern sie, wie er sagte, „anzurühren“, d. i. lebendig zu machen und zu begeistern. Wander hat ihm in seinem „Pädagogischen Wächter“ (1849, S. 67) unter der Ueberschrift: „Das pädagogische Anrühren“, ein Denkmal gesetzt. Unter Jaekel's Revisorat führte Wander im Jahre 1840 Lehrerversammlungen zu Hirschberg ein, denen er den Namen „Schlesische Lehrerfeste“ gab. Es kamen nur drei zu Stande; ihre Fortsetzung wurde von der Regierung verboten. Zwei Jahre später musste nach Abgang eines Lehrers Wander abermals ausserordentliche Unterrichtsstunden übernehmen; er weigerte sich zwar, allein der Magistrat machte ihm die Uebernahme zur Pflicht und bedeutete ihn, er möge weniger Privatstunden geben. Durch die allzu grosse Anstrengung wurde Wander's Gesundheit bald derart erschüttert, dass er mit Erlaubniss der Behörde eine Brunnencur in Cudowa durchmachen musste. Mehr als je machte Wander in diesen Jahren das Bestreben geltend, die Schule von der Kirche zu befreien. Das war es, „was den Staat gegen ihn in Harnisch brachte“. Durch die Schrift: „Die Volksschule als Staatsanstalt“ (Leipzig 1842), zog er sich eine Vorladung vor die königl. Regierung nach Liegnitz und eine ernste Verwarnung zu; dennoch wagte er sich bald wieder mit einer Schrift: „Der geschmähte Diesterweg“ (Leipzig 1843), hervor, die eine zweijährige Disciplinaruntersuchung zur Folge hatte. Anfänglich wurde eine Strafversetzung und die Abnahme des Religionsunterrichts gegen ihn ausgesprochen, nach dem Recurse Wander's jedoch die Strafversetzung in eine Ordnungsstrafe verwandelt, die nie eingezogen wurde, und auch der Religionsunterricht ihm wiedergegeben. Was Wander in den ersten Vierzigerjahren, namentlich von

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Zitationshilfe: Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 5. Leipzig, 1880, S. XI. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wander_sprichwoerterlexikon05_1880/9>, abgerufen am 03.12.2024.