Wanderley, Germano: Handbuch der Bauconstruktionslehre. 2. Aufl. Bd. 2. Die Constructionen in Stein. Leipzig, 1878.Zweites Kapitel. Die Gewölbe. stehenden Granitsäulen gestützt werden. Die Kuppelconstruktion istverhältnißmäßig leicht, und weicht von allen früheren Anlagen dieser Art vortheilhaft ab; sie zeigt ein von den Römern bei den Tonnen- gewölben häufig ausgeführtes Wölbungssystem, welches darin besteht, daß Bögen, gleichsam Rippen, eingewölbt und unter sich mit durch- laufenden quadratischen Bindersteinen verbunden sind. Diese Binder- steine kommen in der Regel bei jeder zwölften Schaar vor und bilden [Abbildung]
Fig. 364. gleichsam Kasten, welche mitMörtelwerk ausgefüllt wer- den. Dieses Gußwerk besteht aus Ziegelstücken und gutem Mörtel, und stampfte man es, nicht radial, d. h. in der Lage der Steine, sondern ho- rizontal ein; zu dem Mörtel verwendete man meistens Tuff. Die in der Kuppel (Fig. 363) angedeutenden punktirten Li- nien lassen diese Construk- tionsweise erkennen. Das Gewölbe setzt sich Die Kirche von S. Vitala zu Zweites Kapitel. Die Gewölbe. ſtehenden Granitſäulen geſtützt werden. Die Kuppelconſtruktion iſtverhältnißmäßig leicht, und weicht von allen früheren Anlagen dieſer Art vortheilhaft ab; ſie zeigt ein von den Römern bei den Tonnen- gewölben häufig ausgeführtes Wölbungsſyſtem, welches darin beſteht, daß Bögen, gleichſam Rippen, eingewölbt und unter ſich mit durch- laufenden quadratiſchen Binderſteinen verbunden ſind. Dieſe Binder- ſteine kommen in der Regel bei jeder zwölften Schaar vor und bilden [Abbildung]
Fig. 364. gleichſam Kaſten, welche mitMörtelwerk ausgefüllt wer- den. Dieſes Gußwerk beſteht aus Ziegelſtücken und gutem Mörtel, und ſtampfte man es, nicht radial, d. h. in der Lage der Steine, ſondern ho- rizontal ein; zu dem Mörtel verwendete man meiſtens Tuff. Die in der Kuppel (Fig. 363) angedeutenden punktirten Li- nien laſſen dieſe Conſtruk- tionsweiſe erkennen. Das Gewölbe ſetzt ſich Die Kirche von S. Vitala zu <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <p><pb facs="#f0364" n="348"/><fw place="top" type="header">Zweites Kapitel. Die Gewölbe.</fw><lb/> ſtehenden Granitſäulen geſtützt werden. Die Kuppelconſtruktion iſt<lb/> verhältnißmäßig leicht, und weicht von allen früheren Anlagen dieſer<lb/> Art vortheilhaft ab; ſie zeigt ein von den Römern bei den Tonnen-<lb/> gewölben häufig ausgeführtes Wölbungsſyſtem, welches darin beſteht,<lb/> daß Bögen, gleichſam Rippen, eingewölbt und unter ſich mit durch-<lb/> laufenden quadratiſchen Binderſteinen verbunden ſind. Dieſe Binder-<lb/> ſteine kommen in der Regel bei jeder zwölften Schaar vor und bilden<lb/><figure><head>Fig. 364.</head></figure><lb/> gleichſam Kaſten, welche mit<lb/> Mörtelwerk ausgefüllt wer-<lb/> den. Dieſes Gußwerk beſteht<lb/> aus Ziegelſtücken und gutem<lb/> Mörtel, und ſtampfte man<lb/> es, nicht radial, d. h. in der<lb/> Lage der Steine, ſondern ho-<lb/> rizontal ein; zu dem Mörtel<lb/> verwendete man meiſtens Tuff.<lb/> Die in der Kuppel (Fig. 363)<lb/> angedeutenden punktirten Li-<lb/> nien laſſen dieſe Conſtruk-<lb/> tionsweiſe erkennen.</p><lb/> <p>Das Gewölbe ſetzt ſich<lb/> aus vierundzwanzig anſteigen-<lb/> den Rippenbögen zuſammen,<lb/> welche im Scheitel zuſammen-<lb/> treffen; ſieben durchlaufende,<lb/> horizontale Giebelringe ver-<lb/> binden die einzelnen Rippen<lb/> mit einander. Die Zwiſchen-<lb/> räume ſind mit Mörtelguß-<lb/> werk ausgefüllt. Der Ge-<lb/> wölbefuß liegt in der Höhe<lb/> des Kugelmittelpunktes und<lb/> hat ſomit die Kuppel die Ge-<lb/> ſtalt einer vollen Halbkugel.</p><lb/> <p>Die Kirche von <hi rendition="#aq">S. Vitala</hi> zu<lb/><hi rendition="#aq">Ravenna</hi> (Fig. 364), erbaut<lb/> in dem zweiten Viertel des ſechsten Jahrhunderts, zeigt im Grundplan<lb/> eine achteckige Centralanlage mit einem zweiſtöckigen Umgang und einem<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [348/0364]
Zweites Kapitel. Die Gewölbe.
ſtehenden Granitſäulen geſtützt werden. Die Kuppelconſtruktion iſt
verhältnißmäßig leicht, und weicht von allen früheren Anlagen dieſer
Art vortheilhaft ab; ſie zeigt ein von den Römern bei den Tonnen-
gewölben häufig ausgeführtes Wölbungsſyſtem, welches darin beſteht,
daß Bögen, gleichſam Rippen, eingewölbt und unter ſich mit durch-
laufenden quadratiſchen Binderſteinen verbunden ſind. Dieſe Binder-
ſteine kommen in der Regel bei jeder zwölften Schaar vor und bilden
[Abbildung Fig. 364.]
gleichſam Kaſten, welche mit
Mörtelwerk ausgefüllt wer-
den. Dieſes Gußwerk beſteht
aus Ziegelſtücken und gutem
Mörtel, und ſtampfte man
es, nicht radial, d. h. in der
Lage der Steine, ſondern ho-
rizontal ein; zu dem Mörtel
verwendete man meiſtens Tuff.
Die in der Kuppel (Fig. 363)
angedeutenden punktirten Li-
nien laſſen dieſe Conſtruk-
tionsweiſe erkennen.
Das Gewölbe ſetzt ſich
aus vierundzwanzig anſteigen-
den Rippenbögen zuſammen,
welche im Scheitel zuſammen-
treffen; ſieben durchlaufende,
horizontale Giebelringe ver-
binden die einzelnen Rippen
mit einander. Die Zwiſchen-
räume ſind mit Mörtelguß-
werk ausgefüllt. Der Ge-
wölbefuß liegt in der Höhe
des Kugelmittelpunktes und
hat ſomit die Kuppel die Ge-
ſtalt einer vollen Halbkugel.
Die Kirche von S. Vitala zu
Ravenna (Fig. 364), erbaut
in dem zweiten Viertel des ſechsten Jahrhunderts, zeigt im Grundplan
eine achteckige Centralanlage mit einem zweiſtöckigen Umgang und einem
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