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Weckherlin, Georg Rodolf: Oden vnd Gesäng. Bd. 2. Stuttgart, 1619.

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Das ander Buch.

Mehr dan der schönen Mayen sohn/
Von welchem Argus war bezwungen:
Mehr dan der Griech/ welcher gantz klug
Der Sirenen süßen betrug
Mit nicht geringerm lob betrogen/
Dan Er den vmbkraiß durchgezogen;
Dessen mund einen honigfluß
Kont mit solchem gewalt außgiessen/
Wie die schnee mit der wolckenguß
Frülingszeit von dem gebürg fliessen:

Kan dein süße wolredenheit/
Wie sie will/ die hertzen bewögen;
Kan deiner red vollkommenheit
Die stoltze sehlen niderlögen:
Deine zung kan in jeder brust
Lieb oder haß/ laid oder lust/
Müh oder ruh zuwegen bringen/
Die vnwilligste willen zwingen;
Sie kan/ wie sie will/ das gemüht
Anraitzen/ treiben/ halten/ stehlen/
Erfüllen mit zorn oder güht/
Ja sie kan stein vnd blöck besehlen.
Dir seind alle sprachen so kund/
Als ob Sie all zumahldein aigen;
Vnd

Das ander Buch.

Mehr dan der ſchoͤnen Mayen ſohn/
Von welchem Argus war bezwungen:
Mehr dan der Griech/ welcher gantz klug
Der Sirenen ſuͤßen betrug
Mit nicht geringerm lob betrogen/
Dan Er den vmbkraiß durchgezogen;
Deſſen mund einen honigfluß
Kont mit ſolchem gewalt außgieſſen/
Wie die ſchnee mit der wolckenguß
Fruͤlingszeit von dem gebuͤrg flieſſen:

Kan dein ſuͤße wolredenheit/
Wie ſie will/ die hertzen bewoͤgen;
Kan deiner red vollkommenheit
Die ſtoltze ſehlen niderloͤgen:
Deine zung kan in jeder bruſt
Lieb oder haß/ laid oder luſt/
Muͤh oder ruh zuwegen bringen/
Die vnwilligſte willen zwingen;
Sie kan/ wie ſie will/ das gemuͤht
Anraitzen/ treiben/ halten/ ſtehlen/
Erfuͤllen mit zorn oder guͤht/
Ja ſie kan ſtein vnd bloͤck beſehlen.
Dir ſeind alle ſprachen ſo kund/
Als ob Sie all zumahldein aigen;
Vnd
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[54/0058] Das ander Buch. Mehr dan der ſchoͤnen Mayen ſohn/ Von welchem Argus war bezwungen: Mehr dan der Griech/ welcher gantz klug Der Sirenen ſuͤßen betrug Mit nicht geringerm lob betrogen/ Dan Er den vmbkraiß durchgezogen; Deſſen mund einen honigfluß Kont mit ſolchem gewalt außgieſſen/ Wie die ſchnee mit der wolckenguß Fruͤlingszeit von dem gebuͤrg flieſſen: Kan dein ſuͤße wolredenheit/ Wie ſie will/ die hertzen bewoͤgen; Kan deiner red vollkommenheit Die ſtoltze ſehlen niderloͤgen: Deine zung kan in jeder bruſt Lieb oder haß/ laid oder luſt/ Muͤh oder ruh zuwegen bringen/ Die vnwilligſte willen zwingen; Sie kan/ wie ſie will/ das gemuͤht Anraitzen/ treiben/ halten/ ſtehlen/ Erfuͤllen mit zorn oder guͤht/ Ja ſie kan ſtein vnd bloͤck beſehlen. Dir ſeind alle ſprachen ſo kund/ Als ob Sie all zumahldein aigen; Vnd

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Zitationshilfe: Weckherlin, Georg Rodolf: Oden vnd Gesäng. Bd. 2. Stuttgart, 1619, S. 54. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weckherlin_oden02_1619/58>, abgerufen am 24.11.2024.