Wehrli, Max: Allgemeine Literaturwissenschaft. Zweite, durchgesehen Auflage. Bern u. a., 1969.pwe_095.001 Die lautliche Welt pwe_095.020Auch wenn von der Bedeutungsseite der Sprache abgesehen wird, so ist die pwe_095.021 1 pwe_095.032 Eugen Seidel, Das Wesen der Phonologie. Kopenhagen und Bucuresti 1943. pwe_095.033 - J. Vendryes, La phonologie et la langue poetique. "Proceedings of the 2nd pwe_095.034 International Congress of Phonetic Sciences." Cambridge 1936. 2 pwe_095.035 Wolfgang Kayser, Die Klangmalerei bei Harsdörffer. Leipzig 1932. 3 pwe_095.036
Ernst Jünger, Lob der Vokale (In: Blätter und Steine, Hamburg 1934). pwe_095.001 Die lautliche Welt pwe_095.020Auch wenn von der Bedeutungsseite der Sprache abgesehen wird, so ist die pwe_095.021 1 pwe_095.032 Eugen Seidel, Das Wesen der Phonologie. Kopenhagen und Bucuresti 1943. pwe_095.033 – J. Vendryes, La phonologie et la langue poétique. „Proceedings of the 2nd pwe_095.034 International Congress of Phonetic Sciences.“ Cambridge 1936. 2 pwe_095.035 Wolfgang Kayser, Die Klangmalerei bei Harsdörffer. Leipzig 1932. 3 pwe_095.036
Ernst Jünger, Lob der Vokale (In: Blätter und Steine, Hamburg 1934). <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0101" n="95"/><lb n="pwe_095.001"/> wir diesen kunstvollen Schemata nicht folgen. Wir gehen davon aus, daß <lb n="pwe_095.002"/> Dichtung Sprachkunst ist und nehmen daher auch <hi rendition="#i">die</hi> drei Sphären zum <lb n="pwe_095.003"/> Ausgangspunkt, nach denen herkömmlicherweise die Sprache gegliedert wird: <lb n="pwe_095.004"/> Laut (bzw. Silbe), Wort und Satz, drei Größen, die wohl unterschieden, <lb n="pwe_095.005"/> aber nicht ohne einander gedacht werden können, so wie Körper, Seele und <lb n="pwe_095.006"/> Geist auf Erden zusammengehören. Die <hi rendition="#i">sinnlich-materiellen</hi> Größen von <lb n="pwe_095.007"/> Laut und Silbe kehren auf der Ebene des Dichtwerks wieder in den Ordnungen <lb n="pwe_095.008"/> des Klanglichen, des Rhythmischen und Metrischen; die <hi rendition="#i">vorstellungs- <lb n="pwe_095.009"/> und gefühlsmäßige</hi> Größe des Wortes kehrt wieder in allem, was an Vorstellungen <lb n="pwe_095.010"/> und Gefühlen, Bildern und Stoffen im Werk je schon in bestimmter <lb n="pwe_095.011"/> Weise ausgeprägt und vergegenwärtigt ist; der Satz schließlich als <lb n="pwe_095.012"/> Aussage und geistige Beziehung führt zum „Gehalt“ des Werkes an <hi rendition="#i">Ideen <lb n="pwe_095.013"/> und Gedanken.</hi> Erst damit schließt sich vielleicht auch ein letzter Kreis: <lb n="pwe_095.014"/> Wenn diese Dreiteilung nun doch auch wieder den drei Typen des Lyrischen, <lb n="pwe_095.015"/> Epischen und Dramatischen zu entsprechen scheint – vgl. <hi rendition="#k">E. Staiger,</hi> <lb n="pwe_095.016"/> <hi rendition="#i">Grundbegriffe</hi> S. 220 ff. –, so heißt das nur, daß die anthropologische <lb n="pwe_095.017"/> Dreiheit sich in der Typologie der Gattungen sowohl wie in der Unterscheidung <lb n="pwe_095.018"/> der Aspekte bewährt.</p> <lb n="pwe_095.019"/> <p> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#i">Die lautliche Welt</hi> </hi> </p> <lb n="pwe_095.020"/> <p>Auch wenn von der Bedeutungsseite der Sprache abgesehen wird, so ist die <lb n="pwe_095.021"/> verbleibende <hi rendition="#g">Lautfolge</hi> niemals bloße, mechanisch-zufällige Masse. <lb n="pwe_095.022"/> Schon der sprachliche Einzellaut steht mit den anderen Lauten in einem bestimmten <lb n="pwe_095.023"/> Gefüge; das hat gegenüber der Phonetik die sogenannte Phonologie<note xml:id="PWE_095_1" place="foot" n="1"><lb n="pwe_095.032"/> Eugen Seidel, <hi rendition="#i">Das Wesen der Phonologie.</hi> Kopenhagen und Bucuresti 1943. <lb n="pwe_095.033"/> – J. Vendryes, <hi rendition="#i">La phonologie et la langue poétique.</hi> „Proceedings of the 2<hi rendition="#sup">nd</hi> <lb n="pwe_095.034"/> International Congress of Phonetic Sciences.“ Cambridge 1936.</note> <lb n="pwe_095.024"/> zur Geltung gebracht, indem sie, als „funktionelle Phonetik“ die verschiedenen <lb n="pwe_095.025"/> Verhältnisse der „Opposition“ der einzelnen „Phoneme“ in der <lb n="pwe_095.026"/> Struktur einer Sprache verfolgt. Was für die Dichtung wichtiger ist, das ist <lb n="pwe_095.027"/> der <hi rendition="#g">lautsymbolische</hi> Wert des Lautes, der, bewußt oder unbewußt, <lb n="pwe_095.028"/> im Rahmen eines sprachlichen Lautsystems vernommen wird und schließlich <lb n="pwe_095.029"/> als Lautmalerei zu einem eigentlichen, wenn auch oft mißbrauchten, Stilmittel <lb n="pwe_095.030"/> wird (vgl. <hi rendition="#k">Kaysers</hi> Untersuchung barocker Lautmalerei<note xml:id="PWE_095_2" place="foot" n="2"><lb n="pwe_095.035"/> Wolfgang Kayser, <hi rendition="#i">Die Klangmalerei bei Harsdörffer.</hi> Leipzig 1932.</note>, <hi rendition="#k">Ernst <lb n="pwe_095.031"/> Jüngers</hi> „Lob der Vokale“<note xml:id="PWE_095_3" place="foot" n="3"><lb n="pwe_095.036"/> Ernst Jünger, <hi rendition="#i">Lob der Vokale</hi> (In: <hi rendition="#i">Blätter und Steine,</hi> Hamburg 1934).</note> u. a.). Erst recht hat jede Lautfolge, soweit sie </p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [95/0101]
pwe_095.001
wir diesen kunstvollen Schemata nicht folgen. Wir gehen davon aus, daß pwe_095.002
Dichtung Sprachkunst ist und nehmen daher auch die drei Sphären zum pwe_095.003
Ausgangspunkt, nach denen herkömmlicherweise die Sprache gegliedert wird: pwe_095.004
Laut (bzw. Silbe), Wort und Satz, drei Größen, die wohl unterschieden, pwe_095.005
aber nicht ohne einander gedacht werden können, so wie Körper, Seele und pwe_095.006
Geist auf Erden zusammengehören. Die sinnlich-materiellen Größen von pwe_095.007
Laut und Silbe kehren auf der Ebene des Dichtwerks wieder in den Ordnungen pwe_095.008
des Klanglichen, des Rhythmischen und Metrischen; die vorstellungs- pwe_095.009
und gefühlsmäßige Größe des Wortes kehrt wieder in allem, was an Vorstellungen pwe_095.010
und Gefühlen, Bildern und Stoffen im Werk je schon in bestimmter pwe_095.011
Weise ausgeprägt und vergegenwärtigt ist; der Satz schließlich als pwe_095.012
Aussage und geistige Beziehung führt zum „Gehalt“ des Werkes an Ideen pwe_095.013
und Gedanken. Erst damit schließt sich vielleicht auch ein letzter Kreis: pwe_095.014
Wenn diese Dreiteilung nun doch auch wieder den drei Typen des Lyrischen, pwe_095.015
Epischen und Dramatischen zu entsprechen scheint – vgl. E. Staiger, pwe_095.016
Grundbegriffe S. 220 ff. –, so heißt das nur, daß die anthropologische pwe_095.017
Dreiheit sich in der Typologie der Gattungen sowohl wie in der Unterscheidung pwe_095.018
der Aspekte bewährt.
pwe_095.019
Die lautliche Welt
pwe_095.020
Auch wenn von der Bedeutungsseite der Sprache abgesehen wird, so ist die pwe_095.021
verbleibende Lautfolge niemals bloße, mechanisch-zufällige Masse. pwe_095.022
Schon der sprachliche Einzellaut steht mit den anderen Lauten in einem bestimmten pwe_095.023
Gefüge; das hat gegenüber der Phonetik die sogenannte Phonologie 1 pwe_095.024
zur Geltung gebracht, indem sie, als „funktionelle Phonetik“ die verschiedenen pwe_095.025
Verhältnisse der „Opposition“ der einzelnen „Phoneme“ in der pwe_095.026
Struktur einer Sprache verfolgt. Was für die Dichtung wichtiger ist, das ist pwe_095.027
der lautsymbolische Wert des Lautes, der, bewußt oder unbewußt, pwe_095.028
im Rahmen eines sprachlichen Lautsystems vernommen wird und schließlich pwe_095.029
als Lautmalerei zu einem eigentlichen, wenn auch oft mißbrauchten, Stilmittel pwe_095.030
wird (vgl. Kaysers Untersuchung barocker Lautmalerei 2, Ernst pwe_095.031
Jüngers „Lob der Vokale“ 3 u. a.). Erst recht hat jede Lautfolge, soweit sie
1 pwe_095.032
Eugen Seidel, Das Wesen der Phonologie. Kopenhagen und Bucuresti 1943. pwe_095.033
– J. Vendryes, La phonologie et la langue poétique. „Proceedings of the 2nd pwe_095.034
International Congress of Phonetic Sciences.“ Cambridge 1936.
2 pwe_095.035
Wolfgang Kayser, Die Klangmalerei bei Harsdörffer. Leipzig 1932.
3 pwe_095.036
Ernst Jünger, Lob der Vokale (In: Blätter und Steine, Hamburg 1934).
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Technische Universität Darmstadt, Universität Stuttgart: Bereitstellung der Scan-Digitalisate und der Texttranskription.
(2015-09-30T09:54:39Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
TextGrid/DARIAH-DE: Langfristige Bereitstellung der TextGrid/DARIAH-DE-Repository-Ausgabe
Stefan Alscher: Bearbeitung der digitalen Edition - Annotation des Metaphernbegriffs
Hans-Werner Bartz: Bearbeitung der digitalen Edition - Tustep-Unterstützung
Michael Bender: Bearbeitung der digitalen Edition - Koordination, Konzeption (Korpusaufbau, Annotationsschema, Workflow, Publikationsformen), Annotation des Metaphernbegriffs, XML-Auszeichnung)
Leonie Blumenschein: Bearbeitung der digitalen Edition - XML-Auszeichnung
David Glück: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung, Annotation des Metaphernbegriffs, XSL+JavaScript
Constanze Hahn: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung
Philipp Hegel: Bearbeitung der digitalen Edition - XML/XSL/CSS-Unterstützung
Andrea Rapp: ePoetics-Projekt-Koordination
Weitere Informationen:Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: nicht übernommen; Kustoden: nicht übernommen; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): wie Vorlage; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: nicht übernommen; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: ja;
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |