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Wehrli, Max: Allgemeine Literaturwissenschaft. Zweite, durchgesehen Auflage. Bern u. a., 1969.

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Metrums trifft. In diesem Sinne haben z. B. Elisabeth Spoerri1 und pwe_100.002
Gerhard Storz2 verschiedene Realisationen des Alexandriners in verschiedenen pwe_100.003
Epochen, bei verschiedenen Dichtern und je wieder in verschiedenen pwe_100.004
Sprachen verfolgt; Georg Seidlers3 Arbeit gilt entsprechend dem pwe_100.005
Blankvers Schillers und Kleists. Der abweichende Rhythmus aber kommt pwe_100.006
natürlich durch einen bestimmten Sprachgebrauch zustande, so daß schon pwe_100.007
hier überall allgemein stilistische Beobachtungen, vor allem syntaktischer pwe_100.008
Art, mitgegeben sind. Einen speziellen Gesichtspunkt, die Stellung des gewichtigen pwe_100.009
Wortes in den freien Rhythmen Hölderlins, hat Hannes Mae- pwe_100.010
der
4 hervorgehoben; der Rhythmus der Verse zeigt eine Spannung auf pwe_100.011
das gewichtige Wort hin, und die Zäsuren dienen dazu, es hervorzuheben; pwe_100.012
auch in den freien Rhythmen "arbeitet der Rhythmus prinzipiell gegen das pwe_100.013
Metrum" (Abbrechen der Zeile mitten im Takt). Die Analyse der Versgestaltung pwe_100.014
ermöglicht unmittelbar allgemein stilistische, "weltanschauliche" pwe_100.015
Befunde: Hölderlins Ringen um das göttliche "Wort".

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Damit ist auch ein wesentlicher Gesichtspunkt für die Untersuchung des pwe_100.017
Prosarhythmus gewonnen - denn auch hier wird sich die kennzeichnende pwe_100.018
Grundgebärde aufweisen lassen müssen. Und zwar nicht durch ein pwe_100.019
Silbenmessen und Suchen nach einem allfällig versteckten Metrum, nicht im pwe_100.020
sog. Numerus bestimmt geregelter Satzschlüsse im Sinn der antiken Rhetorik, pwe_100.021
sondern, wie Beissner5 gegen frühere Versuche betont, durch Beobachtung pwe_100.022
der je eigentümlichen Stellung von Worten und Wortgruppen zueinander, pwe_100.023
d. h. nach Art und Grad ihrer Ordnung, ihrer Zusammengehörigkeit pwe_100.024
oder Getrenntheit. Die Beobachtung des Rhythmus führt daher vom lautlichen pwe_100.025
zum allgemein sprachlichen, speziell syntaktischen Stil. Das tertium pwe_100.026
comparationis wird die normale Grammatik. Womit wieder nichts anderes pwe_100.027
sich bewährt als die Unmöglichkeit, dem Begriff des Rhythmus einen nur pwe_100.028
lautlichen Sinn zu geben, und das relative Recht, ihn als Stil, als Daseinsrhythmus pwe_100.029
schlechthin zu fassen.

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Ein letztes Problem ist die Frage, ob die an individuellen Dichtwerken pwe_100.031
sich zeigenden verschiedenen Arten des Rhythmus in einer Typologie pwe_100.032
des Rhythmus geordnet werden können. Die von der Sievers'schen Schallanalyse

1 pwe_100.033
Elisabeth Spoerri, Der cherubinische Wandersmann als Kunstwerk. (Zürcher pwe_100.034
Beiträge zur deutschen Sprach- und Stilgeschichte Nr. 2)
Zürich 1947.
2 pwe_100.035
Gerhard Storz, Ein Versuch über den Alexandriner (Festschrift für Paul pwe_100.036
Kluckhohn u. Hermann Schneider,
Tübingen 1948, 231 ff.).
3 pwe_100.037
Georg Seidler, Musik und Sprache im Drama Schillers und Kleists. Versuch pwe_100.038
einer neuartigen Versforschung im Drama.
DuV 42 (1942), 71 ff.
4 pwe_100.039
Hannes Maeder, Hölderlin und das Wort. Trivium II (1944), 42 ff.
5 pwe_100.040
Friedrich Beissner, Unvorgreifliche Gedanken über den Sprachrhythmus pwe_100.041
(Festschrift für Paul Kluckhohn und H. Schneider,
Tübingen 1948, 427 ff.).

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Metrums trifft. In diesem Sinne haben z. B. Elisabeth Spoerri1 und pwe_100.002
Gerhard Storz2 verschiedene Realisationen des Alexandriners in verschiedenen pwe_100.003
Epochen, bei verschiedenen Dichtern und je wieder in verschiedenen pwe_100.004
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Art, mitgegeben sind. Einen speziellen Gesichtspunkt, die Stellung des gewichtigen pwe_100.009
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Befunde: Hölderlins Ringen um das göttliche „Wort“.

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  Damit ist auch ein wesentlicher Gesichtspunkt für die Untersuchung des pwe_100.017
Prosarhythmus gewonnen – denn auch hier wird sich die kennzeichnende pwe_100.018
Grundgebärde aufweisen lassen müssen. Und zwar nicht durch ein pwe_100.019
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schlechthin zu fassen.

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  Ein letztes Problem ist die Frage, ob die an individuellen Dichtwerken pwe_100.031
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[100/0106] pwe_100.001 Metrums trifft. In diesem Sinne haben z. B. Elisabeth Spoerri 1 und pwe_100.002 Gerhard Storz 2 verschiedene Realisationen des Alexandriners in verschiedenen pwe_100.003 Epochen, bei verschiedenen Dichtern und je wieder in verschiedenen pwe_100.004 Sprachen verfolgt; Georg Seidlers 3 Arbeit gilt entsprechend dem pwe_100.005 Blankvers Schillers und Kleists. Der abweichende Rhythmus aber kommt pwe_100.006 natürlich durch einen bestimmten Sprachgebrauch zustande, so daß schon pwe_100.007 hier überall allgemein stilistische Beobachtungen, vor allem syntaktischer pwe_100.008 Art, mitgegeben sind. Einen speziellen Gesichtspunkt, die Stellung des gewichtigen pwe_100.009 Wortes in den freien Rhythmen Hölderlins, hat Hannes Mae- pwe_100.010 der 4 hervorgehoben; der Rhythmus der Verse zeigt eine Spannung auf pwe_100.011 das gewichtige Wort hin, und die Zäsuren dienen dazu, es hervorzuheben; pwe_100.012 auch in den freien Rhythmen „arbeitet der Rhythmus prinzipiell gegen das pwe_100.013 Metrum“ (Abbrechen der Zeile mitten im Takt). Die Analyse der Versgestaltung pwe_100.014 ermöglicht unmittelbar allgemein stilistische, „weltanschauliche“ pwe_100.015 Befunde: Hölderlins Ringen um das göttliche „Wort“. pwe_100.016   Damit ist auch ein wesentlicher Gesichtspunkt für die Untersuchung des pwe_100.017 Prosarhythmus gewonnen – denn auch hier wird sich die kennzeichnende pwe_100.018 Grundgebärde aufweisen lassen müssen. Und zwar nicht durch ein pwe_100.019 Silbenmessen und Suchen nach einem allfällig versteckten Metrum, nicht im pwe_100.020 sog. Numerus bestimmt geregelter Satzschlüsse im Sinn der antiken Rhetorik, pwe_100.021 sondern, wie Beissner 5 gegen frühere Versuche betont, durch Beobachtung pwe_100.022 der je eigentümlichen Stellung von Worten und Wortgruppen zueinander, pwe_100.023 d. h. nach Art und Grad ihrer Ordnung, ihrer Zusammengehörigkeit pwe_100.024 oder Getrenntheit. Die Beobachtung des Rhythmus führt daher vom lautlichen pwe_100.025 zum allgemein sprachlichen, speziell syntaktischen Stil. Das tertium pwe_100.026 comparationis wird die normale Grammatik. Womit wieder nichts anderes pwe_100.027 sich bewährt als die Unmöglichkeit, dem Begriff des Rhythmus einen nur pwe_100.028 lautlichen Sinn zu geben, und das relative Recht, ihn als Stil, als Daseinsrhythmus pwe_100.029 schlechthin zu fassen. pwe_100.030   Ein letztes Problem ist die Frage, ob die an individuellen Dichtwerken pwe_100.031 sich zeigenden verschiedenen Arten des Rhythmus in einer Typologie pwe_100.032 des Rhythmus geordnet werden können. Die von der Sievers'schen Schallanalyse 1 pwe_100.033 Elisabeth Spoerri, Der cherubinische Wandersmann als Kunstwerk. (Zürcher pwe_100.034 Beiträge zur deutschen Sprach- und Stilgeschichte Nr. 2) Zürich 1947. 2 pwe_100.035 Gerhard Storz, Ein Versuch über den Alexandriner (Festschrift für Paul pwe_100.036 Kluckhohn u. Hermann Schneider, Tübingen 1948, 231 ff.). 3 pwe_100.037 Georg Seidler, Musik und Sprache im Drama Schillers und Kleists. Versuch pwe_100.038 einer neuartigen Versforschung im Drama. DuV 42 (1942), 71 ff. 4 pwe_100.039 Hannes Maeder, Hölderlin und das Wort. Trivium II (1944), 42 ff. 5 pwe_100.040 Friedrich Beissner, Unvorgreifliche Gedanken über den Sprachrhythmus pwe_100.041 (Festschrift für Paul Kluckhohn und H. Schneider, Tübingen 1948, 427 ff.).

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Zitationshilfe: Wehrli, Max: Allgemeine Literaturwissenschaft. Zweite, durchgesehen Auflage. Bern u. a., 1969, S. 100. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wehrli_poetik_1951/106>, abgerufen am 23.11.2024.