Wehrli, Max: Allgemeine Literaturwissenschaft. Zweite, durchgesehen Auflage. Bern u. a., 1969.pwe_059.001 Damit ist der Begriff "Stil" allerdings zu einer erweiterten und totalen pwe_059.010 Gegenüber den oben schon genannten Untersuchungen R. Ingardens pwe_059.020 1 pwe_059.040
) Martin Heidegger, Der Ursprung des Kunstwerks. (In: Holzwege. Frankfurt pwe_059.041 a. M. 1950). pwe_059.001 Damit ist der Begriff „Stil“ allerdings zu einer erweiterten und totalen pwe_059.010 Gegenüber den oben schon genannten Untersuchungen R. Ingardens pwe_059.020 1 pwe_059.040
) Martin Heidegger, Der Ursprung des Kunstwerks. (In: Holzwege. Frankfurt pwe_059.041 a. M. 1950). <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0065" n="59"/><lb n="pwe_059.001"/> Rhythmus, Gedanke, Bildvorstellung, Lautlichkeit, Syntax, Aufbau usw., <lb n="pwe_059.002"/> jenseits aller Aufspaltungen in Form und Inhalt, Gestalt und Gehalt, Ausdruck <lb n="pwe_059.003"/> und Ausgedrücktes, Symbol und Bedeutung, also als das, was von <lb n="pwe_059.004"/> einer Poetik des Schaffens aus als Phantasie oder Einbildungskraft bezeichnet <lb n="pwe_059.005"/> wird, in einer Werkpoetik aber nur am Werk selbst erscheint. Stil ist <lb n="pwe_059.006"/> jene Einheitlichkeit, jene Stimmigkeit, jene Ganzheit, jene apriorische <lb n="pwe_059.007"/> „Welt“ des Werks, aus der allein das einzelne Merkmal Stelle und Sinn <lb n="pwe_059.008"/> erhält.</p> <lb n="pwe_059.009"/> <p> Damit ist der Begriff „Stil“ allerdings zu einer erweiterten und totalen <lb n="pwe_059.010"/> Bedeutung gekommen gegenüber einer spezielleren im Sinn von „äußerer <lb n="pwe_059.011"/> Form“; aber ähnlich wird auch das Wort Form gerne zur Bezeichnung des <lb n="pwe_059.012"/> ganzen, einheitlichen Wesens des Werks gebraucht, als höhere Einheit aus <lb n="pwe_059.013"/> „Form“ und Inhalt, und ebenso schließlich Gestalt als die Einheit aus Gehalt <lb n="pwe_059.014"/> und „Gestalt“ im alten Sinne. Wir kommen auf diese Schwierigkeiten <lb n="pwe_059.015"/> zurück, wo es die Form-Inhalt-Problematik im Aufbau des Werks selbst <lb n="pwe_059.016"/> zu behandeln gilt. Zunächst halten wir uns am Begriff des „<hi rendition="#i">Werks</hi>“, denn <lb n="pwe_059.017"/> dieses ist ja offenbar die geradezu wie ein rundes Ding faßbare Stilganzheit, <lb n="pwe_059.018"/> die wir suchen. Was ist dieses „Werk“?</p> <lb n="pwe_059.019"/> <p> Gegenüber den oben schon genannten Untersuchungen <hi rendition="#k">R. Ingardens</hi> <lb n="pwe_059.020"/> oder <hi rendition="#k">Ernst Wolffs</hi> mit ihren phänomenologischen oder erkenntniskritischen <lb n="pwe_059.021"/> Ergründungen des äußerst komplizierten Gebildes, das im Kunstwerk <lb n="pwe_059.022"/> erscheint, bedeutet <hi rendition="#k">Martin Heideggers</hi> existentialistische Untersuchung <lb n="pwe_059.023"/> eine entscheidende und originale Wendung. Seine Abhandlung <hi rendition="#i">Der Ursprung <lb n="pwe_059.024"/> des Kunstwerks</hi><note xml:id="PWE_059_1" place="foot" n="1"><lb n="pwe_059.040"/> ) Martin Heidegger, <hi rendition="#i">Der Ursprung des Kunstwerks.</hi> (In: <hi rendition="#i">Holzwege.</hi> Frankfurt <lb n="pwe_059.041"/> a. M. 1950).</note> geht auf Vorträge aus früheren Jahren (1935 ff.) <lb n="pwe_059.025"/> zurück, die aber erst jetzt durch die gedruckte Zusammenfassung ihre <lb n="pwe_059.026"/> eigentliche Wirkung erhalten werden. Die genannte Wendung besteht <lb n="pwe_059.027"/> darin, daß das Werk nicht aus seinem Dingcharakter begriffen wird, sondern <lb n="pwe_059.028"/> umgekehrt das Dinghafte aus dem Werk-Sein verstanden werden soll. <lb n="pwe_059.029"/> M. a. W.: Dichtung wird – wie auch das wesentliche Denken – selbst <lb n="pwe_059.030"/> als Ursprung, die Kulturleistungen erst ermöglichende, die Geschichte erst <lb n="pwe_059.031"/> begründende Befreiung zur Existenz gesetzt. „Das Werk gehört als solches <lb n="pwe_059.032"/> einzig in den Bereich, der durch es selbst geöffnet wird“, es ist nicht <lb n="pwe_059.033"/> ein vom Dichter Gemachtes, vielmehr ein erst den Dichter machendes. <lb n="pwe_059.034"/> „Das Werk stellt als Werk eine Welt auf“, „hält das Offene der Welt <lb n="pwe_059.035"/> offen“. Unter diesem entscheidenden Begriff „Welt“ ist nicht „eine bloße <lb n="pwe_059.036"/> Ansammlung der ... vorhandenen Dinge“ und nicht ein zur Summe des <lb n="pwe_059.037"/> Vorhandenen hinzugedachter Rahmen zu verstehen, sondern „das immer <lb n="pwe_059.038"/> Ungegenständliche, dem wir unterstehen“. Der Begriff der Welt hat sein <lb n="pwe_059.039"/> untrennbares Gegenüber im Begriff der „Erde“: in der Erde, die vom </p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [59/0065]
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Rhythmus, Gedanke, Bildvorstellung, Lautlichkeit, Syntax, Aufbau usw., pwe_059.002
jenseits aller Aufspaltungen in Form und Inhalt, Gestalt und Gehalt, Ausdruck pwe_059.003
und Ausgedrücktes, Symbol und Bedeutung, also als das, was von pwe_059.004
einer Poetik des Schaffens aus als Phantasie oder Einbildungskraft bezeichnet pwe_059.005
wird, in einer Werkpoetik aber nur am Werk selbst erscheint. Stil ist pwe_059.006
jene Einheitlichkeit, jene Stimmigkeit, jene Ganzheit, jene apriorische pwe_059.007
„Welt“ des Werks, aus der allein das einzelne Merkmal Stelle und Sinn pwe_059.008
erhält.
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Damit ist der Begriff „Stil“ allerdings zu einer erweiterten und totalen pwe_059.010
Bedeutung gekommen gegenüber einer spezielleren im Sinn von „äußerer pwe_059.011
Form“; aber ähnlich wird auch das Wort Form gerne zur Bezeichnung des pwe_059.012
ganzen, einheitlichen Wesens des Werks gebraucht, als höhere Einheit aus pwe_059.013
„Form“ und Inhalt, und ebenso schließlich Gestalt als die Einheit aus Gehalt pwe_059.014
und „Gestalt“ im alten Sinne. Wir kommen auf diese Schwierigkeiten pwe_059.015
zurück, wo es die Form-Inhalt-Problematik im Aufbau des Werks selbst pwe_059.016
zu behandeln gilt. Zunächst halten wir uns am Begriff des „Werks“, denn pwe_059.017
dieses ist ja offenbar die geradezu wie ein rundes Ding faßbare Stilganzheit, pwe_059.018
die wir suchen. Was ist dieses „Werk“?
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Gegenüber den oben schon genannten Untersuchungen R. Ingardens pwe_059.020
oder Ernst Wolffs mit ihren phänomenologischen oder erkenntniskritischen pwe_059.021
Ergründungen des äußerst komplizierten Gebildes, das im Kunstwerk pwe_059.022
erscheint, bedeutet Martin Heideggers existentialistische Untersuchung pwe_059.023
eine entscheidende und originale Wendung. Seine Abhandlung Der Ursprung pwe_059.024
des Kunstwerks 1 geht auf Vorträge aus früheren Jahren (1935 ff.) pwe_059.025
zurück, die aber erst jetzt durch die gedruckte Zusammenfassung ihre pwe_059.026
eigentliche Wirkung erhalten werden. Die genannte Wendung besteht pwe_059.027
darin, daß das Werk nicht aus seinem Dingcharakter begriffen wird, sondern pwe_059.028
umgekehrt das Dinghafte aus dem Werk-Sein verstanden werden soll. pwe_059.029
M. a. W.: Dichtung wird – wie auch das wesentliche Denken – selbst pwe_059.030
als Ursprung, die Kulturleistungen erst ermöglichende, die Geschichte erst pwe_059.031
begründende Befreiung zur Existenz gesetzt. „Das Werk gehört als solches pwe_059.032
einzig in den Bereich, der durch es selbst geöffnet wird“, es ist nicht pwe_059.033
ein vom Dichter Gemachtes, vielmehr ein erst den Dichter machendes. pwe_059.034
„Das Werk stellt als Werk eine Welt auf“, „hält das Offene der Welt pwe_059.035
offen“. Unter diesem entscheidenden Begriff „Welt“ ist nicht „eine bloße pwe_059.036
Ansammlung der ... vorhandenen Dinge“ und nicht ein zur Summe des pwe_059.037
Vorhandenen hinzugedachter Rahmen zu verstehen, sondern „das immer pwe_059.038
Ungegenständliche, dem wir unterstehen“. Der Begriff der Welt hat sein pwe_059.039
untrennbares Gegenüber im Begriff der „Erde“: in der Erde, die vom
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) Martin Heidegger, Der Ursprung des Kunstwerks. (In: Holzwege. Frankfurt pwe_059.041
a. M. 1950).
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