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Weigel, Erhard: Arithmetische Beschreibung der Moral-Weißheit von Personen und Sachen Worauf das gemeine Wesen bestehet. Jena, 1674.

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Capitel. der Personen.
Dahero die gebräuchlichste Theilung aller Gemeinen in gewisse Vier-
tel/
denen gewisse Viertelsmeister vorgesetzt/ über welche die ob-
rigkeitliche Personen als die Gelenck- oder Eckziffern ordentlich fol-
gen. Und wie die letzte Ziffer am allermeisten gilt/ wornach sich die
gantze Zifferzeile richtet/ wiewohl die Geltung durch den Abstand von
der geringsten biß dahin erst abgezehlet werden muß: also gilt der eusser-
ste Stand im gemeinen Wesen auch das meiste/ wiewohl dessen Gel-
tung auch durch den Abstand von dem geringsten Stand biß dahin erst
abgezehlet werden muß. Dann ie mehr übereinander geordnete Stän-
de sind/ ie grösser ist die Geltung gegen andere gleichförmig eingerich-
tete Zifferzeilen/ ob gleich in allen/ wann iede vor sich betrachtet wird/
die gröste Geltung bey der höchsten Ziffer zufinden: bey den andern
aber nach Proportion immer weniger und weniger/ und zwar also/ daß
die oberste Ziffer derer anderen aller miteinander ihr Vermögen und
Geltung in sich begreiffet/ und darüber noch die ihrige besonders eben
so viel außtragende darstellet. Gleichwie aber der Rechenmeister/ als
der Verstand des Menschen/ mit denen Ziffern/ als mit gewissen
Jnstrumenten/ die Rechnung führet: also führet auch ursprünglich
die ewige Weißheit selbst die richtige Moralische Rechnung mit de-
nen Bidermännern/ als mit ihren Jnstrumenten. (Der böse Feind affet
hierinnen oftmahls Gott nach/ und führet mit seinen Affterziffern
auch eine/ aber gantz unrichtige/ Rechnung/ wie unten folgen wird.)
Weil aber Gott nicht mehr unmittelbahrer weise mit denen Menschen
redet/ daß dieselben/ wie sie sich stellen sollen/ allzeit ausser ihren Mittel
von aussen erinnert werden könten; so hat er das Rechenmeister-Ampt
denen Publiq-Ziffern/ das ist/ der Obrigkeit selbst/ und vornemlich der
allerhöchsten unter ihnen/ auffgetragen/ welche nicht allein die Gelenck-
und Eckziffern (articulos) geben/ (unter welchen die Viertelsmeister
als Finger-Ziffern (digiti) iedes Orts die gemeinen Leuth und
so vielerley Privat-Personen darstellen und repraesentiren;) son-
dern welche auch die Vice-Rechenmeister sind/ und an Gottes statt
das Regiment/ nach dem von Gott ihnen theils in seinem Wort geoffen-
bahrten/ theils in ihre Hertzen eingeprägten Einmaleins derer Ge-
setze/ zuführen überkommen haben. Dahero sie billig auch Götter Ps. 82/1.
das ist Gottes Vice-Rechenmeister/ genennet werden/ welche Rechen-
schafft von ihren untergebenen täglich fodern/ und dermahleins auch

selbst
C ij

Capitel. der Perſonen.
Dahero die gebraͤuchlichſte Theilung aller Gemeinen in gewiſſe Vier-
tel/
denen gewiſſe Viertelsmeiſter vorgeſetzt/ uͤber welche die ob-
rigkeitliche Perſonen als die Gelenck- oder Eckziffern ordentlich fol-
gen. Und wie die letzte Ziffer am allermeiſten gilt/ wornach ſich die
gantze Zifferzeile richtet/ wiewohl die Geltung durch den Abſtand von
der geringſten biß dahin erſt abgezehlet werden muß: alſo gilt der euſſer-
ſte Stand im gemeinen Weſen auch das meiſte/ wiewohl deſſen Gel-
tung auch durch den Abſtand von dem geringſten Stand biß dahin erſt
abgezehlet werden muß. Dann ie mehr uͤbereinander geordnete Staͤn-
de ſind/ ie groͤſſer iſt die Geltung gegen andere gleichfoͤrmig eingerich-
tete Zifferzeilen/ ob gleich in allen/ wann iede vor ſich betrachtet wird/
die groͤſte Geltung bey der hoͤchſten Ziffer zufinden: bey den andern
aber nach Proportion immer weniger und weniger/ und zwar alſo/ daß
die oberſte Ziffer derer anderen aller miteinander ihr Vermoͤgen und
Geltung in ſich begreiffet/ und daruͤber noch die ihrige beſonders eben
ſo viel außtragende darſtellet. Gleichwie aber der Rechenmeiſter/ als
der Verſtand des Menſchen/ mit denen Ziffern/ als mit gewiſſen
Jnſtrumenten/ die Rechnung fuͤhret: alſo fuͤhret auch urſpruͤnglich
die ewige Weißheit ſelbſt die richtige Moraliſche Rechnung mit de-
nen Bidermaͤnnern/ als mit ihren Jnſtrumenten. (Der boͤſe Feind affet
hierinnen oftmahls Gott nach/ und fuͤhret mit ſeinen Affterziffern
auch eine/ aber gantz unrichtige/ Rechnung/ wie unten folgen wird.)
Weil aber Gott nicht mehr unmittelbahrer weiſe mit denen Menſchen
redet/ daß dieſelben/ wie ſie ſich ſtellen ſollen/ allzeit auſſer ihren Mittel
von auſſen erinnert werden koͤnten; ſo hat er das Rechenmeiſter-Ampt
denen Publiq-Ziffern/ das iſt/ der Obrigkeit ſelbſt/ und vornemlich der
allerhoͤchſten unter ihnen/ auffgetragen/ welche nicht allein die Gelenck-
und Eckziffern (articulos) geben/ (unter welchen die Viertelsmeiſter
als Finger-Ziffern (digiti) iedes Orts die gemeinen Leuth und
ſo vielerley Privat-Perſonen darſtellen und repræſentiren;) ſon-
dern welche auch die Vice-Rechenmeiſter ſind/ und an Gottes ſtatt
das Regiment/ nach dem von Gott ihnen theils in ſeinem Wort geoffen-
bahrten/ theils in ihre Hertzen eingepraͤgten Einmaleins derer Ge-
ſetze/ zufuͤhren uͤberkom̃en haben. Dahero ſie billig auch Goͤtter Pſ. 82/1.
das iſt Gottes Vice-Rechenmeiſter/ genennet werden/ welche Rechen-
ſchafft von ihren untergebenen taͤglich fodern/ und dermahleins auch

ſelbſt
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[19/0029] Capitel. der Perſonen. Dahero die gebraͤuchlichſte Theilung aller Gemeinen in gewiſſe Vier- tel/ denen gewiſſe Viertelsmeiſter vorgeſetzt/ uͤber welche die ob- rigkeitliche Perſonen als die Gelenck- oder Eckziffern ordentlich fol- gen. Und wie die letzte Ziffer am allermeiſten gilt/ wornach ſich die gantze Zifferzeile richtet/ wiewohl die Geltung durch den Abſtand von der geringſten biß dahin erſt abgezehlet werden muß: alſo gilt der euſſer- ſte Stand im gemeinen Weſen auch das meiſte/ wiewohl deſſen Gel- tung auch durch den Abſtand von dem geringſten Stand biß dahin erſt abgezehlet werden muß. Dann ie mehr uͤbereinander geordnete Staͤn- de ſind/ ie groͤſſer iſt die Geltung gegen andere gleichfoͤrmig eingerich- tete Zifferzeilen/ ob gleich in allen/ wann iede vor ſich betrachtet wird/ die groͤſte Geltung bey der hoͤchſten Ziffer zufinden: bey den andern aber nach Proportion immer weniger und weniger/ und zwar alſo/ daß die oberſte Ziffer derer anderen aller miteinander ihr Vermoͤgen und Geltung in ſich begreiffet/ und daruͤber noch die ihrige beſonders eben ſo viel außtragende darſtellet. Gleichwie aber der Rechenmeiſter/ als der Verſtand des Menſchen/ mit denen Ziffern/ als mit gewiſſen Jnſtrumenten/ die Rechnung fuͤhret: alſo fuͤhret auch urſpruͤnglich die ewige Weißheit ſelbſt die richtige Moraliſche Rechnung mit de- nen Bidermaͤnnern/ als mit ihren Jnſtrumenten. (Der boͤſe Feind affet hierinnen oftmahls Gott nach/ und fuͤhret mit ſeinen Affterziffern auch eine/ aber gantz unrichtige/ Rechnung/ wie unten folgen wird.) Weil aber Gott nicht mehr unmittelbahrer weiſe mit denen Menſchen redet/ daß dieſelben/ wie ſie ſich ſtellen ſollen/ allzeit auſſer ihren Mittel von auſſen erinnert werden koͤnten; ſo hat er das Rechenmeiſter-Ampt denen Publiq-Ziffern/ das iſt/ der Obrigkeit ſelbſt/ und vornemlich der allerhoͤchſten unter ihnen/ auffgetragen/ welche nicht allein die Gelenck- und Eckziffern (articulos) geben/ (unter welchen die Viertelsmeiſter als Finger-Ziffern (digiti) iedes Orts die gemeinen Leuth und ſo vielerley Privat-Perſonen darſtellen und repræſentiren;) ſon- dern welche auch die Vice-Rechenmeiſter ſind/ und an Gottes ſtatt das Regiment/ nach dem von Gott ihnen theils in ſeinem Wort geoffen- bahrten/ theils in ihre Hertzen eingepraͤgten Einmaleins derer Ge- ſetze/ zufuͤhren uͤberkom̃en haben. Dahero ſie billig auch Goͤtter Pſ. 82/1. das iſt Gottes Vice-Rechenmeiſter/ genennet werden/ welche Rechen- ſchafft von ihren untergebenen taͤglich fodern/ und dermahleins auch ſelbſt C ij

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Zitationshilfe: Weigel, Erhard: Arithmetische Beschreibung der Moral-Weißheit von Personen und Sachen Worauf das gemeine Wesen bestehet. Jena, 1674, S. 19. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weigel_moralweissheit_1674/29>, abgerufen am 21.11.2024.