Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Weirauch, Christian: Della Ragione di Stato Das ist Von der Geheimen und Ungemeinen Regirungs-Klugheit. Leipzig u. a., 1673.

Bild:
<< vorherige Seite

wandeln/ wir unser Gemütte änderten
und die Mittel/ würde es keines weges so
mächtig über uns/ noch wir dessen Bott-
mäßigkeit so sehr unterworffen seyn/ wir
endern die Kleider-Moden mtt der Zeit/
das Gemütte aber und Vorsatz wollen
wir nicht endern/ wie vielerley Wind
brauchet nicht ein Schiffmann zu seiner
Schiffarth? Wie jener sich wendet/ al-
so auch dieser die Seegel und alles muß
ihm zu seinem Vorhaben dinstlich seyn/
unserer Natur böse Beschaffenheit wol-
len wir nicht ablegen/ weil es die Liebe
unser selbst verwehret/ oder die Unbe-
dachtsamkeit nicht zuläst/ und hernach
klagen wir die Glücksfälle an/ wir lassen
kleinmüttig den Muth sincken/ ehe wir
den einbrechenden Ubel steuren wollen/
und lassen uns verstarret oder unbe-
dachtsam von der Verzweiffelung un-
terdrucken/ im Creutz wissen wir nicht die
Hoffart/ Zorn/ vergebene Ehrsucht und
allerhand Laster abzulegen/ welche das
Wolergehen in uns gezeuget hat/ erken-
nen auch nicht das jenige/ was uns in
den Unglücks-Stand abgeworffen; Al-

len

wandeln/ wir unſer Gemuͤtte aͤnderten
und die Mittel/ wuͤrde es keines weges ſo
maͤchtig uͤber uns/ noch wir deſſen Bott-
maͤßigkeit ſo ſehr unterworffen ſeyn/ wir
endern die Kleider-Moden mtt der Zeit/
das Gemuͤtte aber und Vorſatz wollen
wir nicht endern/ wie vielerley Wind
brauchet nicht ein Schiffmann zu ſeiner
Schiffarth? Wie jener ſich wendet/ al-
ſo auch dieſer die Seegel und alles muß
ihm zu ſeinem Vorhaben dinſtlich ſeyn/
unſerer Natur boͤſe Beſchaffenheit wol-
len wir nicht ablegen/ weil es die Liebe
unſer ſelbſt verwehret/ oder die Unbe-
dachtſamkeit nicht zulaͤſt/ und hernach
klagen wir die Gluͤcksfaͤlle an/ wir laſſen
kleinmuͤttig den Muth ſincken/ ehe wir
den einbrechenden Ubel ſteuren wollen/
und laſſen uns verſtarret oder unbe-
dachtſam von der Verzweiffelung un-
terdrucken/ im Creutz wiſſen wir nicht die
Hoffart/ Zorn/ vergebene Ehrſucht und
allerhand Laſter abzulegen/ welche das
Wolergehen in uns gezeuget hat/ erken-
nen auch nicht das jenige/ was uns in
den Ungluͤcks-Stand abgeworffen; Al-

len
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0255"/>
wandeln/ wir un&#x017F;er Gemu&#x0364;tte a&#x0364;nderten<lb/>
und die Mittel/ wu&#x0364;rde es keines weges &#x017F;o<lb/>
ma&#x0364;chtig u&#x0364;ber uns/ noch wir de&#x017F;&#x017F;en Bott-<lb/>
ma&#x0364;ßigkeit &#x017F;o &#x017F;ehr unterworffen &#x017F;eyn/ wir<lb/>
endern die Kleider-Moden mtt der Zeit/<lb/>
das Gemu&#x0364;tte aber und Vor&#x017F;atz wollen<lb/>
wir nicht endern/ wie vielerley Wind<lb/>
brauchet nicht ein Schiffmann zu &#x017F;einer<lb/>
Schiffarth? Wie jener &#x017F;ich wendet/ al-<lb/>
&#x017F;o auch die&#x017F;er die Seegel und alles muß<lb/>
ihm zu &#x017F;einem Vorhaben din&#x017F;tlich &#x017F;eyn/<lb/>
un&#x017F;erer Natur bo&#x0364;&#x017F;e Be&#x017F;chaffenheit wol-<lb/>
len wir nicht ablegen/ weil es die Liebe<lb/>
un&#x017F;er &#x017F;elb&#x017F;t verwehret/ oder die Unbe-<lb/>
dacht&#x017F;amkeit nicht zula&#x0364;&#x017F;t/ und hernach<lb/>
klagen wir die Glu&#x0364;cksfa&#x0364;lle an/ wir la&#x017F;&#x017F;en<lb/>
kleinmu&#x0364;ttig den Muth &#x017F;incken/ ehe wir<lb/>
den einbrechenden Ubel &#x017F;teuren wollen/<lb/>
und la&#x017F;&#x017F;en uns ver&#x017F;tarret oder unbe-<lb/>
dacht&#x017F;am von der Verzweiffelung un-<lb/>
terdrucken/ im Creutz wi&#x017F;&#x017F;en wir nicht die<lb/>
Hoffart/ Zorn/ vergebene Ehr&#x017F;ucht und<lb/>
allerhand La&#x017F;ter abzulegen/ welche das<lb/>
Wolergehen in uns gezeuget hat/ erken-<lb/>
nen auch nicht das jenige/ was uns in<lb/>
den Unglu&#x0364;cks-Stand abgeworffen; Al-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">len</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0255] wandeln/ wir unſer Gemuͤtte aͤnderten und die Mittel/ wuͤrde es keines weges ſo maͤchtig uͤber uns/ noch wir deſſen Bott- maͤßigkeit ſo ſehr unterworffen ſeyn/ wir endern die Kleider-Moden mtt der Zeit/ das Gemuͤtte aber und Vorſatz wollen wir nicht endern/ wie vielerley Wind brauchet nicht ein Schiffmann zu ſeiner Schiffarth? Wie jener ſich wendet/ al- ſo auch dieſer die Seegel und alles muß ihm zu ſeinem Vorhaben dinſtlich ſeyn/ unſerer Natur boͤſe Beſchaffenheit wol- len wir nicht ablegen/ weil es die Liebe unſer ſelbſt verwehret/ oder die Unbe- dachtſamkeit nicht zulaͤſt/ und hernach klagen wir die Gluͤcksfaͤlle an/ wir laſſen kleinmuͤttig den Muth ſincken/ ehe wir den einbrechenden Ubel ſteuren wollen/ und laſſen uns verſtarret oder unbe- dachtſam von der Verzweiffelung un- terdrucken/ im Creutz wiſſen wir nicht die Hoffart/ Zorn/ vergebene Ehrſucht und allerhand Laſter abzulegen/ welche das Wolergehen in uns gezeuget hat/ erken- nen auch nicht das jenige/ was uns in den Ungluͤcks-Stand abgeworffen; Al- len

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/weirauch_dellaragione_1673
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/weirauch_dellaragione_1673/255
Zitationshilfe: Weirauch, Christian: Della Ragione di Stato Das ist Von der Geheimen und Ungemeinen Regirungs-Klugheit. Leipzig u. a., 1673, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weirauch_dellaragione_1673/255>, abgerufen am 21.11.2024.