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Weirauch, Christian: Della Ragione di Stato Das ist Von der Geheimen und Ungemeinen Regirungs-Klugheit. Leipzig u. a., 1673.

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Athem des jenigen/ welcher sich gar zu nahe
darinnen besehen will/ kan verletzet werden/
sie hat Verwandnüß mit dem Brunnen des
Narcissus, weil der jenige/ welcher sich dar-
innen einmal besiehet/ entweder verterben/
oder die Schönheit erlangen wil/ welche er
anderwerts nicht zu Gesichte bekommet.
Die Bedienten sein ins gemein in des Für-
sten Hand/ wie die Rechenpfennige zwi-
schen den Fingern des Rechenmeisters/ wel-
cher mit eben derselben Hand/ damit er sie
kurtz vorhero hatte zu der höchsten Zahl ge-
macht/ bald biß auff die allergeringste und
niedrigste abgesetzet/ Sie sind wie die Po-
merantzen/ die man in der Hand und off-
ters zum Munde hält/ so lang sie safftig seyn/
wenn aber der Safft ausgetrocknet/ man
selb[t]e von sich wirfft. Die am meisten be-
gnadigten vergleichet der berühmte Cardi-
nal Richelieu einem handvoll Staub/
welche der Fürstum das Haupt schwinget/
darum eine unzehliche Mänge Mücken
fliegen/ so bald aber die Hand auffgemacht
würde/ daß dieser Staub zerfielle/ und sich
zerstreute/ so machten sich die Mücken/ das ist
das Hofe-Gesindel/ davon: Was erhebestu

dich

Athem des jenigen/ welcher ſich gar zu nahe
darinnen beſehen will/ kan verletzet werden/
ſie hat Verwandnuͤß mit dem Brunnen des
Narciſſus, weil der jenige/ welcher ſich dar-
innen einmal beſiehet/ entweder verterben/
oder die Schoͤnheit erlangen wil/ welche er
anderwerts nicht zu Geſichte bekommet.
Die Bedienten ſein ins gemein in des Fuͤr-
ſten Hand/ wie die Rechenpfennige zwi-
ſchen den Fingern des Rechenmeiſters/ wel-
cher mit eben derſelben Hand/ damit er ſie
kurtz vorhero hatte zu der hoͤchſten Zahl ge-
macht/ bald biß auff die allergeringſte und
niedrigſte abgeſetzet/ Sie ſind wie die Po-
merantzen/ die man in der Hand und off-
ters zum Munde haͤlt/ ſo lang ſie ſafftig ſeyn/
wenn aber der Safft ausgetrocknet/ man
ſelb[t]e von ſich wirfft. Die am meiſten be-
gnadigten vergleichet der beruͤhmte Cardi-
nal Richelieu einem handvoll Staub/
welche der Fuͤrſtum das Haupt ſchwinget/
darum eine unzehliche Maͤnge Muͤcken
fliegen/ ſo bald aber die Hand auffgemacht
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zerſtreute/ ſo machten ſich die Muͤcken/ das iſt
das Hofe-Geſindel/ davon: Was erhebeſtu

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[0512] Athem des jenigen/ welcher ſich gar zu nahe darinnen beſehen will/ kan verletzet werden/ ſie hat Verwandnuͤß mit dem Brunnen des Narciſſus, weil der jenige/ welcher ſich dar- innen einmal beſiehet/ entweder verterben/ oder die Schoͤnheit erlangen wil/ welche er anderwerts nicht zu Geſichte bekommet. Die Bedienten ſein ins gemein in des Fuͤr- ſten Hand/ wie die Rechenpfennige zwi- ſchen den Fingern des Rechenmeiſters/ wel- cher mit eben derſelben Hand/ damit er ſie kurtz vorhero hatte zu der hoͤchſten Zahl ge- macht/ bald biß auff die allergeringſte und niedrigſte abgeſetzet/ Sie ſind wie die Po- merantzen/ die man in der Hand und off- ters zum Munde haͤlt/ ſo lang ſie ſafftig ſeyn/ wenn aber der Safft ausgetrocknet/ man ſelbte von ſich wirfft. Die am meiſten be- gnadigten vergleichet der beruͤhmte Cardi- nal Richelieu einem handvoll Staub/ welche der Fuͤrſtum das Haupt ſchwinget/ darum eine unzehliche Maͤnge Muͤcken fliegen/ ſo bald aber die Hand auffgemacht wuͤrde/ daß dieſer Staub zerfielle/ und ſich zerſtreute/ ſo machten ſich die Muͤcken/ das iſt das Hofe-Geſindel/ davon: Was erhebeſtu dich

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Zitationshilfe: Weirauch, Christian: Della Ragione di Stato Das ist Von der Geheimen und Ungemeinen Regirungs-Klugheit. Leipzig u. a., 1673, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weirauch_dellaragione_1673/512>, abgerufen am 24.05.2024.