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Weise, Christian: Die drey ärgsten Ertz-Narren. 2. Aufl. 1673.

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gemacht/ daß ich von den Capitalien wohl
hätte leben können. Aber ich meinte/ ich mü-
ste dreymahl prächtiger leben als er/ ungeacht
ich nicht den zehenden Theil erwerben konte.
Da fanden sich viel gute Freunde/ die mir einen
Schmauß nach dem andern außführten/ und
ich hatte alle Freude daran; ja ich ließ michs
verdriessen/ wann mir einen Abend weniger
als 10. Thaler auffgingen. Alles gieng vom
besten/ wenn mir der Weinschencke 3. Nössel
sechs Groschen Wein schickte/ hätte ich mich
geschämt/ daß ich ihm nicht vor zwey Kannen
zehen Groschen Wein bezahlet hätte; die Ler-
chen aß ich nicht eher/ als biß eine Mandel im
Weinkeller 20. Groschen galt/ die Gänse
schmackten mir ümb Pfingsten vor einen hal-
ben Thaler am besten/ und ich weiß wohl eh/
daß ich vor einen gebratenen Hasen 2. Gül-
den bezahlet habe. Jch wolte mich einmahl
mit dem Gastwirthe schlagen/ daß er vor mich
und vier Gäste 9. Thal. forderte/ da ich die gu-
ten Freunde gern vor 18. Thal. tractirt hätte.
Jn Kleidern hielt ich mich polit/ die daffete
Wämser und Kappen ließ ich nicht füttern/
es hätte sonst ein Töpffgen-Stutzer gemeynt/
ich wolte es mit der Zeit wenden lassen. Wann
das Band etwas zusammen gelauffen war/

mochte


gemacht/ daß ich von den Capitalien wohl
haͤtte leben koͤnnen. Aber ich meinte/ ich muͤ-
ſte dreymahl praͤchtiger leben als er/ ungeacht
ich nicht den zehenden Theil erwerben konte.
Da fanden ſich viel gute Fꝛeunde/ die mir einen
Schmauß nach dem andern außfuͤhrten/ und
ich hatte alle Freude daran; ja ich ließ michs
verdrieſſen/ wann mir einen Abend weniger
als 10. Thaler auffgingen. Alles gieng vom
beſten/ wenn mir der Weinſchencke 3. Noͤſſel
ſechs Groſchen Wein ſchickte/ haͤtte ich mich
geſchaͤmt/ daß ich ihm nicht vor zwey Kannen
zehen Groſchen Wein bezahlet haͤtte; die Ler-
chen aß ich nicht eher/ als biß eine Mandel im
Weinkeller 20. Groſchen galt/ die Gaͤnſe
ſchmackten mir uͤmb Pfingſten vor einen hal-
ben Thaler am beſten/ und ich weiß wohl eh/
daß ich vor einen gebratenen Haſen 2. Guͤl-
den bezahlet habe. Jch wolte mich einmahl
mit dem Gaſtwirthe ſchlagen/ daß er vor mich
und vier Gaͤſte 9. Thal. forderte/ da ich die gu-
ten Freunde gern vor 18. Thal. tractirt haͤtte.
Jn Kleidern hielt ich mich polit/ die daffete
Waͤmſer und Kappen ließ ich nicht fuͤttern/
es haͤtte ſonſt ein Toͤpffgen-Stutzer gemeynt/
ich wolte es mit der Zeit wenden laſſen. Wañ
das Band etwas zuſammen gelauffen war/

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[76/0082] gemacht/ daß ich von den Capitalien wohl haͤtte leben koͤnnen. Aber ich meinte/ ich muͤ- ſte dreymahl praͤchtiger leben als er/ ungeacht ich nicht den zehenden Theil erwerben konte. Da fanden ſich viel gute Fꝛeunde/ die mir einen Schmauß nach dem andern außfuͤhrten/ und ich hatte alle Freude daran; ja ich ließ michs verdrieſſen/ wann mir einen Abend weniger als 10. Thaler auffgingen. Alles gieng vom beſten/ wenn mir der Weinſchencke 3. Noͤſſel ſechs Groſchen Wein ſchickte/ haͤtte ich mich geſchaͤmt/ daß ich ihm nicht vor zwey Kannen zehen Groſchen Wein bezahlet haͤtte; die Ler- chen aß ich nicht eher/ als biß eine Mandel im Weinkeller 20. Groſchen galt/ die Gaͤnſe ſchmackten mir uͤmb Pfingſten vor einen hal- ben Thaler am beſten/ und ich weiß wohl eh/ daß ich vor einen gebratenen Haſen 2. Guͤl- den bezahlet habe. Jch wolte mich einmahl mit dem Gaſtwirthe ſchlagen/ daß er vor mich und vier Gaͤſte 9. Thal. forderte/ da ich die gu- ten Freunde gern vor 18. Thal. tractirt haͤtte. Jn Kleidern hielt ich mich polit/ die daffete Waͤmſer und Kappen ließ ich nicht fuͤttern/ es haͤtte ſonſt ein Toͤpffgen-Stutzer gemeynt/ ich wolte es mit der Zeit wenden laſſen. Wañ das Band etwas zuſammen gelauffen war/ mochte

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Zitationshilfe: Weise, Christian: Die drey ärgsten Ertz-Narren. 2. Aufl. 1673, S. 76. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weise_ertznarren_1672/82>, abgerufen am 21.11.2024.