Weise, Christian: Überflüßige Gedancken Der grünenden jugend. Leipzig, 1701.Uberfl. gedancken andere gattung Lis. Muß sein maul auf den abend nicht froh seyn daß es zur ruhe kömmt. Fill. Ach weit gefehlt/ was ich in dem tage rede/ das wiederhohle ich im schlaff alles nach der ordnung. Lis. So wolte ich nicht sein maul seyn. Fill. Aber ich wolte/ mein maul und ihr maul wä- ren ein ding. Lis. Ey das kam ein bißgen abgeschmackt. Fill. Jch weiß es solte gut schmecken. Lis. Wir leben in der stadt/ er verschone mich mit den dorff-complimenten. Fill. Jch habe sie auch erzürnt/ ich wil meines thuns warten und fort singen. 3. Jch habe zwar ein gut gewissen/ Das soll mein trost und labsal seyn/ Und meine feinde selber müssen Mir mit der zeit noch recht verleyhn: Doch itzund im verdacht zu bleiben/ Das kan ich schwerlich hintertreiben. liebten kinderpossen auf seyn gut gewissen trotzen wil. Es kömmt eben so herauß/ als wenn ich um schnipkeu- lichen spielte/ und solte mir über dem falschspielen ein groß gewissen machen. Mel. Man soll aber in geringen das gewissen so wol verwahren als in den grossen. Fill. Jch gebe es zu/ in den sachen die in dem gemei- nen leben vorgehn/ sol man glauben halten. Und ein kauffmann handelt so wol wider sein gewissen/ wenn er um einen pfennig unrecht thut/ als wenn es ein du- caten ist/ aber im schertze/ wie ich denn alle liebes-sachen vor eitele narrenpossen halte/ da ist es keine sünde daß man
Uberfl. gedancken andere gattung Liſ. Muß ſein maul auf den abend nicht froh ſeyn daß es zur ruhe koͤmmt. Fill. Ach weit gefehlt/ was ich in dem tage rede/ das wiederhohle ich im ſchlaff alles nach der ordnung. Liſ. So wolte ich nicht ſein maul ſeyn. Fill. Aber ich wolte/ mein maul und ihr maul waͤ- ren ein ding. Liſ. Ey das kam ein bißgen abgeſchmackt. Fill. Jch weiß es ſolte gut ſchmecken. Liſ. Wir leben in der ſtadt/ er verſchone mich mit den dorff-complimenten. Fill. Jch habe ſie auch erzuͤrnt/ ich wil meines thuns warten und fort ſingen. 3. Jch habe zwar ein gut gewiſſen/ Das ſoll mein troſt und labſal ſeyn/ Und meine feinde ſelber muͤſſen Mir mit der zeit noch recht verleyhn: Doch itzund im verdacht zu bleiben/ Das kan ich ſchwerlich hintertreiben. liebten kinderpoſſen auf ſeyn gut gewiſſen trotzen wil. Es koͤmmt eben ſo herauß/ als wenn ich um ſchnipkeu- lichen ſpielte/ und ſolte mir uͤber dem falſchſpielen ein groß gewiſſen machen. Mel. Man ſoll aber in geringen das gewiſſen ſo wol verwahren als in den groſſen. Fill. Jch gebe es zu/ in den ſachen die in dem gemei- nen leben vorgehn/ ſol man glauben halten. Und ein kauffmann handelt ſo wol wider ſein gewiſſen/ wenn er um einen pfennig unrecht thut/ als wenn es ein du- caten iſt/ aber im ſchertze/ wie ich denn alle liebes-ſachen vor eitele narrenpoſſen halte/ da iſt es keine ſuͤnde daß man
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0396" n="380"/> <fw place="top" type="header">Uberfl. gedancken andere gattung</fw><lb/> <sp> <speaker>Liſ.</speaker> <p>Muß ſein maul auf den abend nicht froh ſeyn<lb/> daß es zur ruhe koͤmmt.</p> </sp><lb/> <sp> <speaker>Fill.</speaker> <p>Ach weit gefehlt/ was ich in dem tage rede/<lb/> das wiederhohle ich im ſchlaff alles nach der ordnung.</p> </sp><lb/> <sp> <speaker>Liſ.</speaker> <p>So wolte ich nicht ſein maul ſeyn.</p> </sp><lb/> <sp> <speaker>Fill.</speaker> <p>Aber ich wolte/ mein maul und ihr maul waͤ-<lb/> ren ein ding.</p> </sp><lb/> <sp> <speaker>Liſ.</speaker> <p>Ey das kam ein bißgen abgeſchmackt.</p> </sp><lb/> <sp> <speaker>Fill.</speaker> <p>Jch weiß es ſolte gut ſchmecken.</p> </sp><lb/> <sp> <speaker>Liſ.</speaker> <p>Wir leben in der ſtadt/ er verſchone mich mit<lb/> den dorff-complimenten.</p> </sp><lb/> <sp> <speaker>Fill.</speaker> <p>Jch habe ſie auch erzuͤrnt/ ich wil meines thuns<lb/> warten und fort ſingen.</p><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>3. Jch habe zwar ein gut gewiſſen/</l><lb/> <l><hi rendition="#fr">D</hi>as ſoll mein troſt und labſal ſeyn/</l><lb/> <l>Und meine feinde ſelber muͤſſen</l><lb/> <l>Mir mit der zeit noch recht verleyhn:</l><lb/> <l>Doch itzund im verdacht zu bleiben/</l><lb/> <l>Das kan ich ſchwerlich hintertreiben.</l> </lg> </lg><lb/> <p>Das ſind wolrechte thorheiten/ wenn man in den ver-<lb/> liebten kinderpoſſen auf ſeyn gut gewiſſen trotzen wil.<lb/> Es koͤmmt eben ſo herauß/ als wenn ich um ſchnipkeu-<lb/> lichen ſpielte/ und ſolte mir uͤber dem falſchſpielen ein<lb/> groß gewiſſen machen.</p> </sp><lb/> <sp> <speaker>Mel.</speaker> <p>Man ſoll aber in geringen das gewiſſen ſo<lb/> wol verwahren als in den groſſen.</p> </sp><lb/> <sp> <speaker>Fill.</speaker> <p>Jch gebe es zu/ in den ſachen die in dem gemei-<lb/> nen leben vorgehn/ ſol man glauben halten. Und ein<lb/> kauffmann handelt ſo wol wider ſein gewiſſen/ wenn<lb/> er um einen pfennig unrecht thut/ als wenn es ein du-<lb/> caten iſt/ aber im ſchertze/ wie ich denn alle liebes-ſachen<lb/> vor eitele narrenpoſſen halte/ da iſt es keine ſuͤnde daß<lb/> <fw place="bottom" type="catch">man</fw><lb/></p> </sp> </div> </div> </body> </text> </TEI> [380/0396]
Uberfl. gedancken andere gattung
Liſ. Muß ſein maul auf den abend nicht froh ſeyn
daß es zur ruhe koͤmmt.
Fill. Ach weit gefehlt/ was ich in dem tage rede/
das wiederhohle ich im ſchlaff alles nach der ordnung.
Liſ. So wolte ich nicht ſein maul ſeyn.
Fill. Aber ich wolte/ mein maul und ihr maul waͤ-
ren ein ding.
Liſ. Ey das kam ein bißgen abgeſchmackt.
Fill. Jch weiß es ſolte gut ſchmecken.
Liſ. Wir leben in der ſtadt/ er verſchone mich mit
den dorff-complimenten.
Fill. Jch habe ſie auch erzuͤrnt/ ich wil meines thuns
warten und fort ſingen.
3. Jch habe zwar ein gut gewiſſen/
Das ſoll mein troſt und labſal ſeyn/
Und meine feinde ſelber muͤſſen
Mir mit der zeit noch recht verleyhn:
Doch itzund im verdacht zu bleiben/
Das kan ich ſchwerlich hintertreiben.
Das ſind wolrechte thorheiten/ wenn man in den ver-
liebten kinderpoſſen auf ſeyn gut gewiſſen trotzen wil.
Es koͤmmt eben ſo herauß/ als wenn ich um ſchnipkeu-
lichen ſpielte/ und ſolte mir uͤber dem falſchſpielen ein
groß gewiſſen machen.
Mel. Man ſoll aber in geringen das gewiſſen ſo
wol verwahren als in den groſſen.
Fill. Jch gebe es zu/ in den ſachen die in dem gemei-
nen leben vorgehn/ ſol man glauben halten. Und ein
kauffmann handelt ſo wol wider ſein gewiſſen/ wenn
er um einen pfennig unrecht thut/ als wenn es ein du-
caten iſt/ aber im ſchertze/ wie ich denn alle liebes-ſachen
vor eitele narrenpoſſen halte/ da iſt es keine ſuͤnde daß
man
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/weise_jugend_1701 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/weise_jugend_1701/396 |
Zitationshilfe: | Weise, Christian: Überflüßige Gedancken Der grünenden jugend. Leipzig, 1701, S. 380. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weise_jugend_1701/396>, abgerufen am 24.06.2024. |