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Weise, Christian: Überflüßige Gedancken Der grünenden jugend. Leipzig, 1701.

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Fünfftes Gespräch.
ihm gefehlt hat. So hat er obscur geredet/ und ist da-
durch bey ehren blieben.
Gil. Jch weiß nicht/ hier ist das lied.
WAs will doch nun der himmel aus mir machen?
Mein glücke schläfft und will noch nicht erwachen/
Mein leben stirbt und lebt nicht wo ich bin/
Mein hertz vergeht und kan sich selbst nicht finden/
Und aller trost den ich hier soll empfinden/
Der ist dahin.
2. Es hilfft mich nicht/ daß ich die schönste liebe/
Wenn ich mich nur biß auf den tod betrübe/
Jch lasse mich zwar in gedancken ein/
Und ehre sie mit heimlichen geberden/
Doch kan ich nicht so sehr begnadigt werden/
Bey ihr zu seyn.
3. Sol ich mein leid den stummen wänden klagen/
Weil sie nicht wil nach meinen schmertzen fragen;
Sol ich verziehn in meiner Einsamkeit?
Hier mag ich nicht; dort kan ich mich nicht laben
Hier bin ich todt; und jene lebens-gaben
Sind mir zu weit.
4. Erbarme dich du sonne meiner seelen/
Was wilstu mich in meiner unschuld qvälen?
Jch bin verliebt/ ist das die missethat?
So dencke nach und straffe deine wangen/
Dieweil ihr Glantz mein hoffen und verlangen
Bezwungen hat.
5. Kan ich dafür? indem mir unter allen
Die tugenden bey dir so wohl gefallen?
Dein licht ist schön/ dein ruhm ist lobens wehrt:
Kein hertz kan hier bey deiner glut erkalten:
Drum wirstu auch die lieb entschuldigt halten
Die dich begehrt.
6. Wilstu mich auch durch diese noth probieren/
So laß mich nur die hoffnung nicht verlieren.
Doch gieb mir itz aus gnaden und zur lust/
Was
B b 2
Fuͤnfftes Geſpraͤch.
ihm gefehlt hat. So hat er obſcur geredet/ und iſt da-
durch bey ehren blieben.
Gil. Jch weiß nicht/ hier iſt das lied.
WAs will doch nun der himmel aus mir machen?
Mein gluͤcke ſchlaͤfft und will noch nicht erwachen/
Mein leben ſtirbt und lebt nicht wo ich bin/
Mein hertz vergeht und kan ſich ſelbſt nicht finden/
Und aller troſt den ich hier ſoll empfinden/
Der iſt dahin.
2. Es hilfft mich nicht/ daß ich die ſchoͤnſte liebe/
Wenn ich mich nur biß auf den tod betruͤbe/
Jch laſſe mich zwar in gedancken ein/
Und ehre ſie mit heimlichen geberden/
Doch kan ich nicht ſo ſehr begnadigt werden/
Bey ihr zu ſeyn.
3. Sol ich mein leid den ſtummen waͤnden klagen/
Weil ſie nicht wil nach meinen ſchmertzen fragen;
Sol ich verziehn in meiner Einſamkeit?
Hier mag ich nicht; dort kan ich mich nicht laben
Hier bin ich todt; und jene lebens-gaben
Sind mir zu weit.
4. Erbarme dich du ſonne meiner ſeelen/
Was wilſtu mich in meiner unſchuld qvaͤlen?
Jch bin verliebt/ iſt das die miſſethat?
So dencke nach und ſtraffe deine wangen/
Dieweil ihr Glantz mein hoffen und verlangen
Bezwungen hat.
5. Kan ich dafuͤr? indem mir unter allen
Die tugenden bey dir ſo wohl gefallen?
Dein licht iſt ſchoͤn/ dein ruhm iſt lobens wehrt:
Kein hertz kan hier bey deiner glut erkalten:
Drum wirſtu auch die lieb entſchuldigt halten
Die dich begehrt.
6. Wilſtu mich auch durch dieſe noth probieren/
So laß mich nur die hoffnung nicht verlieren.
Doch gieb mir itz aus gnaden und zur luſt/
Was
B b 2
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[387/0403] Fuͤnfftes Geſpraͤch. ihm gefehlt hat. So hat er obſcur geredet/ und iſt da- durch bey ehren blieben. Gil. Jch weiß nicht/ hier iſt das lied. WAs will doch nun der himmel aus mir machen? Mein gluͤcke ſchlaͤfft und will noch nicht erwachen/ Mein leben ſtirbt und lebt nicht wo ich bin/ Mein hertz vergeht und kan ſich ſelbſt nicht finden/ Und aller troſt den ich hier ſoll empfinden/ Der iſt dahin. 2. Es hilfft mich nicht/ daß ich die ſchoͤnſte liebe/ Wenn ich mich nur biß auf den tod betruͤbe/ Jch laſſe mich zwar in gedancken ein/ Und ehre ſie mit heimlichen geberden/ Doch kan ich nicht ſo ſehr begnadigt werden/ Bey ihr zu ſeyn. 3. Sol ich mein leid den ſtummen waͤnden klagen/ Weil ſie nicht wil nach meinen ſchmertzen fragen; Sol ich verziehn in meiner Einſamkeit? Hier mag ich nicht; dort kan ich mich nicht laben Hier bin ich todt; und jene lebens-gaben Sind mir zu weit. 4. Erbarme dich du ſonne meiner ſeelen/ Was wilſtu mich in meiner unſchuld qvaͤlen? Jch bin verliebt/ iſt das die miſſethat? So dencke nach und ſtraffe deine wangen/ Dieweil ihr Glantz mein hoffen und verlangen Bezwungen hat. 5. Kan ich dafuͤr? indem mir unter allen Die tugenden bey dir ſo wohl gefallen? Dein licht iſt ſchoͤn/ dein ruhm iſt lobens wehrt: Kein hertz kan hier bey deiner glut erkalten: Drum wirſtu auch die lieb entſchuldigt halten Die dich begehrt. 6. Wilſtu mich auch durch dieſe noth probieren/ So laß mich nur die hoffnung nicht verlieren. Doch gieb mir itz aus gnaden und zur luſt/ Was B b 2

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Zitationshilfe: Weise, Christian: Überflüßige Gedancken Der grünenden jugend. Leipzig, 1701, S. 387. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weise_jugend_1701/403>, abgerufen am 16.06.2024.