Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Weise, Christian: Überflüßige Gedancken Der grünenden jugend. Leipzig, 1701.

Bild:
<< vorherige Seite

Uberfl. gedancken andere gattung
Was du mir sonst nach abgelegten proben/
Auß billigkeit gebührlich angeloben
Und leisten must.

Fill. Jch dachte es wäre noch so obscur. Welchen
die jungfer bey dieser sprache nicht versteht/ der mag
immer darnach sehen ob er im buche der verschonung
steht.
Ros. Allein die jungfern haben sich über das lied
zu beschweren.
Gil. Jch wil nicht hoffen liebes Rosettgen.
Ros. Er giebt den jungfern schuld/ als wenn sie ur-
sache zur liebe gäben. Und als wenn sie solten darum
gestrafft werden.
Gil. Vor eines versteht sich eine straffe darunter/
die ohne mühe auszustehen ist: Und vors andere ist es
der warheit so unähnlich nicht/ was gesagt wird. Denn
wären die jungfern nicht so artig/ so dürffte sich ein ar-
mer ritter nicht verschameriren.
Ros. Jst es wahr daß etliche jungfern artig sind/ so
haben sie es von natur/ und können nichts davor/ wenn
jemand ohne ihre schuld den narren daran fressen wil.
Gil. Aber ein junger mensch kan auch nichts davor/
daß ihm die strahlen so tieff in das hertze schlagen/ daß
er hernach mit seiner höchsten ungelegenheit den pos-
sen nachhängen muß.
Ros. Er solte klüger seyn.
Gil. Jch gebe ein gleichnüß. Wenn die Sonne
scheint/ kan sie zwar nicht davor daß einer eben in ih-
rem scheine herumb läufft und sommersprossen kriegt:
Doch ein guter kerle der in der sonne reisen muß kan
auch nicht davor/ daß er ein garstig gesichte bekömmt.
Ros. Das gleichnüß taug nicht. Wer heist man-
chen

Uberfl. gedancken andere gattung
Was du mir ſonſt nach abgelegten proben/
Auß billigkeit gebuͤhrlich angeloben
Und leiſten muſt.

Fill. Jch dachte es waͤre noch ſo obſcur. Welchen
die jungfer bey dieſer ſprache nicht verſteht/ der mag
immer darnach ſehen ob er im buche der verſchonung
ſteht.
Roſ. Allein die jungfern haben ſich uͤber das lied
zu beſchweren.
Gil. Jch wil nicht hoffen liebes Roſettgen.
Roſ. Er giebt den jungfern ſchuld/ als wenn ſie ur-
ſache zur liebe gaͤben. Und als wenn ſie ſolten darum
geſtrafft werden.
Gil. Vor eines verſteht ſich eine ſtraffe darunter/
die ohne muͤhe auszuſtehen iſt: Und vors andere iſt es
der warheit ſo unaͤhnlich nicht/ was geſagt wiꝛd. Denn
waͤren die jungfern nicht ſo artig/ ſo duͤrffte ſich ein ar-
mer ritter nicht verſchameriren.
Roſ. Jſt es wahr daß etliche jungfern artig ſind/ ſo
haben ſie es von natur/ und koͤnnen nichts davor/ wenn
jemand ohne ihre ſchuld den narren daran freſſen wil.
Gil. Aber ein junger menſch kan auch nichts davor/
daß ihm die ſtrahlen ſo tieff in das hertze ſchlagen/ daß
er hernach mit ſeiner hoͤchſten ungelegenheit den poſ-
ſen nachhaͤngen muß.
Roſ. Er ſolte kluͤger ſeyn.
Gil. Jch gebe ein gleichnuͤß. Wenn die Sonne
ſcheint/ kan ſie zwar nicht davor daß einer eben in ih-
rem ſcheine herumb laͤufft und ſommerſproſſen kriegt:
Doch ein guter kerle der in der ſonne reiſen muß kan
auch nicht davor/ daß er ein garſtig geſichte bekoͤmmt.
Roſ. Das gleichnuͤß taug nicht. Wer heiſt man-
chen
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <sp>
            <lg type="poem">
              <lg n="6">
                <pb facs="#f0404" n="388"/>
                <fw place="top" type="header">Uberfl. gedancken andere gattung</fw><lb/>
                <l>Was du mir &#x017F;on&#x017F;t nach abgelegten proben/</l><lb/>
                <l>Auß billigkeit gebu&#x0364;hrlich angeloben</l><lb/>
                <l>Und lei&#x017F;ten mu&#x017F;t.</l>
              </lg>
            </lg>
          </sp><lb/>
          <sp>
            <speaker>Fill.</speaker>
            <p>Jch dachte es wa&#x0364;re noch &#x017F;o ob&#x017F;cur. Welchen<lb/>
die jungfer bey die&#x017F;er &#x017F;prache nicht ver&#x017F;teht/ der mag<lb/>
immer darnach &#x017F;ehen ob er im buche der ver&#x017F;chonung<lb/>
&#x017F;teht.</p>
          </sp><lb/>
          <sp>
            <speaker>Ro&#x017F;.</speaker>
            <p>Allein die jungfern haben &#x017F;ich u&#x0364;ber das lied<lb/>
zu be&#x017F;chweren.</p>
          </sp><lb/>
          <sp>
            <speaker>Gil.</speaker>
            <p>Jch wil nicht hoffen liebes Ro&#x017F;ettgen.</p>
          </sp><lb/>
          <sp>
            <speaker>Ro&#x017F;.</speaker>
            <p>Er giebt den jungfern &#x017F;chuld/ als wenn &#x017F;ie ur-<lb/>
&#x017F;ache zur liebe ga&#x0364;ben. Und als wenn &#x017F;ie &#x017F;olten darum<lb/>
ge&#x017F;trafft werden.</p>
          </sp><lb/>
          <sp>
            <speaker>Gil.</speaker>
            <p>Vor eines ver&#x017F;teht &#x017F;ich eine &#x017F;traffe darunter/<lb/>
die ohne mu&#x0364;he auszu&#x017F;tehen i&#x017F;t: Und vors andere i&#x017F;t es<lb/>
der warheit &#x017F;o una&#x0364;hnlich nicht/ was ge&#x017F;agt wi&#xA75B;d. Denn<lb/>
wa&#x0364;ren die jungfern nicht &#x017F;o artig/ &#x017F;o du&#x0364;rffte &#x017F;ich ein ar-<lb/>
mer ritter nicht ver&#x017F;chameriren.</p>
          </sp><lb/>
          <sp>
            <speaker>Ro&#x017F;.</speaker>
            <p>J&#x017F;t es wahr daß etliche jungfern artig &#x017F;ind/ &#x017F;o<lb/>
haben &#x017F;ie es von natur/ und ko&#x0364;nnen nichts davor/ wenn<lb/>
jemand ohne ihre &#x017F;chuld den narren daran fre&#x017F;&#x017F;en wil.</p>
          </sp><lb/>
          <sp>
            <speaker>Gil.</speaker>
            <p>Aber ein junger men&#x017F;ch kan auch nichts davor/<lb/>
daß ihm die &#x017F;trahlen &#x017F;o tieff in das hertze &#x017F;chlagen/ daß<lb/>
er hernach mit &#x017F;einer ho&#x0364;ch&#x017F;ten ungelegenheit den po&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en nachha&#x0364;ngen muß.</p>
          </sp><lb/>
          <sp>
            <speaker>Ro&#x017F;.</speaker>
            <p>Er &#x017F;olte klu&#x0364;ger &#x017F;eyn.</p>
          </sp><lb/>
          <sp>
            <speaker>Gil.</speaker>
            <p>Jch gebe ein gleichnu&#x0364;ß. Wenn die Sonne<lb/>
&#x017F;cheint/ kan &#x017F;ie zwar nicht davor daß einer eben in ih-<lb/>
rem &#x017F;cheine herumb la&#x0364;ufft und &#x017F;ommer&#x017F;pro&#x017F;&#x017F;en kriegt:<lb/>
Doch ein guter kerle der in der &#x017F;onne rei&#x017F;en muß kan<lb/>
auch nicht davor/ daß er ein gar&#x017F;tig ge&#x017F;ichte beko&#x0364;mmt.</p>
          </sp><lb/>
          <sp>
            <speaker>Ro&#x017F;.</speaker>
            <p>Das gleichnu&#x0364;ß taug nicht. Wer hei&#x017F;t man-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">chen</fw><lb/></p>
          </sp>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[388/0404] Uberfl. gedancken andere gattung Was du mir ſonſt nach abgelegten proben/ Auß billigkeit gebuͤhrlich angeloben Und leiſten muſt. Fill. Jch dachte es waͤre noch ſo obſcur. Welchen die jungfer bey dieſer ſprache nicht verſteht/ der mag immer darnach ſehen ob er im buche der verſchonung ſteht. Roſ. Allein die jungfern haben ſich uͤber das lied zu beſchweren. Gil. Jch wil nicht hoffen liebes Roſettgen. Roſ. Er giebt den jungfern ſchuld/ als wenn ſie ur- ſache zur liebe gaͤben. Und als wenn ſie ſolten darum geſtrafft werden. Gil. Vor eines verſteht ſich eine ſtraffe darunter/ die ohne muͤhe auszuſtehen iſt: Und vors andere iſt es der warheit ſo unaͤhnlich nicht/ was geſagt wiꝛd. Denn waͤren die jungfern nicht ſo artig/ ſo duͤrffte ſich ein ar- mer ritter nicht verſchameriren. Roſ. Jſt es wahr daß etliche jungfern artig ſind/ ſo haben ſie es von natur/ und koͤnnen nichts davor/ wenn jemand ohne ihre ſchuld den narren daran freſſen wil. Gil. Aber ein junger menſch kan auch nichts davor/ daß ihm die ſtrahlen ſo tieff in das hertze ſchlagen/ daß er hernach mit ſeiner hoͤchſten ungelegenheit den poſ- ſen nachhaͤngen muß. Roſ. Er ſolte kluͤger ſeyn. Gil. Jch gebe ein gleichnuͤß. Wenn die Sonne ſcheint/ kan ſie zwar nicht davor daß einer eben in ih- rem ſcheine herumb laͤufft und ſommerſproſſen kriegt: Doch ein guter kerle der in der ſonne reiſen muß kan auch nicht davor/ daß er ein garſtig geſichte bekoͤmmt. Roſ. Das gleichnuͤß taug nicht. Wer heiſt man- chen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Die für das DTA ausgewählte Ausgabe von 1701 vere… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/weise_jugend_1701
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/weise_jugend_1701/404
Zitationshilfe: Weise, Christian: Überflüßige Gedancken Der grünenden jugend. Leipzig, 1701, S. 388. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weise_jugend_1701/404>, abgerufen am 23.06.2024.