Weise, Christian: Überflüßige Gedancken Der grünenden jugend. Leipzig, 1701.Fünfftes Gespräch. 9. Die messer sind sehr gut bestalt/ Drum wird die speise warm und kalt Den gästen niedlich schmecken: Und sonderlich die liebe braut/ Wird auff die henn' und sauerkraut Die finger fleissig lecken. Lis. Jch bin der sachen ein kind/ ich versteh mich nicht drauff. Ros. Und vor mich waren die worte zu hoch. Fill. Ein andermahl nehme sie einen an/ der sich un- ter den tisch setzt und singt/ so kommen die worte nie- drig gnung. Ros. Jch werde den rath in acht nehmen. Gil. Aber darbey verziehen wir über die zeit. Mel. Und ich vergesse gantz/ daß ich morgen ver- reisen soll. Ros. So wird es ihm leid seyn/ daß er sich in unse- rer geringen gesellschafft versäumt hat. Mel. Jch wolte das glücke führte mich offt in der- gleichen versäumnis. Ros. Jch weiß nicht/ ob er damit würde zu frieden seyn. Mel. Sehr wohl. Nun sie leben alle wohl! GOtt helffe/ daß ich alles in gutem wohlstande antreffe/ noch hundertmahl besser/ als ich es verlasse. Ros. Und er reise auch glücklich/ und wenn er wieder kömmt/ so bring er einen Doctor und eine liebste mit. Mel. Das war zu viel auf einen bissen/ es wäre an der helffte gnung. Fill. Es ist wahr/ wer ein Doctor ist/ bey dem gibt sich die liebste selbst an. Denn zu dieser zeit sind gar zu D d
Fuͤnfftes Geſpraͤch. 9. Die meſſer ſind ſehr gut beſtalt/ Drum wird die ſpeiſe warm und kalt Den gaͤſten niedlich ſchmecken: Und ſonderlich die liebe braut/ Wird auff die henn’ und ſauerkraut Die finger fleiſſig lecken. Liſ. Jch bin der ſachen ein kind/ ich verſteh mich nicht drauff. Roſ. Und vor mich waren die worte zu hoch. Fill. Ein andermahl nehme ſie einen an/ der ſich un- ter den tiſch ſetzt und ſingt/ ſo kommen die worte nie- drig gnung. Roſ. Jch werde den rath in acht nehmen. Gil. Aber darbey verziehen wir uͤber die zeit. Mel. Und ich vergeſſe gantz/ daß ich morgen ver- reiſen ſoll. Roſ. So wird es ihm leid ſeyn/ daß er ſich in unſe- rer geringen geſellſchafft verſaͤumt hat. Mel. Jch wolte das gluͤcke fuͤhrte mich offt in der- gleichen verſaͤumnis. Roſ. Jch weiß nicht/ ob er damit wuͤrde zu frieden ſeyn. Mel. Sehr wohl. Nun ſie leben alle wohl! GOtt helffe/ daß ich alles in gutem wohlſtande antreffe/ noch hundertmahl beſſer/ als ich es verlaſſe. Roſ. Und er reiſe auch gluͤcklich/ und weñ er wieder koͤmmt/ ſo bring er einen Doctor und eine liebſte mit. Mel. Das war zu viel auf einen biſſen/ es waͤre an der helffte gnung. Fill. Es iſt wahr/ wer ein Doctor iſt/ bey dem gibt ſich die liebſte ſelbſt an. Denn zu dieſer zeit ſind gar zu D d
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <sp> <lg type="poem"> <pb facs="#f0433" n="417"/> <fw place="top" type="header">Fuͤnfftes Geſpraͤch.</fw><lb/> <lg n="5"> <l>9. Die meſſer ſind ſehr gut beſtalt/</l><lb/> <l>Drum wird die ſpeiſe warm und kalt</l><lb/> <l>Den gaͤſten niedlich ſchmecken:</l><lb/> <l>Und ſonderlich die liebe braut/</l><lb/> <l>Wird auff die henn’ und ſauerkraut</l><lb/> <l>Die finger fleiſſig lecken.</l> </lg> </lg><lb/> <p>Gelt ihr jungfern/ das lied iſt gut gegeben?</p> </sp><lb/> <sp> <speaker>Liſ.</speaker> <p>Jch bin der ſachen ein kind/ ich verſteh mich<lb/> nicht drauff.</p> </sp><lb/> <sp> <speaker>Roſ.</speaker> <p>Und vor mich waren die worte zu hoch.</p> </sp><lb/> <sp> <speaker>Fill.</speaker> <p>Ein andermahl nehme ſie einen an/ der ſich un-<lb/> ter den tiſch ſetzt und ſingt/ ſo kommen die worte nie-<lb/> drig gnung.</p> </sp><lb/> <sp> <speaker>Roſ.</speaker> <p>Jch werde den rath in acht nehmen.</p> </sp><lb/> <sp> <speaker>Gil.</speaker> <p>Aber darbey verziehen wir uͤber die zeit.</p> </sp><lb/> <sp> <speaker>Mel.</speaker> <p>Und ich vergeſſe gantz/ daß ich morgen ver-<lb/> reiſen ſoll.</p> </sp><lb/> <sp> <speaker>Roſ.</speaker> <p>So wird es ihm leid ſeyn/ daß er ſich in unſe-<lb/> rer geringen geſellſchafft verſaͤumt hat.</p> </sp><lb/> <sp> <speaker>Mel.</speaker> <p>Jch wolte das gluͤcke fuͤhrte mich offt in der-<lb/> gleichen verſaͤumnis.</p> </sp><lb/> <sp> <speaker>Roſ.</speaker> <p>Jch weiß nicht/ ob er damit wuͤrde zu frieden<lb/> ſeyn.</p> </sp><lb/> <sp> <speaker>Mel.</speaker> <p>Sehr wohl. Nun ſie leben alle wohl! GOtt<lb/> helffe/ daß ich alles in gutem wohlſtande antreffe/ noch<lb/> hundertmahl beſſer/ als ich es verlaſſe.</p> </sp><lb/> <sp> <speaker>Roſ.</speaker> <p>Und er reiſe auch gluͤcklich/ und weñ er wieder<lb/> koͤmmt/ ſo bring er einen Doctor und eine liebſte mit.</p> </sp><lb/> <sp> <speaker>Mel.</speaker> <p><hi rendition="#fr">D</hi>as war zu viel auf einen biſſen/ es waͤre an<lb/> der helffte gnung.</p> </sp><lb/> <sp> <speaker>Fill.</speaker> <p>Es iſt wahr/ wer ein Doctor iſt/ bey dem gibt<lb/> ſich die liebſte ſelbſt an. <hi rendition="#fr">D</hi>enn zu dieſer zeit ſind gar<lb/> <fw place="bottom" type="sig">D d</fw><fw place="bottom" type="catch">zu</fw><lb/></p> </sp> </div> </div> </body> </text> </TEI> [417/0433]
Fuͤnfftes Geſpraͤch.
9. Die meſſer ſind ſehr gut beſtalt/
Drum wird die ſpeiſe warm und kalt
Den gaͤſten niedlich ſchmecken:
Und ſonderlich die liebe braut/
Wird auff die henn’ und ſauerkraut
Die finger fleiſſig lecken.
Gelt ihr jungfern/ das lied iſt gut gegeben?
Liſ. Jch bin der ſachen ein kind/ ich verſteh mich
nicht drauff.
Roſ. Und vor mich waren die worte zu hoch.
Fill. Ein andermahl nehme ſie einen an/ der ſich un-
ter den tiſch ſetzt und ſingt/ ſo kommen die worte nie-
drig gnung.
Roſ. Jch werde den rath in acht nehmen.
Gil. Aber darbey verziehen wir uͤber die zeit.
Mel. Und ich vergeſſe gantz/ daß ich morgen ver-
reiſen ſoll.
Roſ. So wird es ihm leid ſeyn/ daß er ſich in unſe-
rer geringen geſellſchafft verſaͤumt hat.
Mel. Jch wolte das gluͤcke fuͤhrte mich offt in der-
gleichen verſaͤumnis.
Roſ. Jch weiß nicht/ ob er damit wuͤrde zu frieden
ſeyn.
Mel. Sehr wohl. Nun ſie leben alle wohl! GOtt
helffe/ daß ich alles in gutem wohlſtande antreffe/ noch
hundertmahl beſſer/ als ich es verlaſſe.
Roſ. Und er reiſe auch gluͤcklich/ und weñ er wieder
koͤmmt/ ſo bring er einen Doctor und eine liebſte mit.
Mel. Das war zu viel auf einen biſſen/ es waͤre an
der helffte gnung.
Fill. Es iſt wahr/ wer ein Doctor iſt/ bey dem gibt
ſich die liebſte ſelbſt an. Denn zu dieſer zeit ſind gar
zu
D d
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/weise_jugend_1701 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/weise_jugend_1701/433 |
Zitationshilfe: | Weise, Christian: Überflüßige Gedancken Der grünenden jugend. Leipzig, 1701, S. 417. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weise_jugend_1701/433>, abgerufen am 23.06.2024. |