Weise, Christian: Überflüßige Gedancken Der grünenden jugend. Leipzig, 1701.Der beschützten Unschuld Borg. Höre Poncinello ich wolte dir hundert du- caten geben/ wenn ich dir trauen dürfte. Ponc. Herr/ wo geld liegt/ da wolte ich meinen va- ter erschlagen/ und wolte der groß-mutter auff das grab triumphiren. Borg. Aber kanstu auch schweigen? Ponc. Wenn mir das maul mit ducaten gestopft ist/ so schweig ich als ein kätzgen vor dem mauseloche. Borg. Wolan/ so nim es in acht/ wenn Camillo briefe oder boten schickt/ und bringe sie zu mir/ ich wil alsdenn sagen/ was du weiter thun solst. An gelde sol dirs nicht mangeln/ halte du nur reinen mund. Pon. Es ist gut ich wil es nicht vergessen/ unterdes- sen sein diener. (geht ab.) Borg. Halt du fuchsschwäntzer/ die falle ist gebaut/ du solst bezahlet werden/ oder du must gar ein glückes- kind seyn. Flavio kömmt/ Borgia stellt sich traurig. Flav. Wie so traurig Signor Borgia? Borg. Wie kan ich frölich seyn/ da mein liebster und vertrautester Camillo ohne mich in Franckreich gezogen ist. Flav. Wiederkommen macht/ daß man scheiden nicht acht. Borg. Aussenbleiben macht/ daß man scheiden gar viel acht. Flav. Ein cavallier hat viel mittel sich zu trösten. Borg. Unsere freundschafft war zu zart/ die ge- ringste entfernung geht ohne schmertzen nicht ab/ die- ser ring/ den ich von seiner hand bekommen/ erhält mir noch daß annehmliche andencken. Doch Signor Flav. vergebt mir/ daß ich ihn verlassen muß. (geht ab.) Flav.
Der beſchuͤtzten Unſchuld Borg. Hoͤre Poncinello ich wolte dir hundert du- caten geben/ wenn ich dir trauen duͤrfte. Ponc. Herr/ wo geld liegt/ da wolte ich meinen va- ter erſchlagen/ und wolte der groß-mutter auff das grab triumphiren. Borg. Aber kanſtu auch ſchweigen? Ponc. Wenn mir das maul mit ducaten geſtopft iſt/ ſo ſchweig ich als ein kaͤtzgen vor dem mauſeloche. Borg. Wolan/ ſo nim es in acht/ wenn Camillo briefe oder boten ſchickt/ und bringe ſie zu mir/ ich wil alsdenn ſagen/ was du weiter thun ſolſt. An gelde ſol dirs nicht mangeln/ halte du nur reinen mund. Pon. Es iſt gut ich wil es nicht veꝛgeſſen/ unterdeſ- ſen ſein diener. (geht ab.) Borg. Halt du fuchsſchwaͤntzeꝛ/ die falle iſt gebaut/ du ſolſt bezahlet werden/ oder du muſt gar ein gluͤckes- kind ſeyn. Flavio koͤmmt/ Borgia ſtellt ſich traurig. Flav. Wie ſo traurig Signor Borgia? Borg. Wie kan ich froͤlich ſeyn/ da mein liebſter und vertrauteſter Camillo ohne mich in Franckreich gezogen iſt. Flav. Wiederkommen macht/ daß man ſcheiden nicht acht. Borg. Auſſenbleiben macht/ daß man ſcheiden gar viel acht. Flav. Ein cavallier hat viel mittel ſich zu troͤſten. Borg. Unſere freundſchafft war zu zart/ die ge- ringſte entfernung geht ohne ſchmertzen nicht ab/ die- ſer ring/ den ich von ſeiner hand bekommen/ erhaͤlt mir noch daß annehmliche andencken. Doch Signor Flav. vergebt mir/ daß ich ihn verlaſſen muß. (geht ab.) Flav.
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0500" n="484"/> <fw place="top" type="header">Der beſchuͤtzten Unſchuld</fw><lb/> <sp> <speaker>Borg.</speaker> <p>Hoͤre Poncinello ich wolte dir hundert du-<lb/> caten geben/ wenn ich dir trauen duͤrfte.</p> </sp><lb/> <sp> <speaker>Ponc.</speaker> <p>Herr/ wo geld liegt/ da wolte ich meinen va-<lb/> ter erſchlagen/ und wolte der groß-mutter auff das<lb/> grab triumphiren.</p> </sp><lb/> <sp> <speaker>Borg.</speaker> <p>Aber kanſtu auch ſchweigen?</p> </sp><lb/> <sp> <speaker>Ponc.</speaker> <p>Wenn mir das maul mit ducaten geſtopft<lb/> iſt/ ſo ſchweig ich als ein kaͤtzgen vor dem mauſeloche.</p> </sp><lb/> <sp> <speaker>Borg.</speaker> <p>Wolan/ ſo nim es in acht/ wenn Camillo<lb/> briefe oder boten ſchickt/ und bringe ſie zu mir/ ich wil<lb/> alsdenn ſagen/ was du weiter thun ſolſt. An gelde ſol<lb/> dirs nicht mangeln/ halte du nur reinen mund.</p> </sp><lb/> <sp> <speaker>Pon.</speaker> <p>Es iſt gut ich wil es nicht veꝛgeſſen/ unterdeſ-<lb/> ſen ſein diener.</p> </sp> <stage> <hi rendition="#et">(geht ab.)</hi> </stage><lb/> <sp> <speaker>Borg.</speaker> <p>Halt du fuchsſchwaͤntzeꝛ/ die falle iſt gebaut/<lb/> du ſolſt bezahlet werden/ oder du muſt gar ein gluͤckes-<lb/> kind ſeyn.</p> </sp><lb/> <stage> <hi rendition="#c">Flavio koͤmmt/ Borgia ſtellt ſich traurig.</hi> </stage><lb/> <sp> <speaker>Flav.</speaker> <p>Wie ſo traurig Signor Borgia?</p> </sp><lb/> <sp> <speaker>Borg.</speaker> <p>Wie kan ich froͤlich ſeyn/ da mein liebſter<lb/> und vertrauteſter Camillo ohne mich in Franckreich<lb/> gezogen iſt.</p> </sp><lb/> <sp> <speaker>Flav.</speaker> <p>Wiederkommen macht/ daß man ſcheiden<lb/> nicht acht.</p> </sp><lb/> <sp> <speaker>Borg.</speaker> <p>Auſſenbleiben macht/ daß man ſcheiden<lb/> gar viel acht.</p> </sp><lb/> <sp> <speaker>Flav.</speaker> <p>Ein cavallier hat viel mittel ſich zu troͤſten.</p> </sp><lb/> <sp> <speaker>Borg.</speaker> <p>Unſere freundſchafft war zu zart/ die ge-<lb/> ringſte entfernung geht ohne ſchmertzen nicht ab/ die-<lb/> ſer ring/ den ich von ſeiner hand bekommen/ erhaͤlt mir<lb/> noch daß annehmliche andencken. Doch Signor Flav.<lb/> vergebt mir/ daß ich ihn verlaſſen muß.</p> </sp> <stage> <hi rendition="#et">(geht ab.)</hi> </stage><lb/> <fw place="bottom" type="catch">Flav.</fw><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [484/0500]
Der beſchuͤtzten Unſchuld
Borg. Hoͤre Poncinello ich wolte dir hundert du-
caten geben/ wenn ich dir trauen duͤrfte.
Ponc. Herr/ wo geld liegt/ da wolte ich meinen va-
ter erſchlagen/ und wolte der groß-mutter auff das
grab triumphiren.
Borg. Aber kanſtu auch ſchweigen?
Ponc. Wenn mir das maul mit ducaten geſtopft
iſt/ ſo ſchweig ich als ein kaͤtzgen vor dem mauſeloche.
Borg. Wolan/ ſo nim es in acht/ wenn Camillo
briefe oder boten ſchickt/ und bringe ſie zu mir/ ich wil
alsdenn ſagen/ was du weiter thun ſolſt. An gelde ſol
dirs nicht mangeln/ halte du nur reinen mund.
Pon. Es iſt gut ich wil es nicht veꝛgeſſen/ unterdeſ-
ſen ſein diener.
(geht ab.)
Borg. Halt du fuchsſchwaͤntzeꝛ/ die falle iſt gebaut/
du ſolſt bezahlet werden/ oder du muſt gar ein gluͤckes-
kind ſeyn.
Flavio koͤmmt/ Borgia ſtellt ſich traurig.
Flav. Wie ſo traurig Signor Borgia?
Borg. Wie kan ich froͤlich ſeyn/ da mein liebſter
und vertrauteſter Camillo ohne mich in Franckreich
gezogen iſt.
Flav. Wiederkommen macht/ daß man ſcheiden
nicht acht.
Borg. Auſſenbleiben macht/ daß man ſcheiden
gar viel acht.
Flav. Ein cavallier hat viel mittel ſich zu troͤſten.
Borg. Unſere freundſchafft war zu zart/ die ge-
ringſte entfernung geht ohne ſchmertzen nicht ab/ die-
ſer ring/ den ich von ſeiner hand bekommen/ erhaͤlt mir
noch daß annehmliche andencken. Doch Signor Flav.
vergebt mir/ daß ich ihn verlaſſen muß.
(geht ab.)
Flav.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDie für das DTA ausgewählte Ausgabe von 1701 vere… [mehr] Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |