Weise, Christian: Überflüßige Gedancken Der grünenden jugend. Leipzig, 1701.Erste Handlung. Flav. Was denck ich? was glaub ich? wem trau ich/ ist Borgia mit dem Camillo so vertraulich? warumb hat sich denn Camillo über dessen falschheit so offt be- klagt? warum hat er mich so vielfältig erinnert/ seiner freundschaft müssig zugehen? ja wohl/ es war kein ring mehr übrig/ den Flav. zum geschenck und zum ge- dächtnüß nehmen kunte/ drum war er gut genung/ das man ihn mit leeren worten abspeisete. O hätte ich mei- ne versprechungen wieder/ damit ich die köstliche freund- schaft von der welt zu versiegeln gedachte? aber damit sich das falsche gemüthe in seiner abwesenheit kützeln und belustigen wird. (er stehet etwas in gedancken) zwar solte dem Borgia wohl zu trauen seyn? solte er wohl durch dieses listige beginnen unsere liebe verstö- ren wollen? vielleicht habe ich schon wider die freund- schaft gehandelt/ daß ich wider des Camillo vermah- nung/ dem falsch gesinnten Borgia gehör gegeben. Es sey dahin gestellt: Die zeit wird der unschuld rich- ter seyn. (Hercules tritt auff.) Herc. Wie stehts Flavio/ ist Camillo fort? Flav. Ja Jhr Durchl. er gieng gestern mit der Meyländischen post fort/ und ließ sich zum abschied dero Hochfürstl. Gn. nochmahls unterthänigst befehlen. Herc. Mangelt es ihm an etwas? Flav. Es war alles recht bestellt Herc. Jst es mit dem wechsel richtig? Flav. Jch weiß nicht anders. Herc. Ach wenn er nur seine gesundheit in acht nehme. Flav. Darzu ist Camillo klug genung. Herc. Vielleicht kan er des Frantzösischen brodts nicht gewohnen. Flav. H h 3
Erſte Handlung. Flav. Was denck ich? was glaub ich? wem trau ich/ iſt Borgia mit dem Camillo ſo vertraulich? warumb hat ſich denn Camillo uͤber deſſen falſchheit ſo offt be- klagt? warum hat er mich ſo vielfaͤltig erinnert/ ſeiner freundſchaft muͤſſig zugehen? ja wohl/ es war kein ring mehr uͤbrig/ den Flav. zum geſchenck und zum ge- daͤchtnuͤß nehmen kunte/ drum war er gut genung/ das man ihn mit leeren worten abſpeiſete. O haͤtte ich mei- ne verſprechungẽ wieder/ damit ich die koͤſtliche fꝛeund- ſchaft von der welt zu verſiegeln gedachte? aber damit ſich das falſche gemuͤthe in ſeiner abweſenheit kuͤtzeln und beluſtigen wird. (er ſtehet etwas in gedanckẽ) zwar ſolte dem Borgia wohl zu trauen ſeyn? ſolte er wohl durch dieſes liſtige beginnen unſere liebe verſtoͤ- ren wollen? vielleicht habe ich ſchon wider die freund- ſchaft gehandelt/ daß ich wider des Camillo vermah- nung/ dem falſch geſinnten Borgia gehoͤr gegeben. Es ſey dahin geſtellt: Die zeit wird der unſchuld rich- ter ſeyn. (Hercules tritt auff.) Herc. Wie ſtehts Flavio/ iſt Camillo fort? Flav. Ja Jhr Durchl. er gieng geſtern mit der Meylaͤndiſchen poſt fort/ und ließ ſich zum abſchied dero Hochfuͤrſtl. Gn. nochmahls unterthaͤnigſt befehlẽ. Herc. Mangelt es ihm an etwas? Flav. Es war alles recht beſtellt Herc. Jſt es mit dem wechſel richtig? Flav. Jch weiß nicht anders. Herc. Ach wenn er nur ſeine geſundheit in acht nehme. Flav. Darzu iſt Camillo klug genung. Herc. Vielleicht kan er des Frantzoͤſiſchen brodts nicht gewohnen. Flav. H h 3
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Erſte Handlung.
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hat ſich denn Camillo uͤber deſſen falſchheit ſo offt be-
klagt? warum hat er mich ſo vielfaͤltig erinnert/ ſeiner
freundſchaft muͤſſig zugehen? ja wohl/ es war kein
ring mehr uͤbrig/ den Flav. zum geſchenck und zum ge-
daͤchtnuͤß nehmen kunte/ drum war er gut genung/ das
man ihn mit leeren worten abſpeiſete. O haͤtte ich mei-
ne verſprechungẽ wieder/ damit ich die koͤſtliche fꝛeund-
ſchaft von der welt zu verſiegeln gedachte? aber damit
ſich das falſche gemuͤthe in ſeiner abweſenheit kuͤtzeln
und beluſtigen wird. (er ſtehet etwas in gedanckẽ)
zwar ſolte dem Borgia wohl zu trauen ſeyn? ſolte er
wohl durch dieſes liſtige beginnen unſere liebe verſtoͤ-
ren wollen? vielleicht habe ich ſchon wider die freund-
ſchaft gehandelt/ daß ich wider des Camillo vermah-
nung/ dem falſch geſinnten Borgia gehoͤr gegeben.
Es ſey dahin geſtellt: Die zeit wird der unſchuld rich-
ter ſeyn.
(Hercules tritt auff.)
Herc. Wie ſtehts Flavio/ iſt Camillo fort?
Flav. Ja Jhr Durchl. er gieng geſtern mit der
Meylaͤndiſchen poſt fort/ und ließ ſich zum abſchied
dero Hochfuͤrſtl. Gn. nochmahls unterthaͤnigſt befehlẽ.
Herc. Mangelt es ihm an etwas?
Flav. Es war alles recht beſtellt
Herc. Jſt es mit dem wechſel richtig?
Flav. Jch weiß nicht anders.
Herc. Ach wenn er nur ſeine geſundheit in acht
nehme.
Flav. Darzu iſt Camillo klug genung.
Herc. Vielleicht kan er des Frantzoͤſiſchen brodts
nicht gewohnen.
Flav.
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Zitationshilfe: | Weise, Christian: Überflüßige Gedancken Der grünenden jugend. Leipzig, 1701, S. 485. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weise_jugend_1701/501>, abgerufen am 24.06.2024. |