Weise, Christian: Überflüßige Gedancken Der grünenden jugend. Leipzig, 1701.Andere Handlung. ten zugetheilet würde/ die ihm an dem zugedachten glü-cke verhindern könte. Soph. Hätte ich doch dem ehrlichen manne die un- höfligkeit nicht zugetraut. Leon. Er ist unschuldig/ höre nur: wir empfun- den diß anmuthen höchlich/ wiesen auch den Camillo mit schlechtem respect zurücke. Soph. Aber was hatte er gesündiget? Leon. Er solte seine rechtmässige liebste besuchen. Nun giengen wol fünf oder sechs wochen vorbey/ daß wir uns in dem haß gegen den Camillo befestigten/ und bey unterschiedlichen aus unserer freundschafft ansuchten/ wie wir uns bey solchem schimpfe zuverhal- ten hätten: Als der alte Camillo in unser hauß kömmt. Soph. Wolte er seine erinnerung auch mündlich thun? Leon. Ach viel anders. Er klagt/ sein sohn wäre in eine tödtliche kranckheit gefallen/ also daß er an sei- nem leben allbereit verzweiffelt hätte. Gleichwol wä- re kein doctor so klug gewese/ seine kranckheit ursprüng- lich zu errathen. Biß er endlich mit schmertzen erfah- ren müssen/ es habe ein leichtfertiger bösewicht in sei- nem namen ein brief geschrieben/ davon er die gering- ste wissenschafft nicht hätte. So ward die sache gut/ wir wurden stracks versprochen/ doch mit dem beding/ daß er noch zwey jahr mit seiner völligen vergnügung zurück stehen möchte. Soph. Aber woher war der brief kommen? Leon. Das haben wir noch diese stunde nicht er- fahren. (Borg ia kommt.) Soph. (steht auff) Jhr Gnaden/ wer ist dort? Leon.
Andere Handlung. ten zugetheilet wuͤrde/ die ihm an dem zugedachten gluͤ-cke verhindern koͤnte. Soph. Haͤtte ich doch dem ehrlichen manne die un- hoͤfligkeit nicht zugetraut. Leon. Er iſt unſchuldig/ hoͤre nur: wir empfun- den diß anmuthen hoͤchlich/ wieſen auch den Camillo mit ſchlechtem reſpect zuruͤcke. Soph. Aber was hatte er geſuͤndiget? Leon. Er ſolte ſeine rechtmaͤſſige liebſte beſuchen. Nun giengen wol fuͤnf oder ſechs wochen vorbey/ daß wir uns in dem haß gegen den Camillo befeſtigten/ und bey unterſchiedlichen aus unſerer freundſchafft anſuchten/ wie wir uns bey ſolchem ſchimpfe zuverhal- ten haͤtten: Als deꝛ alte Camillo in unſer hauß koͤmmt. Soph. Wolte er ſeine erinnerung auch muͤndlich thun? Leon. Ach viel anders. Er klagt/ ſein ſohn waͤre in eine toͤdtliche kranckheit gefallen/ alſo daß er an ſei- nem leben allbereit verzweiffelt haͤtte. Gleichwol waͤ- re kein doctor ſo klug geweſe/ ſeine kranckheit urſpruͤng- lich zu errathen. Biß er endlich mit ſchmertzen erfah- ren muͤſſen/ es habe ein leichtfertiger boͤſewicht in ſei- nem namen ein brief geſchrieben/ davon er die gering- ſte wiſſenſchafft nicht haͤtte. So ward die ſache gut/ wir wurden ſtracks verſprochen/ doch mit dem beding/ daß er noch zwey jahr mit ſeiner voͤlligen vergnuͤgung zuruͤck ſtehen moͤchte. Soph. Aber woher war der brief kommen? Leon. Das haben wir noch dieſe ſtunde nicht er- fahren. (Borg ia kommt.) Soph. (ſteht auff) Jhr Gnaden/ wer iſt dort? Leon.
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Andere Handlung.
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cke verhindern koͤnte.
Soph. Haͤtte ich doch dem ehrlichen manne die un-
hoͤfligkeit nicht zugetraut.
Leon. Er iſt unſchuldig/ hoͤre nur: wir empfun-
den diß anmuthen hoͤchlich/ wieſen auch den Camillo
mit ſchlechtem reſpect zuruͤcke.
Soph. Aber was hatte er geſuͤndiget?
Leon. Er ſolte ſeine rechtmaͤſſige liebſte beſuchen.
Nun giengen wol fuͤnf oder ſechs wochen vorbey/ daß
wir uns in dem haß gegen den Camillo befeſtigten/
und bey unterſchiedlichen aus unſerer freundſchafft
anſuchten/ wie wir uns bey ſolchem ſchimpfe zuverhal-
ten haͤtten: Als deꝛ alte Camillo in unſer hauß koͤmmt.
Soph. Wolte er ſeine erinnerung auch muͤndlich
thun?
Leon. Ach viel anders. Er klagt/ ſein ſohn waͤre
in eine toͤdtliche kranckheit gefallen/ alſo daß er an ſei-
nem leben allbereit verzweiffelt haͤtte. Gleichwol waͤ-
re kein doctor ſo klug geweſe/ ſeine kranckheit urſpruͤng-
lich zu errathen. Biß er endlich mit ſchmertzen erfah-
ren muͤſſen/ es habe ein leichtfertiger boͤſewicht in ſei-
nem namen ein brief geſchrieben/ davon er die gering-
ſte wiſſenſchafft nicht haͤtte. So ward die ſache gut/
wir wurden ſtracks verſprochen/ doch mit dem beding/
daß er noch zwey jahr mit ſeiner voͤlligen vergnuͤgung
zuruͤck ſtehen moͤchte.
Soph. Aber woher war der brief kommen?
Leon. Das haben wir noch dieſe ſtunde nicht er-
fahren.
(Borg ia kommt.)
Soph. (ſteht auff) Jhr Gnaden/ wer iſt dort?
Leon.
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Zitationshilfe: | Weise, Christian: Überflüßige Gedancken Der grünenden jugend. Leipzig, 1701, S. 491. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weise_jugend_1701/507>, abgerufen am 24.06.2024. |