Weise, Christian: Überflüßige Gedancken Der grünenden jugend. Leipzig, 1701.Der beschützten Unschuld Pon. Jch halte wol/ wer will euch was thun/ sie mö- gen es mit eurem Herrn ausfechten. Simpl. Nun lebt wol/ wenn ich gute abfertigung habe/ so sprech ich wieder ein. (geht ab.) Pon. Ja sprich nur ein: aber mit dem bedinge/ wo du kanst. Jch halte das einsprechen wird dir ver- gehn. Doch sieh da/ was mache ich mit den briefen/ ich solte sie verbrennen. Es verlohnt sich kaum der müh/ daß ich dessentwegen feuer anschlage. Das feu- er ist auch zu reputierlich darzu/ ich will es nach und nach dahin tragen/ wo man die wand mit dem blossen rücken ansieht/ biß alles dem Pontio Pilato aufgeopf- fert ist. (Geht ab.) Hercules/ Borgia. Herc. Es ist nicht anders/ die warheit ist an einem fürstlichen hofe seltzam. Borg. Sie ist seltzam: doch ist sie nicht gantz ver- bannt. Herc. Nicht verbant: doch unbekannt. Borg. Die zeit giebt die beste probe. Herc. Offt kömmt die probe zu langsam. Borg. Der fürst der im himmel wohnt/ weiß alles zu rechter zeit anzustellen: Sonderlich versäumet er die fürsten nicht/ auf welchen die gemeine wolfahrt ge- gründet ist. Herc. Wir an unserm orte/ sind demselben hohen danck schuldig/ das wir den höchsten und gefährlichsten irrthum so glücklich erkennen lernen. Borg. Hierinn erweiset Gott/ daß dero Hochfürstl. staat solle ewig währen. Herc. Vor diesem war Camillo mein getreuester diener. Borg.
Der beſchuͤtzten Unſchuld Pon. Jch halte wol/ wer will euch was thun/ ſie moͤ- gen es mit eurem Herꝛn ausfechten. Simpl. Nun lebt wol/ wenn ich gute abfertigung habe/ ſo ſprech ich wieder ein. (geht ab.) Pon. Ja ſprich nur ein: aber mit dem bedinge/ wo du kanſt. Jch halte das einſprechen wird dir ver- gehn. Doch ſieh da/ was mache ich mit den briefen/ ich ſolte ſie verbrennen. Es verlohnt ſich kaum der muͤh/ daß ich deſſentwegen feuer anſchlage. Das feu- er iſt auch zu reputierlich darzu/ ich will es nach und nach dahin tragen/ wo man die wand mit dem bloſſen ruͤcken anſieht/ biß alles dem Pontio Pilato aufgeopf- fert iſt. (Geht ab.) Hercules/ Borgia. Herc. Es iſt nicht anders/ die warheit iſt an einem fuͤrſtlichen hofe ſeltzam. Borg. Sie iſt ſeltzam: doch iſt ſie nicht gantz ver- bannt. Herc. Nicht verbant: doch unbekannt. Borg. Die zeit giebt die beſte probe. Herc. Offt koͤmmt die probe zu langſam. Borg. Der fuͤrſt der im him̃el wohnt/ weiß alles zu rechter zeit anzuſtellen: Sonderlich verſaͤumet er die fuͤrſten nicht/ auf welchen die gemeine wolfahrt ge- gruͤndet iſt. Herc. Wir an unſerm orte/ ſind demſelben hohen danck ſchuldig/ das wir den hoͤchſten und gefaͤhrlichſten iꝛrthum ſo gluͤcklich erkennen lernen. Borg. Hieriñ erweiſet Gott/ daß dero Hochfuͤrſtl. ſtaat ſolle ewig waͤhren. Herc. Vor dieſem war Camillo mein getreueſter diener. Borg.
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0532" n="516"/> <fw place="top" type="header">Der beſchuͤtzten Unſchuld</fw><lb/> <sp> <speaker>Pon.</speaker> <p>Jch halte wol/ wer will euch was thun/ ſie moͤ-<lb/> gen es mit eurem Herꝛn ausfechten.</p> </sp><lb/> <sp> <speaker>Simpl.</speaker> <p>Nun lebt wol/ wenn ich gute abfertigung<lb/> habe/ ſo ſprech ich wieder ein.</p> </sp> <stage> <hi rendition="#et">(geht ab.)</hi> </stage><lb/> <sp> <speaker>Pon.</speaker> <p>Ja ſprich nur ein: aber mit dem bedinge/ wo<lb/> du kanſt. Jch halte das einſprechen wird dir ver-<lb/> gehn. Doch ſieh da/ was mache ich mit den briefen/<lb/> ich ſolte ſie verbrennen. Es verlohnt ſich kaum der<lb/> muͤh/ daß ich deſſentwegen feuer anſchlage. Das feu-<lb/> er iſt auch zu reputierlich darzu/ ich will es nach und<lb/> nach dahin tragen/ wo man die wand mit dem bloſſen<lb/> ruͤcken anſieht/ biß alles dem Pontio Pilato aufgeopf-<lb/> fert iſt.</p> </sp> <stage> <hi rendition="#et">(Geht ab.)</hi> </stage><lb/> <stage> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#fr">Hercules/ Borgia.</hi> </hi> </stage><lb/> <sp> <speaker>Herc.</speaker> <p>Es iſt nicht anders/ die warheit iſt an einem<lb/> fuͤrſtlichen hofe ſeltzam.</p> </sp><lb/> <sp> <speaker>Borg.</speaker> <p>Sie iſt ſeltzam: doch iſt ſie nicht gantz ver-<lb/> bannt.</p> </sp><lb/> <sp> <speaker>Herc.</speaker> <p>Nicht verbant: doch unbekannt.</p> </sp><lb/> <sp> <speaker>Borg.</speaker> <p>Die zeit giebt die beſte probe.</p> </sp><lb/> <sp> <speaker>Herc.</speaker> <p>Offt koͤmmt die probe zu langſam.</p> </sp><lb/> <sp> <speaker>Borg.</speaker> <p>Der fuͤrſt der im him̃el wohnt/ weiß alles<lb/> zu rechter zeit anzuſtellen: Sonderlich verſaͤumet er<lb/> die fuͤrſten nicht/ auf welchen die gemeine wolfahrt ge-<lb/> gruͤndet iſt.</p> </sp><lb/> <sp> <speaker>Herc.</speaker> <p>Wir an unſerm orte/ ſind demſelben hohen<lb/> danck ſchuldig/ das wir den hoͤchſten und gefaͤhrlichſten<lb/> iꝛrthum ſo gluͤcklich erkennen lernen.</p> </sp><lb/> <sp> <speaker>Borg.</speaker> <p>Hieriñ erweiſet Gott/ daß dero Hochfuͤrſtl.<lb/> ſtaat ſolle ewig waͤhren.</p> </sp><lb/> <sp> <speaker>Herc.</speaker> <p>Vor dieſem war Camillo mein getreueſter<lb/> diener.</p> </sp><lb/> <fw place="bottom" type="catch">Borg.</fw><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [516/0532]
Der beſchuͤtzten Unſchuld
Pon. Jch halte wol/ wer will euch was thun/ ſie moͤ-
gen es mit eurem Herꝛn ausfechten.
Simpl. Nun lebt wol/ wenn ich gute abfertigung
habe/ ſo ſprech ich wieder ein.
(geht ab.)
Pon. Ja ſprich nur ein: aber mit dem bedinge/ wo
du kanſt. Jch halte das einſprechen wird dir ver-
gehn. Doch ſieh da/ was mache ich mit den briefen/
ich ſolte ſie verbrennen. Es verlohnt ſich kaum der
muͤh/ daß ich deſſentwegen feuer anſchlage. Das feu-
er iſt auch zu reputierlich darzu/ ich will es nach und
nach dahin tragen/ wo man die wand mit dem bloſſen
ruͤcken anſieht/ biß alles dem Pontio Pilato aufgeopf-
fert iſt.
(Geht ab.)
Hercules/ Borgia.
Herc. Es iſt nicht anders/ die warheit iſt an einem
fuͤrſtlichen hofe ſeltzam.
Borg. Sie iſt ſeltzam: doch iſt ſie nicht gantz ver-
bannt.
Herc. Nicht verbant: doch unbekannt.
Borg. Die zeit giebt die beſte probe.
Herc. Offt koͤmmt die probe zu langſam.
Borg. Der fuͤrſt der im him̃el wohnt/ weiß alles
zu rechter zeit anzuſtellen: Sonderlich verſaͤumet er
die fuͤrſten nicht/ auf welchen die gemeine wolfahrt ge-
gruͤndet iſt.
Herc. Wir an unſerm orte/ ſind demſelben hohen
danck ſchuldig/ das wir den hoͤchſten und gefaͤhrlichſten
iꝛrthum ſo gluͤcklich erkennen lernen.
Borg. Hieriñ erweiſet Gott/ daß dero Hochfuͤrſtl.
ſtaat ſolle ewig waͤhren.
Herc. Vor dieſem war Camillo mein getreueſter
diener.
Borg.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/weise_jugend_1701 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/weise_jugend_1701/532 |
Zitationshilfe: | Weise, Christian: Überflüßige Gedancken Der grünenden jugend. Leipzig, 1701, S. 516. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weise_jugend_1701/532>, abgerufen am 16.07.2024. |