Weise, Christian: Überflüßige Gedancken Der grünenden jugend. Leipzig, 1701.Der beschützten Unschuld (Poncinello läufft hinein.) Leon. Sophie bistu fertig? Soph. Ja Jhr Gn. Leon. So komm und folge mir. (Sie gehen ab.) Cam. Jch fange wieder an zu leben/ nachdem ich dieses anmuthige lust-wäldgen zu sehen bekomme/ wel- ches ich zum zeugen anruffen kan/ daß ich Leonoren/ und Leonore mich geliebet. Dieses sind die holdrei- chen klippen/ welche mir und meiner Leonoren gar zu bekandt waren/ diese bäume führen unsere nahmen noch an der rinde/ und dieses graß scheinet noch gebückt zu stehn/ gleich als solten wir darauff unsere kühle ruhe nehmen. Nun der himmel vergönne mir ins künffti- ge viel dergleichen spatzier-gänge. Jetzt muß ich meine gedancken zu befriedigen/ allwo die annehmlichste Leo- nore zur gefertin habe/ an diesem bächlein ein lager machen. (er legt sich nieder und schläft ein.) Leonore. Sophie. Leon. Wilstu mich auch betrüben? Soph. Jhr Gn. wolte ich gern geholffen wissen. Leon. Jch begehre keine hülffe/ die schmertzlicher ist/ als der schaden. Soph. Wo alles ersetzt wird/ da ist kein schaden mehr. Leon. Borgia kan mir den äusserlichen verlust er- statten/ aber wo finde ich meine innerliche vergnügung. Soph. Wenn aber Camillo entweder nicht wäre gebohren worden/ oder hätte sich anderweit bekandt gemacht/ wo hätte Leonore ihr innerlich vergnügen ge- sucht? Leon. Jn meiner freyheit. Soph.
Der beſchuͤtzten Unſchuld (Poncinello laͤufft hinein.) Leon. Sophie biſtu fertig? Soph. Ja Jhr Gn. Leon. So kom̃ und folge mir. (Sie gehen ab.) Cam. Jch fange wieder an zu leben/ nachdem ich dieſes anmuthige luſt-waͤldgen zu ſehen bekomme/ wel- ches ich zum zeugen anruffen kan/ daß ich Leonoren/ und Leonore mich geliebet. Dieſes ſind die holdrei- chen klippen/ welche mir und meiner Leonoren gar zu bekandt waren/ dieſe baͤume fuͤhren unſere nahmen noch an der rinde/ und dieſes graß ſcheinet noch gebuͤckt zu ſtehn/ gleich als ſolten wir darauff unſere kuͤhle ruhe nehmen. Nun der himmel vergoͤnne mir ins kuͤnffti- ge viel dergleichen ſpatzier-gaͤnge. Jetzt muß ich meine gedancken zu befriedigen/ allwo die annehmlichſte Leo- nore zur gefertin habe/ an dieſem baͤchlein ein lager machen. (er legt ſich nieder und ſchlaͤft ein.) Leonore. Sophie. Leon. Wilſtu mich auch betruͤben? Soph. Jhr Gn. wolte ich gern geholffen wiſſen. Leon. Jch begehre keine huͤlffe/ die ſchmertzlicher iſt/ als der ſchaden. Soph. Wo alles erſetzt wird/ da iſt kein ſchaden mehr. Leon. Borgia kan mir den aͤuſſerlichen verluſt er- ſtatten/ aber wo finde ich meine innerliche veꝛgnuͤgung. Soph. Wenn aber Camillo entweder nicht waͤre gebohren worden/ oder haͤtte ſich anderweit bekandt gemacht/ wo haͤtte Leonore ihr innerlich vergnuͤgen ge- ſucht? Leon. Jn meiner freyheit. Soph.
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0550" n="534"/> <fw place="top" type="header">Der beſchuͤtzten Unſchuld</fw><lb/> <stage> <hi rendition="#c">(Poncinello laͤufft hinein.)</hi> </stage><lb/> <sp> <speaker>Leon.</speaker> <p>Sophie biſtu fertig?</p> </sp><lb/> <sp> <speaker>Soph.</speaker> <p>Ja Jhr Gn.</p> </sp><lb/> <sp> <speaker>Leon.</speaker> <p>So kom̃ und folge mir.</p> </sp> <stage>(Sie gehen ab.)</stage><lb/> <sp> <speaker>Cam.</speaker> <p>Jch fange wieder an zu leben/ nachdem ich<lb/> dieſes anmuthige luſt-waͤldgen zu ſehen bekomme/ wel-<lb/> ches ich zum zeugen anruffen kan/ daß ich Leonoren/<lb/> und Leonore mich geliebet. Dieſes ſind die holdrei-<lb/> chen klippen/ welche mir und meiner Leonoren gar zu<lb/> bekandt waren/ dieſe baͤume fuͤhren unſere nahmen<lb/> noch an der rinde/ und dieſes graß ſcheinet noch gebuͤckt<lb/> zu ſtehn/ gleich als ſolten wir darauff unſere kuͤhle ruhe<lb/> nehmen. Nun der himmel vergoͤnne mir ins kuͤnffti-<lb/> ge viel dergleichen ſpatzier-gaͤnge. Jetzt muß ich meine<lb/> gedancken zu befriedigen/ allwo die annehmlichſte Leo-<lb/> nore zur gefertin habe/ an dieſem baͤchlein ein lager<lb/> machen.</p> </sp> <stage>(er legt ſich nieder und ſchlaͤft ein.)</stage><lb/> <stage> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#fr">Leonore. Sophie.</hi> </hi> </stage><lb/> <sp> <speaker>Leon.</speaker> <p>Wilſtu mich auch betruͤben?</p> </sp><lb/> <sp> <speaker>Soph.</speaker> <p>Jhr Gn. wolte ich gern geholffen wiſſen.</p> </sp><lb/> <sp> <speaker>Leon.</speaker> <p>Jch begehre keine huͤlffe/ die ſchmertzlicher<lb/> iſt/ als der ſchaden.</p> </sp><lb/> <sp> <speaker>Soph.</speaker> <p>Wo alles erſetzt wird/ da iſt kein ſchaden<lb/> mehr.</p> </sp><lb/> <sp> <speaker>Leon.</speaker> <p>Borgia kan mir den aͤuſſerlichen verluſt er-<lb/> ſtatten/ aber wo finde ich meine innerliche veꝛgnuͤgung.</p> </sp><lb/> <sp> <speaker>Soph.</speaker> <p>Wenn aber Camillo entweder nicht waͤre<lb/> gebohren worden/ oder haͤtte ſich anderweit bekandt<lb/> gemacht/ wo haͤtte Leonore ihr innerlich vergnuͤgen ge-<lb/> ſucht?</p> </sp><lb/> <sp> <speaker>Leon.</speaker> <p>Jn meiner freyheit.</p> </sp><lb/> <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#fr">Soph.</hi> </fw><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [534/0550]
Der beſchuͤtzten Unſchuld
(Poncinello laͤufft hinein.)
Leon. Sophie biſtu fertig?
Soph. Ja Jhr Gn.
Leon. So kom̃ und folge mir.
(Sie gehen ab.)
Cam. Jch fange wieder an zu leben/ nachdem ich
dieſes anmuthige luſt-waͤldgen zu ſehen bekomme/ wel-
ches ich zum zeugen anruffen kan/ daß ich Leonoren/
und Leonore mich geliebet. Dieſes ſind die holdrei-
chen klippen/ welche mir und meiner Leonoren gar zu
bekandt waren/ dieſe baͤume fuͤhren unſere nahmen
noch an der rinde/ und dieſes graß ſcheinet noch gebuͤckt
zu ſtehn/ gleich als ſolten wir darauff unſere kuͤhle ruhe
nehmen. Nun der himmel vergoͤnne mir ins kuͤnffti-
ge viel dergleichen ſpatzier-gaͤnge. Jetzt muß ich meine
gedancken zu befriedigen/ allwo die annehmlichſte Leo-
nore zur gefertin habe/ an dieſem baͤchlein ein lager
machen.
(er legt ſich nieder und ſchlaͤft ein.)
Leonore. Sophie.
Leon. Wilſtu mich auch betruͤben?
Soph. Jhr Gn. wolte ich gern geholffen wiſſen.
Leon. Jch begehre keine huͤlffe/ die ſchmertzlicher
iſt/ als der ſchaden.
Soph. Wo alles erſetzt wird/ da iſt kein ſchaden
mehr.
Leon. Borgia kan mir den aͤuſſerlichen verluſt er-
ſtatten/ aber wo finde ich meine innerliche veꝛgnuͤgung.
Soph. Wenn aber Camillo entweder nicht waͤre
gebohren worden/ oder haͤtte ſich anderweit bekandt
gemacht/ wo haͤtte Leonore ihr innerlich vergnuͤgen ge-
ſucht?
Leon. Jn meiner freyheit.
Soph.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDie für das DTA ausgewählte Ausgabe von 1701 vere… [mehr] Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |