Weise, Christian: Überflüßige Gedancken Der grünenden jugend. Leipzig, 1701.Vierdte Handlung. Soph. Camillo hat den bund gebrochen/ und Leo- noren wieder frey gemacht. Leon. Die freyheit ist eine rose/ die kan man nicht so schön auf den stock setzen/ als man sie abgepflückt hat. Soph. Aber Leonore ist eine rose/ welche sich durch beywohnenden verstand besser rathen kan. Leon. Die liebe ist ein meelthau/ dadurch die frey- heit des glantzes beraubet wird. Soph. Gebietendes fräulein/ mit gleichnissen wird nichts erwiesen. Leon. Mehr als zuviel. Soph. Wie viel personen sind in Ferrara/ welche das glück nicht ausschlagen würden. Leon. Dieselben haben den Camillo nicht geliebt. Soph. Was Camillo war/ das ist Borgia. Leon. So muß er auch untreu seyn. Soph. Borgia ist/ was Camillo war/ nicht was er itzund ist. Leon. Weit gefehlt/ Camillo war meine freude/ das ist Borgia noch nicht. Soph. Jhr Gn. lasse die einbildung fahren. Leon. Wo ich mir nichts einbilden sol/ da kan ich auch nicht lieben. Soph. Sie bilde sich diß ein/ was der fürst befiehlt. Leon. Sophie laß meine gedancken unverwirt. (sie gehn stille fort/ endlich sehn sie den Camillo schlaffend.) Leon. Ach Sophie hier liegt ein mannsbild. Soph. Es muß iemand vornehmes seyn/ die klei- dung ist zu artig. Leon. Komm laß uns davon eylen. Soph. Er schläfft/ wir wollen sachte gehn. (Camil- L l 4
Vierdte Handlung. Soph. Camillo hat den bund gebrochen/ und Leo- noren wieder frey gemacht. Leon. Die freyheit iſt eine roſe/ die kan man nicht ſo ſchoͤn auf den ſtock ſetzen/ als man ſie abgepfluͤckt hat. Soph. Aber Leonore iſt eine roſe/ welche ſich durch beywohnenden verſtand beſſer rathen kan. Leon. Die liebe iſt ein meelthau/ dadurch die frey- heit des glantzes beraubet wird. Soph. Gebietendes fꝛaͤulein/ mit gleichniſſen wird nichts erwieſen. Leon. Mehr als zuviel. Soph. Wie viel perſonen ſind in Feꝛrara/ welche das gluͤck nicht ausſchlagen wuͤrden. Leon. Dieſelben haben den Camillo nicht geliebt. Soph. Was Camillo war/ das iſt Borgia. Leon. So muß er auch untreu ſeyn. Soph. Borgia iſt/ was Camillo war/ nicht was er itzund iſt. Leon. Weit gefehlt/ Camillo war meine freude/ das iſt Borgia noch nicht. Soph. Jhr Gn. laſſe die einbildung fahren. Leon. Wo ich mir nichts einbilden ſol/ da kan ich auch nicht lieben. Soph. Sie bilde ſich diß ein/ was der fuͤꝛſt befiehlt. Leon. Sophie laß meine gedancken unverwirt. (ſie gehn ſtille fort/ endlich ſehn ſie den Camillo ſchlaffend.) Leon. Ach Sophie hier liegt ein mannsbild. Soph. Es muß iemand vornehmes ſeyn/ die klei- dung iſt zu artig. Leon. Komm laß uns davon eylen. Soph. Er ſchlaͤfft/ wir wollen ſachte gehn. (Camil- L l 4
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0551" n="535"/> <fw place="top" type="header">Vierdte Handlung.</fw><lb/> <sp> <speaker>Soph.</speaker> <p>Camillo hat den bund gebrochen/ und Leo-<lb/> noren wieder frey gemacht.</p> </sp><lb/> <sp> <speaker>Leon.</speaker> <p>Die freyheit iſt eine roſe/ die kan man nicht<lb/> ſo ſchoͤn auf den ſtock ſetzen/ als man ſie abgepfluͤckt hat.</p> </sp><lb/> <sp> <speaker>Soph.</speaker> <p>Aber Leonore iſt eine roſe/ welche ſich durch<lb/> beywohnenden verſtand beſſer rathen kan.</p> </sp><lb/> <sp> <speaker>Leon.</speaker> <p>Die liebe iſt ein meelthau/ dadurch die frey-<lb/> heit des glantzes beraubet wird.</p> </sp><lb/> <sp> <speaker>Soph.</speaker> <p>Gebietendes fꝛaͤulein/ mit gleichniſſen wird<lb/> nichts erwieſen.</p> </sp><lb/> <sp> <speaker>Leon.</speaker> <p>Mehr als zuviel.</p> </sp><lb/> <sp> <speaker>Soph.</speaker> <p>Wie viel perſonen ſind in Feꝛrara/ welche<lb/> das gluͤck nicht ausſchlagen wuͤrden.</p> </sp><lb/> <sp> <speaker>Leon.</speaker> <p>Dieſelben haben den Camillo nicht geliebt.</p> </sp><lb/> <sp> <speaker>Soph.</speaker> <p>Was Camillo war/ das iſt Borgia.</p> </sp><lb/> <sp> <speaker>Leon.</speaker> <p>So muß er auch untreu ſeyn.</p> </sp><lb/> <sp> <speaker>Soph.</speaker> <p>Borgia iſt/ was Camillo war/ nicht was<lb/> er itzund iſt.</p> </sp><lb/> <sp> <speaker>Leon.</speaker> <p>Weit gefehlt/ Camillo war meine freude/ das<lb/> iſt Borgia noch nicht.</p> </sp><lb/> <sp> <speaker>Soph.</speaker> <p>Jhr Gn. laſſe die einbildung fahren.</p> </sp><lb/> <sp> <speaker>Leon.</speaker> <p>Wo ich mir nichts einbilden ſol/ da kan ich<lb/> auch nicht lieben.</p> </sp><lb/> <sp> <speaker>Soph.</speaker> <p>Sie bilde ſich diß ein/ was der fuͤꝛſt befiehlt.</p> </sp><lb/> <sp> <speaker>Leon.</speaker> <p>Sophie laß meine gedancken unverwirt.</p> </sp><lb/> <stage> <hi rendition="#c">(ſie gehn ſtille fort/ endlich ſehn ſie den<lb/> Camillo ſchlaffend.)</hi> </stage><lb/> <sp> <speaker>Leon.</speaker> <p>Ach Sophie hier liegt ein mannsbild.</p> </sp><lb/> <sp> <speaker>Soph.</speaker> <p>Es muß iemand vornehmes ſeyn/ die klei-<lb/> dung iſt zu artig.</p> </sp><lb/> <sp> <speaker>Leon.</speaker> <p>Komm laß uns davon eylen.</p> </sp><lb/> <sp> <speaker>Soph.</speaker> <p>Er ſchlaͤfft/ wir wollen ſachte gehn.</p> </sp><lb/> <fw place="bottom" type="sig">L l 4</fw> <fw place="bottom" type="catch">(Camil-</fw><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [535/0551]
Vierdte Handlung.
Soph. Camillo hat den bund gebrochen/ und Leo-
noren wieder frey gemacht.
Leon. Die freyheit iſt eine roſe/ die kan man nicht
ſo ſchoͤn auf den ſtock ſetzen/ als man ſie abgepfluͤckt hat.
Soph. Aber Leonore iſt eine roſe/ welche ſich durch
beywohnenden verſtand beſſer rathen kan.
Leon. Die liebe iſt ein meelthau/ dadurch die frey-
heit des glantzes beraubet wird.
Soph. Gebietendes fꝛaͤulein/ mit gleichniſſen wird
nichts erwieſen.
Leon. Mehr als zuviel.
Soph. Wie viel perſonen ſind in Feꝛrara/ welche
das gluͤck nicht ausſchlagen wuͤrden.
Leon. Dieſelben haben den Camillo nicht geliebt.
Soph. Was Camillo war/ das iſt Borgia.
Leon. So muß er auch untreu ſeyn.
Soph. Borgia iſt/ was Camillo war/ nicht was
er itzund iſt.
Leon. Weit gefehlt/ Camillo war meine freude/ das
iſt Borgia noch nicht.
Soph. Jhr Gn. laſſe die einbildung fahren.
Leon. Wo ich mir nichts einbilden ſol/ da kan ich
auch nicht lieben.
Soph. Sie bilde ſich diß ein/ was der fuͤꝛſt befiehlt.
Leon. Sophie laß meine gedancken unverwirt.
(ſie gehn ſtille fort/ endlich ſehn ſie den
Camillo ſchlaffend.)
Leon. Ach Sophie hier liegt ein mannsbild.
Soph. Es muß iemand vornehmes ſeyn/ die klei-
dung iſt zu artig.
Leon. Komm laß uns davon eylen.
Soph. Er ſchlaͤfft/ wir wollen ſachte gehn.
(Camil-
L l 4
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDie für das DTA ausgewählte Ausgabe von 1701 vere… [mehr] Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |