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Weise, Christian: Überflüßige Gedancken Der grünenden jugend. Leipzig, 1701.

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Der beschützten unschuld
Cam. Sieh! hätte ich doch bald meinen Ponci-
eello nicht gekandt/ steh auff Poncinello/ dein Herr ist
wiederkommen/ wilstu ihn nicht willkommen heissen?
Ponc. Wäret ihr kommen da ich lebendig war.
Cam. Stelle dich nicht so närrisch.
Ponc. Jch weiß nicht was ihr sagt.
Cam. (richtet ihn auf) Rede doch mit mir.
Ponc. (stellt sich gantz tumm/ als wenn er
auf kein bein treten könte.)
Lasst mich gehn/ ich
bin gewiß todt gefallen/ ich fühlte es gar eigentlich/ daß
mir das leben durch die caldaunen/ die kehle hinauff/
und zum lincken ohresloch hinaus fuhr.
(Claudio kömmt mit seiner rotte.)
Claud. Camillo gebt euch auff des Fürsten befehl
gefangen.
Cam. Jch soll mich gefangen geben?
Claud. Es ist wie ich sage. Nun steht es in euer
gewalt/ ob ihr mit guten oder mit bösen wollt?
Cam. Aber warum sol ich gefangen seyn?
Claud. Wir sind diener/ was uns befohlen wird/
das mögen die herren verantworten.
Cam. Bin ich nun auff allen seiten verrathen?
Claud. Gebt den degen von euch.
Cam. Jch wil den degen Jhro Durchl. selbst über-
liefern.
Claud. Uns ist es anders befohlen worden.
Cam. Ach daß ich meine tapfferkeit verbergen muß!
doch ich wil dem fürstlichen befehl nicht widerstreben.
Die warheit und die unschuld sollen mich auch mitten
im finsternüß erleuchten.
(Sie führen ihn davon.)
Ponc. Jst er weg? nun bin ich nicht tod. Das
war
Der beſchuͤtzten unſchuld
Cam. Sieh! haͤtte ich doch bald meinen Ponci-
eello nicht gekandt/ ſteh auff Poncinello/ dein Herꝛ iſt
wiederkommen/ wilſtu ihn nicht willkommen heiſſen?
Ponc. Waͤret ihr kommen da ich lebendig war.
Cam. Stelle dich nicht ſo naͤrꝛiſch.
Ponc. Jch weiß nicht was ihr ſagt.
Cam. (richtet ihn auf) Rede doch mit mir.
Ponc. (ſtellt ſich gantz tumm/ als wenn er
auf kein bein treten koͤnte.)
Laſſt mich gehn/ ich
bin gewiß todt gefallen/ ich fuͤhlte es gar eigentlich/ daß
mir das leben durch die caldaunen/ die kehle hinauff/
und zum lincken ohresloch hinaus fuhr.
(Claudio koͤmmt mit ſeiner rotte.)
Claud. Camillo gebt euch auff des Fuͤrſten befehl
gefangen.
Cam. Jch ſoll mich gefangen geben?
Claud. Es iſt wie ich ſage. Nun ſteht es in euer
gewalt/ ob ihr mit guten oder mit boͤſen wollt?
Cam. Aber warum ſol ich gefangen ſeyn?
Claud. Wir ſind diener/ was uns befohlen wird/
das moͤgen die herꝛen verantworten.
Cam. Bin ich nun auff allen ſeiten verꝛathen?
Claud. Gebt den degen von euch.
Cam. Jch wil den degen Jhro Durchl. ſelbſt uͤber-
liefern.
Claud. Uns iſt es anders befohlen worden.
Cam. Ach daß ich meine tapffeꝛkeit verbeꝛgen muß!
doch ich wil dem fuͤrſtlichen befehl nicht widerſtreben.
Die warheit und die unſchuld ſollen mich auch mitten
im finſternuͤß erleuchten.
(Sie fuͤhren ihn davon.)
Ponc. Jſt er weg? nun bin ich nicht tod. Das
war
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[542/0558] Der beſchuͤtzten unſchuld Cam. Sieh! haͤtte ich doch bald meinen Ponci- eello nicht gekandt/ ſteh auff Poncinello/ dein Herꝛ iſt wiederkommen/ wilſtu ihn nicht willkommen heiſſen? Ponc. Waͤret ihr kommen da ich lebendig war. Cam. Stelle dich nicht ſo naͤrꝛiſch. Ponc. Jch weiß nicht was ihr ſagt. Cam. (richtet ihn auf) Rede doch mit mir. Ponc. (ſtellt ſich gantz tumm/ als wenn er auf kein bein treten koͤnte.) Laſſt mich gehn/ ich bin gewiß todt gefallen/ ich fuͤhlte es gar eigentlich/ daß mir das leben durch die caldaunen/ die kehle hinauff/ und zum lincken ohresloch hinaus fuhr. (Claudio koͤmmt mit ſeiner rotte.) Claud. Camillo gebt euch auff des Fuͤrſten befehl gefangen. Cam. Jch ſoll mich gefangen geben? Claud. Es iſt wie ich ſage. Nun ſteht es in euer gewalt/ ob ihr mit guten oder mit boͤſen wollt? Cam. Aber warum ſol ich gefangen ſeyn? Claud. Wir ſind diener/ was uns befohlen wird/ das moͤgen die herꝛen verantworten. Cam. Bin ich nun auff allen ſeiten verꝛathen? Claud. Gebt den degen von euch. Cam. Jch wil den degen Jhro Durchl. ſelbſt uͤber- liefern. Claud. Uns iſt es anders befohlen worden. Cam. Ach daß ich meine tapffeꝛkeit verbeꝛgen muß! doch ich wil dem fuͤrſtlichen befehl nicht widerſtreben. Die warheit und die unſchuld ſollen mich auch mitten im finſternuͤß erleuchten. (Sie fuͤhren ihn davon.) Ponc. Jſt er weg? nun bin ich nicht tod. Das war

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Zitationshilfe: Weise, Christian: Überflüßige Gedancken Der grünenden jugend. Leipzig, 1701, S. 542. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weise_jugend_1701/558>, abgerufen am 16.06.2024.