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Weismann, August: Das Keimplasma. Eine Theorie der Vererbung. Jena, 1892.

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Keimbahnen bei Pflanzen und Polypen lehrt, so erhalten wir
darauf eine für die bisherige Anschauungsweise vieler Botaniker
sehr bezeichnende Antwort von de Vries, nämlich die, dass
die ganze von mir aufgeworfene Frage von der Con-
tinuität des Keimplasma's eine müssige sei
. "Die ganze
Frage, ob somatisches Plasma sich in Keimplasma verwandeln
kann, entbehrt" für ihn "der thatsächlichen Grundlage". "Nie
entsteht," sagt de Vries, "eine Keimbahn aus einer somatischen
Bahn" und "eine Continuität der Keimzellen findet nicht etwa
in den allerseltensten Fällen statt, sondern ist überall und aus-
nahmslos, wenn auch oft auf langem Wege, durch die Keim-
bahnen gegeben."

Diese Sätze nun sagen mit Ausnahme des letzten derselben
nichts Anderes aus, als was auch ich behauptet habe, und der
scheinbare Widerspruch beruht einfach darauf, dass de Vries
die von mir gebrauchten Worte in einem andern Sinn nimmt.
Wenn ich sagte, dass somatische Zellen in zahllosen Fällen
Keimzellen hervorbringen, so meinte ich damit diejenigen soma-
tischen Zellen, die in der ja gerade dafür von mir aufgestellten
Keimbahn liegen. De Vries aber bestreitet diesen Zellen den
somatischen Charakter, weil sie auch nach seiner Ansicht "Keim-
substanz" enthalten. Ich würde nun an und für sich wenig
Gewicht auf den blossen Namen legen, wenn nicht an dem
Namen hier auch ein sehr bestimmter Begriff hinge, dessen
Aufgeben zur Verwirrung führt. Ich muss es für gefährlich
halten, eine dritte Kategorie von Zellen zwischen Somazellen
und Keimzellen einzuschieben, die "Keimbahnzellen". Erstens
ist es unpraktisch, weil man einer Zelle nicht ansehen kann,
ob sie in der Keimbahn liegt, und dann führt es zu einer
völligen Verwischung der Begriffe des Soma und der Keimzelle,
weil, wie in den vorhergehenden Capiteln gezeigt wurde, eine
Menge unbestreitbarer Körperzellen bei Pflanzen- und Thier-

Weismann, Das Keimplasma. 18

Keimbahnen bei Pflanzen und Polypen lehrt, so erhalten wir
darauf eine für die bisherige Anschauungsweise vieler Botaniker
sehr bezeichnende Antwort von de Vries, nämlich die, dass
die ganze von mir aufgeworfene Frage von der Con-
tinuität des Keimplasma’s eine müssige sei
. „Die ganze
Frage, ob somatisches Plasma sich in Keimplasma verwandeln
kann, entbehrt“ für ihn „der thatsächlichen Grundlage“. „Nie
entsteht,“ sagt de Vries, „eine Keimbahn aus einer somatischen
Bahn“ und „eine Continuität der Keimzellen findet nicht etwa
in den allerseltensten Fällen statt, sondern ist überall und aus-
nahmslos, wenn auch oft auf langem Wege, durch die Keim-
bahnen gegeben.“

Diese Sätze nun sagen mit Ausnahme des letzten derselben
nichts Anderes aus, als was auch ich behauptet habe, und der
scheinbare Widerspruch beruht einfach darauf, dass de Vries
die von mir gebrauchten Worte in einem andern Sinn nimmt.
Wenn ich sagte, dass somatische Zellen in zahllosen Fällen
Keimzellen hervorbringen, so meinte ich damit diejenigen soma-
tischen Zellen, die in der ja gerade dafür von mir aufgestellten
Keimbahn liegen. De Vries aber bestreitet diesen Zellen den
somatischen Charakter, weil sie auch nach seiner Ansicht „Keim-
substanz“ enthalten. Ich würde nun an und für sich wenig
Gewicht auf den blossen Namen legen, wenn nicht an dem
Namen hier auch ein sehr bestimmter Begriff hinge, dessen
Aufgeben zur Verwirrung führt. Ich muss es für gefährlich
halten, eine dritte Kategorie von Zellen zwischen Somazellen
und Keimzellen einzuschieben, die „Keimbahnzellen“. Erstens
ist es unpraktisch, weil man einer Zelle nicht ansehen kann,
ob sie in der Keimbahn liegt, und dann führt es zu einer
völligen Verwischung der Begriffe des Soma und der Keimzelle,
weil, wie in den vorhergehenden Capiteln gezeigt wurde, eine
Menge unbestreitbarer Körperzellen bei Pflanzen- und Thier-

Weismann, Das Keimplasma. 18
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[273/0297] Keimbahnen bei Pflanzen und Polypen lehrt, so erhalten wir darauf eine für die bisherige Anschauungsweise vieler Botaniker sehr bezeichnende Antwort von de Vries, nämlich die, dass die ganze von mir aufgeworfene Frage von der Con- tinuität des Keimplasma’s eine müssige sei. „Die ganze Frage, ob somatisches Plasma sich in Keimplasma verwandeln kann, entbehrt“ für ihn „der thatsächlichen Grundlage“. „Nie entsteht,“ sagt de Vries, „eine Keimbahn aus einer somatischen Bahn“ und „eine Continuität der Keimzellen findet nicht etwa in den allerseltensten Fällen statt, sondern ist überall und aus- nahmslos, wenn auch oft auf langem Wege, durch die Keim- bahnen gegeben.“ Diese Sätze nun sagen mit Ausnahme des letzten derselben nichts Anderes aus, als was auch ich behauptet habe, und der scheinbare Widerspruch beruht einfach darauf, dass de Vries die von mir gebrauchten Worte in einem andern Sinn nimmt. Wenn ich sagte, dass somatische Zellen in zahllosen Fällen Keimzellen hervorbringen, so meinte ich damit diejenigen soma- tischen Zellen, die in der ja gerade dafür von mir aufgestellten Keimbahn liegen. De Vries aber bestreitet diesen Zellen den somatischen Charakter, weil sie auch nach seiner Ansicht „Keim- substanz“ enthalten. Ich würde nun an und für sich wenig Gewicht auf den blossen Namen legen, wenn nicht an dem Namen hier auch ein sehr bestimmter Begriff hinge, dessen Aufgeben zur Verwirrung führt. Ich muss es für gefährlich halten, eine dritte Kategorie von Zellen zwischen Somazellen und Keimzellen einzuschieben, die „Keimbahnzellen“. Erstens ist es unpraktisch, weil man einer Zelle nicht ansehen kann, ob sie in der Keimbahn liegt, und dann führt es zu einer völligen Verwischung der Begriffe des Soma und der Keimzelle, weil, wie in den vorhergehenden Capiteln gezeigt wurde, eine Menge unbestreitbarer Körperzellen bei Pflanzen- und Thier- Weismann, Das Keimplasma. 18

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Zitationshilfe: Weismann, August: Das Keimplasma. Eine Theorie der Vererbung. Jena, 1892, S. 273. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weismann_keimplasma_1892/297>, abgerufen am 22.11.2024.