Weismann, August: Die Allmacht der Naturzüchtung. Eine Erwiderung an Herbert Spencer. Jena, 1893.und vor allem nicht in feineren Fragen benutzt habe, so 1*
und vor allem nicht in feineren Fragen benutzt habe, so 1*
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0015" n="3"/> und vor allem nicht in feineren Fragen benutzt habe, so<lb/> liegt dies einfach daran, dass die auf dem Gebiete land-<lb/> wirthschaftlicher Thierzucht heute bereit liegenden That-<lb/> sachen nicht bis in die feineren Probleme hineinreichen,<lb/> und sie thun dies deshalb nicht, weil die Thierzüchter diese<lb/> Probleme noch nicht ergriffen haben. Es ist ein Irrthum,<lb/> wenn <hi rendition="#g">Wilckens</hi> meint, dass die thierzüchterischen That-<lb/> sachen mit meiner Theorie im Gegensatz stünden; sobald<lb/> man nur erst das Problem, um welches es sich handelt,<lb/> richtig erkannt hat, stehen sie im schönsten Einklang mit<lb/> ihr. Wenn mein Kritiker freilich unter „somatogenen“ oder<lb/> „erworbenen“ Eigenschaften <hi rendition="#g">jede</hi> Abänderung einer Function<lb/> begreift, dann giebt es allerdings zahlreiche vererbbare „er-<lb/> worbene Eigenschaften“; ich habe aber von „functioneller<lb/> Abänderung“ immer nur im Sinne einer Abänderung <hi rendition="#g">durch</hi><lb/> die Functionirung, also <hi rendition="#g">durch Gebrauch oder Nicht-<lb/> gebrauch</hi> geredet; allein in diesem Sinne ist das Wort<lb/> „somatogene“ Abänderung überhaupt gemeint. Theile eines<lb/> Organismus können in doppelter Weise verändert werden:<lb/> durch Aenderung der Keimesanlagen, wo dann die sicht-<lb/> bare Variation erst in einer folgenden Generation auftritt,<lb/> und durch gesteigerten oder geminderten Gebrauch des be-<lb/> treffenden Theils; die ersteren Abänderungen sind die<lb/><hi rendition="#g">blastogenen</hi>, die zweiten die <hi rendition="#g">somatogenen</hi>, und von<lb/> letzteren allein bestreite ich ihre Vererbbarkeit. Auch kli-<lb/> matische Einflüsse, soweit sie nur das Soma treffen, würden<lb/> sich in die letztere Kategorie vielleicht einfügen lassen, inso-<lb/> fern auch durch sie gewisse Theile des Thiers oder der Pflanze<lb/> (Zellen oder Zellentheile) zu stärkerer, andere zu geringerer<lb/> Thätigkeit veranlasst und dadurch verändert werden mögen,<lb/> wenn sich das auch nicht im einzelnen Fall nachweisen lässt.</p><lb/> <fw place="bottom" type="sig">1*</fw><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [3/0015]
und vor allem nicht in feineren Fragen benutzt habe, so
liegt dies einfach daran, dass die auf dem Gebiete land-
wirthschaftlicher Thierzucht heute bereit liegenden That-
sachen nicht bis in die feineren Probleme hineinreichen,
und sie thun dies deshalb nicht, weil die Thierzüchter diese
Probleme noch nicht ergriffen haben. Es ist ein Irrthum,
wenn Wilckens meint, dass die thierzüchterischen That-
sachen mit meiner Theorie im Gegensatz stünden; sobald
man nur erst das Problem, um welches es sich handelt,
richtig erkannt hat, stehen sie im schönsten Einklang mit
ihr. Wenn mein Kritiker freilich unter „somatogenen“ oder
„erworbenen“ Eigenschaften jede Abänderung einer Function
begreift, dann giebt es allerdings zahlreiche vererbbare „er-
worbene Eigenschaften“; ich habe aber von „functioneller
Abänderung“ immer nur im Sinne einer Abänderung durch
die Functionirung, also durch Gebrauch oder Nicht-
gebrauch geredet; allein in diesem Sinne ist das Wort
„somatogene“ Abänderung überhaupt gemeint. Theile eines
Organismus können in doppelter Weise verändert werden:
durch Aenderung der Keimesanlagen, wo dann die sicht-
bare Variation erst in einer folgenden Generation auftritt,
und durch gesteigerten oder geminderten Gebrauch des be-
treffenden Theils; die ersteren Abänderungen sind die
blastogenen, die zweiten die somatogenen, und von
letzteren allein bestreite ich ihre Vererbbarkeit. Auch kli-
matische Einflüsse, soweit sie nur das Soma treffen, würden
sich in die letztere Kategorie vielleicht einfügen lassen, inso-
fern auch durch sie gewisse Theile des Thiers oder der Pflanze
(Zellen oder Zellentheile) zu stärkerer, andere zu geringerer
Thätigkeit veranlasst und dadurch verändert werden mögen,
wenn sich das auch nicht im einzelnen Fall nachweisen lässt.
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