Werner, Reinhold von: Erinnerungen und Bilder aus dem Seeleben. Berlin, 1880.Die deutsche Marine 1848--1852 im ganzen Lande; man erkannte, was Energie und fester Willevermochten. Die Beschaffungskosten wurden aus den eingegangenen freiwilligen Beiträgen bestritten, die wenigstens in den ersten Wochen der Sammlungen ziemlich reichlich geflossen waren. Der Enthusiasmus erhöhte sich noch, als der Rheder Sloman in ehrenvoll patriotischer Weise sein dreimastiges Segelschiff "Frank- lin" dem Comite unentgeltlich zur Disposition stellte, und die Vorstadt St. Pauli auf ihre Kosten ein Ruderkanonenboot bauen ließ. Die "Deutschland" hatte für ein Schiff zwar schon ein Ohne Zeitverlust wurde seitens des Comite an die Um- Die deutſche Marine 1848—1852 im ganzen Lande; man erkannte, was Energie und feſter Willevermochten. Die Beſchaffungskoſten wurden aus den eingegangenen freiwilligen Beiträgen beſtritten, die wenigſtens in den erſten Wochen der Sammlungen ziemlich reichlich gefloſſen waren. Der Enthuſiasmus erhöhte ſich noch, als der Rheder Sloman in ehrenvoll patriotiſcher Weiſe ſein dreimaſtiges Segelſchiff „Frank- lin“ dem Comité unentgeltlich zur Dispoſition ſtellte, und die Vorſtadt St. Pauli auf ihre Koſten ein Ruderkanonenboot bauen ließ. Die „Deutſchland“ hatte für ein Schiff zwar ſchon ein Ohne Zeitverluſt wurde ſeitens des Comité an die Um- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0161" n="149"/><fw place="top" type="header">Die deutſche Marine 1848—1852</fw><lb/> im ganzen Lande; man erkannte, was Energie und feſter Wille<lb/> vermochten. Die Beſchaffungskoſten wurden aus den eingegangenen<lb/> freiwilligen Beiträgen beſtritten, die wenigſtens in den erſten<lb/> Wochen der Sammlungen ziemlich reichlich gefloſſen waren. Der<lb/> Enthuſiasmus erhöhte ſich noch, als der Rheder Sloman in<lb/> ehrenvoll patriotiſcher Weiſe ſein dreimaſtiges Segelſchiff „Frank-<lb/> lin“ dem Comit<hi rendition="#aq">é</hi> unentgeltlich zur Dispoſition ſtellte, und die<lb/> Vorſtadt St. Pauli auf ihre Koſten ein Ruderkanonenboot<lb/> bauen ließ.</p><lb/> <p>Die „Deutſchland“ hatte für ein Schiff zwar ſchon ein<lb/> ehrwürdiges Alter und durfte von ſich ſagen: „Schier dreißig<lb/> Jahre bin ich alt,“ da ſie 1819 in Bombay das Licht der<lb/> Welt erblickte, aber jedenfalls war ſie ſehr gut und vom beſten<lb/> Oſtindiſchen Teakholz gebaut, größer als irgend eins der deut-<lb/> ſchen Kauffarteiſchiffe und deshalb der Gedanke, ſie in ein Kriegs-<lb/> ſchiff umzuwandeln, an und für ſich nicht ſo verkehrt. Nur<lb/> beging man den großen Fehler, ſie „Fregatte“ zu taufen und da-<lb/> durch die in Marineangelegenheiten ſo unkundigen Binnenländern<lb/> glauben zu machen, es ſei ein den däniſchen Fregatten eben-<lb/> bürtiges Schiff aus dem Boden geſtampft. „Leichte Corvette“<lb/> wäre eine anſpruchloſere aber paſſendere Bezeichnung dafür ge-<lb/> weſen. Eine Fregatte, wie z. B. die „Gefion“, war, abgeſehen<lb/> von allen ſonſtigen Unterſchieden, damals noch einmal ſo groß,<lb/> noch einmal ſo ſtark, wie die „Deutſchland“ und koſtete die zehn-<lb/> fache Summe.</p><lb/> <p>Ohne Zeitverluſt wurde ſeitens des Comit<hi rendition="#aq">é</hi> an die Um-<lb/> wandlung der beiden Schiffe zu Kriegsfahrzeugen gegangen,<lb/> allein ſchon jetzt kam ein empfindlicher Rückſchlag. Man ſah,<lb/> daß das eigene Können überſchätzt war. Trotz des beſten Willens<lb/> begegnete man bei der Arbeit den größten Schwierigkeiten, weil<lb/> es gänzlich an Sachverſtändigen fehlte und in der Eile auch<lb/> keine aus dem Auslande herangezogen werden konnten. Das<lb/> alte Sprüchwort „Viel Köpfe, viel Sinne“ brachte ſich nach-<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [149/0161]
Die deutſche Marine 1848—1852
im ganzen Lande; man erkannte, was Energie und feſter Wille
vermochten. Die Beſchaffungskoſten wurden aus den eingegangenen
freiwilligen Beiträgen beſtritten, die wenigſtens in den erſten
Wochen der Sammlungen ziemlich reichlich gefloſſen waren. Der
Enthuſiasmus erhöhte ſich noch, als der Rheder Sloman in
ehrenvoll patriotiſcher Weiſe ſein dreimaſtiges Segelſchiff „Frank-
lin“ dem Comité unentgeltlich zur Dispoſition ſtellte, und die
Vorſtadt St. Pauli auf ihre Koſten ein Ruderkanonenboot
bauen ließ.
Die „Deutſchland“ hatte für ein Schiff zwar ſchon ein
ehrwürdiges Alter und durfte von ſich ſagen: „Schier dreißig
Jahre bin ich alt,“ da ſie 1819 in Bombay das Licht der
Welt erblickte, aber jedenfalls war ſie ſehr gut und vom beſten
Oſtindiſchen Teakholz gebaut, größer als irgend eins der deut-
ſchen Kauffarteiſchiffe und deshalb der Gedanke, ſie in ein Kriegs-
ſchiff umzuwandeln, an und für ſich nicht ſo verkehrt. Nur
beging man den großen Fehler, ſie „Fregatte“ zu taufen und da-
durch die in Marineangelegenheiten ſo unkundigen Binnenländern
glauben zu machen, es ſei ein den däniſchen Fregatten eben-
bürtiges Schiff aus dem Boden geſtampft. „Leichte Corvette“
wäre eine anſpruchloſere aber paſſendere Bezeichnung dafür ge-
weſen. Eine Fregatte, wie z. B. die „Gefion“, war, abgeſehen
von allen ſonſtigen Unterſchieden, damals noch einmal ſo groß,
noch einmal ſo ſtark, wie die „Deutſchland“ und koſtete die zehn-
fache Summe.
Ohne Zeitverluſt wurde ſeitens des Comité an die Um-
wandlung der beiden Schiffe zu Kriegsfahrzeugen gegangen,
allein ſchon jetzt kam ein empfindlicher Rückſchlag. Man ſah,
daß das eigene Können überſchätzt war. Trotz des beſten Willens
begegnete man bei der Arbeit den größten Schwierigkeiten, weil
es gänzlich an Sachverſtändigen fehlte und in der Eile auch
keine aus dem Auslande herangezogen werden konnten. Das
alte Sprüchwort „Viel Köpfe, viel Sinne“ brachte ſich nach-
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