Werner, Reinhold von: Erinnerungen und Bilder aus dem Seeleben. Berlin, 1880.Die deutsche Marine 1848--1852 für das letztere war so groß, daß er als funfzehnjähriger Knabevon Stralsund aus mit einem Vertrauten auf eigene Faust in einem größeren Segelboote eine Seereise nach Schweden unter- nommen haben soll, so daß die Eltern durch sein spurloses Ver- schwinden in die größte Trauer versetzt wurden, bis er durch seine Rückkunft die Besorgnisse zerstreute und sich Verzeihung für seine Eigenmächtigkeit erwirkte. Einige Jahre später er- hielt der junge Prinz die Erlaubniß, eine längere Seereise auf einer sardinischen Fregatte nach Brasilien und zurück zu machen. Dadurch gewann er einen genauen Einblick in das Kriegsschiffs- wesen, und bei seinen hervorragenden Geistesgaben konnte es nicht fehlen, daß er sich das Verständniß desselben völlig zu eigen machte. Er war in Deutschland der einzige Mann, der ein competentes Urtheil in Marinesachen besaß und bei Begründung einer deutschen Flotte konnte deshalb nichts erwünschter sein, als den Prinzen, dessen Specialwaffe die Artillerie war, mit welcher die Marine als Waffe vornehmlich zu rechnen hatte, an ihrer Spitze zu sehen; nur ließ sich für die Verwirklichung dieser Idee leider sehr schwer eine Form finden. Als königlicher Prinz konnte er weder selbst Minister sein, Duckwitz reichte unter dem 30. October 1848 dem Erz- Die deutſche Marine 1848—1852 für das letztere war ſo groß, daß er als funfzehnjähriger Knabevon Stralſund aus mit einem Vertrauten auf eigene Fauſt in einem größeren Segelboote eine Seereiſe nach Schweden unter- nommen haben ſoll, ſo daß die Eltern durch ſein ſpurloſes Ver- ſchwinden in die größte Trauer verſetzt wurden, bis er durch ſeine Rückkunft die Beſorgniſſe zerſtreute und ſich Verzeihung für ſeine Eigenmächtigkeit erwirkte. Einige Jahre ſpäter er- hielt der junge Prinz die Erlaubniß, eine längere Seereiſe auf einer ſardiniſchen Fregatte nach Braſilien und zurück zu machen. Dadurch gewann er einen genauen Einblick in das Kriegsſchiffs- weſen, und bei ſeinen hervorragenden Geiſtesgaben konnte es nicht fehlen, daß er ſich das Verſtändniß deſſelben völlig zu eigen machte. Er war in Deutſchland der einzige Mann, der ein competentes Urtheil in Marineſachen beſaß und bei Begründung einer deutſchen Flotte konnte deshalb nichts erwünſchter ſein, als den Prinzen, deſſen Specialwaffe die Artillerie war, mit welcher die Marine als Waffe vornehmlich zu rechnen hatte, an ihrer Spitze zu ſehen; nur ließ ſich für die Verwirklichung dieſer Idee leider ſehr ſchwer eine Form finden. Als königlicher Prinz konnte er weder ſelbſt Miniſter ſein, Duckwitz reichte unter dem 30. October 1848 dem Erz- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0167" n="155"/><fw place="top" type="header">Die deutſche Marine 1848—1852</fw><lb/> für das letztere war ſo groß, daß er als funfzehnjähriger Knabe<lb/> von Stralſund aus mit einem Vertrauten auf eigene Fauſt in<lb/> einem größeren Segelboote eine Seereiſe nach Schweden unter-<lb/> nommen haben ſoll, ſo daß die Eltern durch ſein ſpurloſes Ver-<lb/> ſchwinden in die größte Trauer verſetzt wurden, bis er durch<lb/> ſeine Rückkunft die Beſorgniſſe zerſtreute und ſich Verzeihung<lb/> für ſeine Eigenmächtigkeit erwirkte. Einige Jahre ſpäter er-<lb/> hielt der junge Prinz die Erlaubniß, eine längere Seereiſe auf<lb/> einer ſardiniſchen Fregatte nach Braſilien und zurück zu machen.<lb/> Dadurch gewann er einen genauen Einblick in das Kriegsſchiffs-<lb/> weſen, und bei ſeinen hervorragenden Geiſtesgaben konnte es nicht<lb/> fehlen, daß er ſich das Verſtändniß deſſelben völlig zu eigen<lb/> machte. 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Die deutſche Marine 1848—1852
für das letztere war ſo groß, daß er als funfzehnjähriger Knabe
von Stralſund aus mit einem Vertrauten auf eigene Fauſt in
einem größeren Segelboote eine Seereiſe nach Schweden unter-
nommen haben ſoll, ſo daß die Eltern durch ſein ſpurloſes Ver-
ſchwinden in die größte Trauer verſetzt wurden, bis er durch
ſeine Rückkunft die Beſorgniſſe zerſtreute und ſich Verzeihung
für ſeine Eigenmächtigkeit erwirkte. Einige Jahre ſpäter er-
hielt der junge Prinz die Erlaubniß, eine längere Seereiſe auf
einer ſardiniſchen Fregatte nach Braſilien und zurück zu machen.
Dadurch gewann er einen genauen Einblick in das Kriegsſchiffs-
weſen, und bei ſeinen hervorragenden Geiſtesgaben konnte es nicht
fehlen, daß er ſich das Verſtändniß deſſelben völlig zu eigen
machte. Er war in Deutſchland der einzige Mann, der ein
competentes Urtheil in Marineſachen beſaß und bei Begründung
einer deutſchen Flotte konnte deshalb nichts erwünſchter ſein, als
den Prinzen, deſſen Specialwaffe die Artillerie war, mit welcher
die Marine als Waffe vornehmlich zu rechnen hatte, an ihrer
Spitze zu ſehen; nur ließ ſich für die Verwirklichung dieſer
Idee leider ſehr ſchwer eine Form finden.
Als königlicher Prinz konnte er weder ſelbſt Miniſter ſein,
noch irgend eine amtliche Stellung unter einem Miniſter beklei-
den. Guter Rath war theuer, jedoch gelang es dem findigen
Geiſte des Marineminiſters auch dieſe Schwierigkeit glücklich zu
beſeitigen und in Uebereinſtimmung mit dem Prinzen, der mit
Freuden bereit war, ſeine Kräfte dem Vaterlande zu weihen,
dem Letzteren bei Geſtaltung der Marine eine entſprechende Mit-
wirkung zu ſichern.
Duckwitz reichte unter dem 30. October 1848 dem Erz-
herzog-Reichsverweſer einen Vorſchlag ein, bis zur definitiven
Geſtaltung der Reichsgewalt, die man damals noch in nicht zu
ferner Zeit als beſtimmt vorausſetzte, zwei Behörden zu bilden,
welche befähigt und befugt ſeien, ſolche Vorbereitungen und Ein-
leitungen zu treffen, daß die definitive Organiſation der Marine
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