Am 31. Morgens kam die englische Panzerfregatte "Swift- sure" vor Malaga an. Die Instructionen des Kapitän Ward lauteten ähnlich wie die meinigen, und da er auch die Ansicht theilte, daß man es hier nicht mit politischen Parteien, sondern mit Raubgesindel zu thun hätte, so machte er mir den Vor- schlag, gemeinsam diesem gesetzlosen Treiben entgegenzutreten und Malaga vor einem ähnlichen Schicksale, wie es Almeria be- troffen, dadurch zu bewahren, daß wir die Schiffe der Intransi- genten zwangsweise nach Cartagena zurückescortirten und sie dort so lange blokirten, bis wir von unseren Regierungen Verhal- tungsmaßregeln für ihre weitere Behandlung empfangen würden. Für den Fall der Widersetzlichkeit wollten wir die Schiffe nehmen und sie nach Gibraltar bringen. Ich acceptirte diesen Vorschlag; das Abkommen wurde schriftlich formulirt und da ich der Anciennetät nach der ältere Officier war, stellte sich der "Swiftsure" unter meine Befehle.
Wir forderten den Kapitän der vor Malaga liegenden französischen Panzercorvette "Jeanne d'Arc" auf, mit uns ge- meinsame Sache zu machen, jedoch lehnte er dies mit dem Bemerken ab, seine Instruction gebiete ihm die Beobachtung der strictesten Neutralität. Als am Nachmittage die Nachricht eintraf, die Schiffe seien nach dem Bombardement von Almeria nach Motril, einer nur noch zehn Meilen von Malage entfernten Stadt gesegelt, hätten dort ebenfalls, unter Androhung von Ge- waltmaßregeln, große Geldsummen erpreßt und befänden sich auf dem Wege nach Malaga, dampfte die "Jeanne d'Arc" merk- würdiger Weise nach Cadix ab. Dies Verfahren des Franzosen gab zu denken und erweckte den Anschein, als begünstige Frank- reich die Intransigenten, die man in Spanien schon ganz offen als Parteigänger von Don Carlos bezeichnete.
Am 1. August mit Tagesanbruch gingen "Swiftsure" und "Friedrich Karl" in See, um die Schiffe aufzusuchen. Kaum hatten sie die Anker gelichtet, als sie auch schon in vier
Werner
Am 31. Morgens kam die engliſche Panzerfregatte „Swift- ſure“ vor Malaga an. Die Inſtructionen des Kapitän Ward lauteten ähnlich wie die meinigen, und da er auch die Anſicht theilte, daß man es hier nicht mit politiſchen Parteien, ſondern mit Raubgeſindel zu thun hätte, ſo machte er mir den Vor- ſchlag, gemeinſam dieſem geſetzloſen Treiben entgegenzutreten und Malaga vor einem ähnlichen Schickſale, wie es Almeria be- troffen, dadurch zu bewahren, daß wir die Schiffe der Intranſi- genten zwangsweiſe nach Cartagena zurückescortirten und ſie dort ſo lange blokirten, bis wir von unſeren Regierungen Verhal- tungsmaßregeln für ihre weitere Behandlung empfangen würden. Für den Fall der Widerſetzlichkeit wollten wir die Schiffe nehmen und ſie nach Gibraltar bringen. Ich acceptirte dieſen Vorſchlag; das Abkommen wurde ſchriftlich formulirt und da ich der Anciennetät nach der ältere Officier war, ſtellte ſich der „Swiftſure“ unter meine Befehle.
Wir forderten den Kapitän der vor Malaga liegenden franzöſiſchen Panzercorvette „Jeanne d’Arc“ auf, mit uns ge- meinſame Sache zu machen, jedoch lehnte er dies mit dem Bemerken ab, ſeine Inſtruction gebiete ihm die Beobachtung der ſtricteſten Neutralität. Als am Nachmittage die Nachricht eintraf, die Schiffe ſeien nach dem Bombardement von Almeria nach Motril, einer nur noch zehn Meilen von Malage entfernten Stadt geſegelt, hätten dort ebenfalls, unter Androhung von Ge- waltmaßregeln, große Geldſummen erpreßt und befänden ſich auf dem Wege nach Malaga, dampfte die „Jeanne d’Arc“ merk- würdiger Weiſe nach Cadix ab. Dies Verfahren des Franzoſen gab zu denken und erweckte den Anſchein, als begünſtige Frank- reich die Intranſigenten, die man in Spanien ſchon ganz offen als Parteigänger von Don Carlos bezeichnete.
Am 1. Auguſt mit Tagesanbruch gingen „Swiftſure“ und „Friedrich Karl“ in See, um die Schiffe aufzuſuchen. Kaum hatten ſie die Anker gelichtet, als ſie auch ſchon in vier
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Werner
Am 31. Morgens kam die engliſche Panzerfregatte „Swift-
ſure“ vor Malaga an. Die Inſtructionen des Kapitän Ward
lauteten ähnlich wie die meinigen, und da er auch die Anſicht
theilte, daß man es hier nicht mit politiſchen Parteien, ſondern
mit Raubgeſindel zu thun hätte, ſo machte er mir den Vor-
ſchlag, gemeinſam dieſem geſetzloſen Treiben entgegenzutreten und
Malaga vor einem ähnlichen Schickſale, wie es Almeria be-
troffen, dadurch zu bewahren, daß wir die Schiffe der Intranſi-
genten zwangsweiſe nach Cartagena zurückescortirten und ſie dort
ſo lange blokirten, bis wir von unſeren Regierungen Verhal-
tungsmaßregeln für ihre weitere Behandlung empfangen würden.
Für den Fall der Widerſetzlichkeit wollten wir die Schiffe
nehmen und ſie nach Gibraltar bringen. Ich acceptirte dieſen
Vorſchlag; das Abkommen wurde ſchriftlich formulirt und da
ich der Anciennetät nach der ältere Officier war, ſtellte ſich der
„Swiftſure“ unter meine Befehle.
Wir forderten den Kapitän der vor Malaga liegenden
franzöſiſchen Panzercorvette „Jeanne d’Arc“ auf, mit uns ge-
meinſame Sache zu machen, jedoch lehnte er dies mit dem
Bemerken ab, ſeine Inſtruction gebiete ihm die Beobachtung
der ſtricteſten Neutralität. Als am Nachmittage die Nachricht
eintraf, die Schiffe ſeien nach dem Bombardement von Almeria
nach Motril, einer nur noch zehn Meilen von Malage entfernten
Stadt geſegelt, hätten dort ebenfalls, unter Androhung von Ge-
waltmaßregeln, große Geldſummen erpreßt und befänden ſich auf
dem Wege nach Malaga, dampfte die „Jeanne d’Arc“ merk-
würdiger Weiſe nach Cadix ab. Dies Verfahren des Franzoſen
gab zu denken und erweckte den Anſchein, als begünſtige Frank-
reich die Intranſigenten, die man in Spanien ſchon ganz offen
als Parteigänger von Don Carlos bezeichnete.
Am 1. Auguſt mit Tagesanbruch gingen „Swiftſure“
und „Friedrich Karl“ in See, um die Schiffe aufzuſuchen.
Kaum hatten ſie die Anker gelichtet, als ſie auch ſchon in vier
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Werner, Reinhold von: Erinnerungen und Bilder aus dem Seeleben. Berlin, 1880, S. 398. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/werner_seeleben_1880/410>, abgerufen am 21.11.2024.
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