Wezel, Johann Carl: Belphegor, oder die wahrscheinlichste Geschichte unter der Sonne. Bd. 1. Leipzig, 1776.den auf den Knieen näherten. Das maje- stätische Thier blieb ernsthaft an der Seite sei- nes geliebten Fromals liegen, und bewegte nicht Einen Fuß, so sehr die Schwarzen ihn auch darum ersuchten. Dieses Thier war, wie sich nachher zeigte, P
den auf den Knieen naͤherten. Das maje- ſtaͤtiſche Thier blieb ernſthaft an der Seite ſei- nes geliebten Fromals liegen, und bewegte nicht Einen Fuß, ſo ſehr die Schwarzen ihn auch darum erſuchten. Dieſes Thier war, wie ſich nachher zeigte, P
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den auf den Knieen naͤherten. Das maje-
ſtaͤtiſche Thier blieb ernſthaft an der Seite ſei-
nes geliebten Fromals liegen, und bewegte
nicht Einen Fuß, ſo ſehr die Schwarzen ihn
auch darum erſuchten.
Dieſes Thier war, wie ſich nachher zeigte,
ein wichtiges Mitglied des daſigen Staats.
Die Einwohner leben mit den Loͤwen im be-
ſtaͤndigen Streite, um deſſentwillen man
Schanzen und Kaſtele angelegt hat, die jene
Feinde ſo regelmaͤßig angreifen und beſtuͤr-
men als wenn ſie die Kriegskunſt des Koͤnigs
von Preuſſen geleſen haͤtten. Wenn bey einer
ſolchen Belagerung ſich der Vortheil auf die
Seite der Belagerer zu neigen ſcheint, ſo wird
ein gezaͤhmter Loͤwe, den man in jeder Feſtung
zu dieſem Endzwecke unterhaͤlt, als Bevoll-
maͤchtigter zu ſeinem Geſchlechte abgeſendet,
ſie durch glimpfliche Vorſtellungen von ihren
ruchloſen Feindſeligkeiten abzubringen und
billige Friedensbedingungen zu erbitten.
Dieſe Vermittelung iſt, wie man es ihr an-
ſieht, eine Erfindung der Prieſter, die einen
ſolchen Abgeſandten, ſtatt des Beglaubigungs-
ſchreibens, mit geweihten Palmblaͤttern behaͤn-
gen — eine Zierde, die er gemeiniglich bey
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