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Wezel, Johann Carl: Belphegor, oder die wahrscheinlichste Geschichte unter der Sonne. Bd. 2. Leipzig, 1776.

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Gesetze. Allenthalben fand ich noch Spu-
ren der Unmenschlichkeit, allenthalben hörte
ich die vergangnen Gräuel noch erzählen,
bald im triumphirenden, bald im klagenden
Tone. Meine Mitbrüder, die sich noch
heimlich dort aufhielten, zogen mich mit
aller Mühe von dem Ansuchen um mein
Rückgelaßnes ab; aber sie konnten mich
nicht zurückhalten. Ich erlangte nichts
und brachte mich durch meine Zudringlich-
keit ins Gefängniß. Meine Frau und meine
beyden Töchter, die mir itzt das Alter und
die Einsamkeit versüßen, befanden sich in
der kläglichsten Lage: sie mußten sich im
Verborgnen bey einem meiner gutherzigen
Anverwandten aufhalten, der mit der Gri-
masse ein Katholik und im Herzen der auf-
richtigste Hugenott war, und mich der Will-
kühr einer blinden zelotischen Justiz überlas-
sen, oder sich entdecken und mit mir zugleich
dem Aberglauben aufopfern wollte. Gütiger
Gott! wie wir litten! wie ich in meinem Kerker
seufzte! Ich war schon beynahe von mei-
nem Schmerze aufgezehrt und tröstete mich
mit meinem nahen Ende, ich war schon
gegen alle Vorstellungen von den künftigen

Unglück-

Geſetze. Allenthalben fand ich noch Spu-
ren der Unmenſchlichkeit, allenthalben hoͤrte
ich die vergangnen Graͤuel noch erzaͤhlen,
bald im triumphirenden, bald im klagenden
Tone. Meine Mitbruͤder, die ſich noch
heimlich dort aufhielten, zogen mich mit
aller Muͤhe von dem Anſuchen um mein
Ruͤckgelaßnes ab; aber ſie konnten mich
nicht zuruͤckhalten. Ich erlangte nichts
und brachte mich durch meine Zudringlich-
keit ins Gefaͤngniß. Meine Frau und meine
beyden Toͤchter, die mir itzt das Alter und
die Einſamkeit verſuͤßen, befanden ſich in
der klaͤglichſten Lage: ſie mußten ſich im
Verborgnen bey einem meiner gutherzigen
Anverwandten aufhalten, der mit der Gri-
maſſe ein Katholik und im Herzen der auf-
richtigſte Hugenott war, und mich der Will-
kuͤhr einer blinden zelotiſchen Juſtiz uͤberlaſ-
ſen, oder ſich entdecken und mit mir zugleich
dem Aberglauben aufopfern wollte. Guͤtiger
Gott! wie wir litten! wie ich in meinem Kerker
ſeufzte! Ich war ſchon beynahe von mei-
nem Schmerze aufgezehrt und troͤſtete mich
mit meinem nahen Ende, ich war ſchon
gegen alle Vorſtellungen von den kuͤnftigen

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[94/0100] Geſetze. Allenthalben fand ich noch Spu- ren der Unmenſchlichkeit, allenthalben hoͤrte ich die vergangnen Graͤuel noch erzaͤhlen, bald im triumphirenden, bald im klagenden Tone. Meine Mitbruͤder, die ſich noch heimlich dort aufhielten, zogen mich mit aller Muͤhe von dem Anſuchen um mein Ruͤckgelaßnes ab; aber ſie konnten mich nicht zuruͤckhalten. Ich erlangte nichts und brachte mich durch meine Zudringlich- keit ins Gefaͤngniß. Meine Frau und meine beyden Toͤchter, die mir itzt das Alter und die Einſamkeit verſuͤßen, befanden ſich in der klaͤglichſten Lage: ſie mußten ſich im Verborgnen bey einem meiner gutherzigen Anverwandten aufhalten, der mit der Gri- maſſe ein Katholik und im Herzen der auf- richtigſte Hugenott war, und mich der Will- kuͤhr einer blinden zelotiſchen Juſtiz uͤberlaſ- ſen, oder ſich entdecken und mit mir zugleich dem Aberglauben aufopfern wollte. Guͤtiger Gott! wie wir litten! wie ich in meinem Kerker ſeufzte! Ich war ſchon beynahe von mei- nem Schmerze aufgezehrt und troͤſtete mich mit meinem nahen Ende, ich war ſchon gegen alle Vorſtellungen von den kuͤnftigen Ungluͤck-

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Zitationshilfe: Wezel, Johann Carl: Belphegor, oder die wahrscheinlichste Geschichte unter der Sonne. Bd. 2. Leipzig, 1776, S. 94. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wezel_belphegor02_1776/100>, abgerufen am 22.12.2024.