genommen, daß er durch die Ankunft dieser Leute einen Verlust an Zuschauern erlitte; er hörte also kaum die erste Sylbe von dem Namen des Alexanders, als er, um sich zu rächen, unter die Menge das Gerüchte aus- streute, daß diese Ruchlosen den großen Pro- pheten Ali verspotten und lächerlich machen wollten: das Volk, das ohnehin wegen sei- ner betrognen Erwartung wider die Euro- päer eingenommen war, fieng bald Feuer, gab eine Salve Steine und Knittel auf die Gemälde, stürmte darauf loß, eroberte und vernichtete es unter dem lautesten Jubel. Ein Glück war es, daß der Pöbel Gelegen- heit fand, seine Wuth an der fühllosen Lein- wand zu sättigen: denn während dieser Ra- serey erwischten die beyden Europäer eine Oeffnung in dem Gedränge, durch welche sie wohlbedächtig hindurchkrochen und mit leidlich heilen Gliedmaßen zum ersten Thore hinausliefen.
O Wohnung des Neides und des Un- glücks! rief Belphegor; häßliche Erde! Auch in dem niedrigsten Gewerbe ist Krieg! findet sich Gelegenheit für Menschen, einan- der mißgünstig zu verfolgen! O Erde, du
Woh-
genommen, daß er durch die Ankunft dieſer Leute einen Verluſt an Zuſchauern erlitte; er hoͤrte alſo kaum die erſte Sylbe von dem Namen des Alexanders, als er, um ſich zu raͤchen, unter die Menge das Geruͤchte aus- ſtreute, daß dieſe Ruchloſen den großen Pro- pheten Ali verſpotten und laͤcherlich machen wollten: das Volk, das ohnehin wegen ſei- ner betrognen Erwartung wider die Euro- paͤer eingenommen war, fieng bald Feuer, gab eine Salve Steine und Knittel auf die Gemaͤlde, ſtuͤrmte darauf loß, eroberte und vernichtete es unter dem lauteſten Jubel. Ein Gluͤck war es, daß der Poͤbel Gelegen- heit fand, ſeine Wuth an der fuͤhlloſen Lein- wand zu ſaͤttigen: denn waͤhrend dieſer Ra- ſerey erwiſchten die beyden Europaͤer eine Oeffnung in dem Gedraͤnge, durch welche ſie wohlbedaͤchtig hindurchkrochen und mit leidlich heilen Gliedmaßen zum erſten Thore hinausliefen.
O Wohnung des Neides und des Un- gluͤcks! rief Belphegor; haͤßliche Erde! Auch in dem niedrigſten Gewerbe iſt Krieg! findet ſich Gelegenheit fuͤr Menſchen, einan- der mißguͤnſtig zu verfolgen! O Erde, du
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genommen, daß er durch die Ankunft dieſer
Leute einen Verluſt an Zuſchauern erlitte;
er hoͤrte alſo kaum die erſte Sylbe von dem
Namen des Alexanders, als er, um ſich zu
raͤchen, unter die Menge das Geruͤchte aus-
ſtreute, daß dieſe Ruchloſen den großen Pro-
pheten Ali verſpotten und laͤcherlich machen
wollten: das Volk, das ohnehin wegen ſei-
ner betrognen Erwartung wider die Euro-
paͤer eingenommen war, fieng bald Feuer,
gab eine Salve Steine und Knittel auf die
Gemaͤlde, ſtuͤrmte darauf loß, eroberte und
vernichtete es unter dem lauteſten Jubel.
Ein Gluͤck war es, daß der Poͤbel Gelegen-
heit fand, ſeine Wuth an der fuͤhlloſen Lein-
wand zu ſaͤttigen: denn waͤhrend dieſer Ra-
ſerey erwiſchten die beyden Europaͤer eine
Oeffnung in dem Gedraͤnge, durch welche
ſie wohlbedaͤchtig hindurchkrochen und mit
leidlich heilen Gliedmaßen zum erſten Thore
hinausliefen.
O Wohnung des Neides und des Un-
gluͤcks! rief Belphegor; haͤßliche Erde!
Auch in dem niedrigſten Gewerbe iſt Krieg!
findet ſich Gelegenheit fuͤr Menſchen, einan-
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Wezel, Johann Carl: Belphegor, oder die wahrscheinlichste Geschichte unter der Sonne. Bd. 2. Leipzig, 1776, S. 122. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wezel_belphegor02_1776/128>, abgerufen am 22.12.2024.
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