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Wezel, Johann Carl: Belphegor, oder die wahrscheinlichste Geschichte unter der Sonne. Bd. 2. Leipzig, 1776.

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Wohnung des Neides! -- Freund! was
sollen wir nun thun? --

Betteln! sagte der Gefährte seines
Unglücks.

Betteln! schrie Belphegor und seufzte. --

Nicht anders! Weg mit dem Stolze!
Unverschämtheit her! das ist itzt unsre noth-
wendigste Brustwehr.

Belphegor stieß einen Valetseufzer an den
Stolz aus, ließ sich von seinem Freunde die
Haare abschneiden und wanderte mit ihm
auf gutes Glück hin.

Die Lebensart war nicht wenig einträg-
lich für sie: doch für Belphegorn weniger
als seinen Gefährten, weil dieser die Kunst
der Unverschämtheit besser inne hatte. Bel-
phegor tröstete sich damit, daß er sein schlech-
teres Fortkommen einer höhern natürlichen
Würde zuschrieb, und sein gesicherter Stolz
hielt den Neid zurück. Plötzlich wandte sich
durch einen Zufall das Glück. Der zurück-
gesetzte Belphegor gerieth auf den Einfall,
das Frauenzimmer zu seiner Goldmine zu
machen, und bediente sich dabey der bekann-
ten Wünschelruthe -- der Schmeicheley:
jeder, die er ansichtig wurde, sagte er eine

Süßig-

Wohnung des Neides! — Freund! was
ſollen wir nun thun? —

Betteln! ſagte der Gefaͤhrte ſeines
Ungluͤcks.

Betteln! ſchrie Belphegor und ſeufzte. —

Nicht anders! Weg mit dem Stolze!
Unverſchaͤmtheit her! das iſt itzt unſre noth-
wendigſte Bruſtwehr.

Belphegor ſtieß einen Valetſeufzer an den
Stolz aus, ließ ſich von ſeinem Freunde die
Haare abſchneiden und wanderte mit ihm
auf gutes Gluͤck hin.

Die Lebensart war nicht wenig eintraͤg-
lich fuͤr ſie: doch fuͤr Belphegorn weniger
als ſeinen Gefaͤhrten, weil dieſer die Kunſt
der Unverſchaͤmtheit beſſer inne hatte. Bel-
phegor troͤſtete ſich damit, daß er ſein ſchlech-
teres Fortkommen einer hoͤhern natuͤrlichen
Wuͤrde zuſchrieb, und ſein geſicherter Stolz
hielt den Neid zuruͤck. Ploͤtzlich wandte ſich
durch einen Zufall das Gluͤck. Der zuruͤck-
geſetzte Belphegor gerieth auf den Einfall,
das Frauenzimmer zu ſeiner Goldmine zu
machen, und bediente ſich dabey der bekann-
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jeder, die er anſichtig wurde, ſagte er eine

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[123/0129] Wohnung des Neides! — Freund! was ſollen wir nun thun? — Betteln! ſagte der Gefaͤhrte ſeines Ungluͤcks. Betteln! ſchrie Belphegor und ſeufzte. — Nicht anders! Weg mit dem Stolze! Unverſchaͤmtheit her! das iſt itzt unſre noth- wendigſte Bruſtwehr. Belphegor ſtieß einen Valetſeufzer an den Stolz aus, ließ ſich von ſeinem Freunde die Haare abſchneiden und wanderte mit ihm auf gutes Gluͤck hin. Die Lebensart war nicht wenig eintraͤg- lich fuͤr ſie: doch fuͤr Belphegorn weniger als ſeinen Gefaͤhrten, weil dieſer die Kunſt der Unverſchaͤmtheit beſſer inne hatte. Bel- phegor troͤſtete ſich damit, daß er ſein ſchlech- teres Fortkommen einer hoͤhern natuͤrlichen Wuͤrde zuſchrieb, und ſein geſicherter Stolz hielt den Neid zuruͤck. Ploͤtzlich wandte ſich durch einen Zufall das Gluͤck. Der zuruͤck- geſetzte Belphegor gerieth auf den Einfall, das Frauenzimmer zu ſeiner Goldmine zu machen, und bediente ſich dabey der bekann- ten Wuͤnſchelruthe — der Schmeicheley: jeder, die er anſichtig wurde, ſagte er eine Suͤßig-

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Zitationshilfe: Wezel, Johann Carl: Belphegor, oder die wahrscheinlichste Geschichte unter der Sonne. Bd. 2. Leipzig, 1776, S. 123. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wezel_belphegor02_1776/129>, abgerufen am 22.12.2024.