Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wezel, Johann Carl: Belphegor, oder die wahrscheinlichste Geschichte unter der Sonne. Bd. 2. Leipzig, 1776.

Bild:
<< vorherige Seite

erzählte ihm, daß sie von ihrer Wolkenfahrt
in die Türkey herabgelassen worden sey und
sich, um ihrem gänzlichen Mangel abzuhel-
fen, an einen reichen Kaufmann als Skla-
vinn verhandelt habe.

Mein Herr, sagte sie, ward meiner bald
überdrüßig: so sehr ich selbst nach dem Ver-
luste meiner hauptsächlichsten natürlichen
Schönheiten in Europa gefiel, so wenig
wurde dieser fühllose Türke von meiner mar-
mornen Hand und meinem schön lackirten
Gesichte gerührt, das leider! itzt nur noch
Ruinen seiner vormaligen Schönheit aufzu-
weisen hat. Er verkaufte mich an einen
Herrn, der sich besser darauf verstand, weil
er ein Paar elende Goldstücke bey dem Han-
del gewinnen konnte. Mein neuer Herr
nahm mich in sein Serail und verkaufte
mich in etlichen Wochen an Mulai Jas-
sem,
einen Handelsmann aus Antiochien;
Mulai Jassem verkaufte mich an Abi
Nizza
nach Bagdad; Abi Nizza über-
ließ mich seinem Bruder, dem Abi Esser:
Abi Esser,
ein aufbrausender Mann, ward
zornig auf mich, warf mich zum Hause hin-
aus, ließ mich wieder zurückholen, um mir

hun-
I 3

erzaͤhlte ihm, daß ſie von ihrer Wolkenfahrt
in die Tuͤrkey herabgelaſſen worden ſey und
ſich, um ihrem gaͤnzlichen Mangel abzuhel-
fen, an einen reichen Kaufmann als Skla-
vinn verhandelt habe.

Mein Herr, ſagte ſie, ward meiner bald
uͤberdruͤßig: ſo ſehr ich ſelbſt nach dem Ver-
luſte meiner hauptſaͤchlichſten natuͤrlichen
Schoͤnheiten in Europa gefiel, ſo wenig
wurde dieſer fuͤhlloſe Tuͤrke von meiner mar-
mornen Hand und meinem ſchoͤn lackirten
Geſichte geruͤhrt, das leider! itzt nur noch
Ruinen ſeiner vormaligen Schoͤnheit aufzu-
weiſen hat. Er verkaufte mich an einen
Herrn, der ſich beſſer darauf verſtand, weil
er ein Paar elende Goldſtuͤcke bey dem Han-
del gewinnen konnte. Mein neuer Herr
nahm mich in ſein Serail und verkaufte
mich in etlichen Wochen an Mulai Jaſ-
ſem,
einen Handelsmann aus Antiochien;
Mulai Jaſſem verkaufte mich an Abi
Nizza
nach Bagdad; Abi Nizza uͤber-
ließ mich ſeinem Bruder, dem Abi Eſſer:
Abi Eſſer,
ein aufbrauſender Mann, ward
zornig auf mich, warf mich zum Hauſe hin-
aus, ließ mich wieder zuruͤckholen, um mir

hun-
I 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0137" n="131"/>
erza&#x0364;hlte ihm, daß &#x017F;ie von ihrer Wolkenfahrt<lb/>
in die Tu&#x0364;rkey herabgela&#x017F;&#x017F;en worden &#x017F;ey und<lb/>
&#x017F;ich, um ihrem ga&#x0364;nzlichen Mangel abzuhel-<lb/>
fen, an einen reichen Kaufmann als Skla-<lb/>
vinn verhandelt habe.</p><lb/>
        <p>Mein Herr, &#x017F;agte &#x017F;ie, ward meiner bald<lb/>
u&#x0364;berdru&#x0364;ßig: &#x017F;o &#x017F;ehr ich &#x017F;elb&#x017F;t nach dem Ver-<lb/>
lu&#x017F;te meiner haupt&#x017F;a&#x0364;chlich&#x017F;ten natu&#x0364;rlichen<lb/>
Scho&#x0364;nheiten in Europa gefiel, &#x017F;o wenig<lb/>
wurde die&#x017F;er fu&#x0364;hllo&#x017F;e Tu&#x0364;rke von meiner mar-<lb/>
mornen Hand und meinem &#x017F;cho&#x0364;n lackirten<lb/>
Ge&#x017F;ichte geru&#x0364;hrt, das leider! itzt nur noch<lb/>
Ruinen &#x017F;einer vormaligen Scho&#x0364;nheit aufzu-<lb/>
wei&#x017F;en hat. Er verkaufte mich an einen<lb/>
Herrn, der &#x017F;ich be&#x017F;&#x017F;er darauf ver&#x017F;tand, weil<lb/>
er ein Paar elende Gold&#x017F;tu&#x0364;cke bey dem Han-<lb/>
del gewinnen konnte. Mein neuer Herr<lb/>
nahm mich in &#x017F;ein Serail und verkaufte<lb/>
mich in etlichen Wochen an <hi rendition="#fr">Mulai Ja&#x017F;-<lb/>
&#x017F;em,</hi> einen Handelsmann aus Antiochien;<lb/><hi rendition="#fr">Mulai Ja&#x017F;&#x017F;em</hi> verkaufte mich an <hi rendition="#fr">Abi<lb/>
Nizza</hi> nach Bagdad; <hi rendition="#fr">Abi Nizza</hi> u&#x0364;ber-<lb/>
ließ mich &#x017F;einem Bruder, dem <hi rendition="#fr">Abi E&#x017F;&#x017F;er:<lb/>
Abi E&#x017F;&#x017F;er,</hi> ein aufbrau&#x017F;ender Mann, ward<lb/>
zornig auf mich, warf mich zum Hau&#x017F;e hin-<lb/>
aus, ließ mich wieder zuru&#x0364;ckholen, um mir<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">I 3</fw><fw place="bottom" type="catch">hun-</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[131/0137] erzaͤhlte ihm, daß ſie von ihrer Wolkenfahrt in die Tuͤrkey herabgelaſſen worden ſey und ſich, um ihrem gaͤnzlichen Mangel abzuhel- fen, an einen reichen Kaufmann als Skla- vinn verhandelt habe. Mein Herr, ſagte ſie, ward meiner bald uͤberdruͤßig: ſo ſehr ich ſelbſt nach dem Ver- luſte meiner hauptſaͤchlichſten natuͤrlichen Schoͤnheiten in Europa gefiel, ſo wenig wurde dieſer fuͤhlloſe Tuͤrke von meiner mar- mornen Hand und meinem ſchoͤn lackirten Geſichte geruͤhrt, das leider! itzt nur noch Ruinen ſeiner vormaligen Schoͤnheit aufzu- weiſen hat. Er verkaufte mich an einen Herrn, der ſich beſſer darauf verſtand, weil er ein Paar elende Goldſtuͤcke bey dem Han- del gewinnen konnte. Mein neuer Herr nahm mich in ſein Serail und verkaufte mich in etlichen Wochen an Mulai Jaſ- ſem, einen Handelsmann aus Antiochien; Mulai Jaſſem verkaufte mich an Abi Nizza nach Bagdad; Abi Nizza uͤber- ließ mich ſeinem Bruder, dem Abi Eſſer: Abi Eſſer, ein aufbrauſender Mann, ward zornig auf mich, warf mich zum Hauſe hin- aus, ließ mich wieder zuruͤckholen, um mir hun- I 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wezel_belphegor02_1776
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wezel_belphegor02_1776/137
Zitationshilfe: Wezel, Johann Carl: Belphegor, oder die wahrscheinlichste Geschichte unter der Sonne. Bd. 2. Leipzig, 1776, S. 131. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wezel_belphegor02_1776/137>, abgerufen am 22.12.2024.