hundert Peitschenhiebe mitzutheilen, und ver- tauschte mich gegen ein schönes kastanien- braunes Pferd an einen Franken, *) der mich endlich in die Hände eines persischen Herrn brachte, eines der mächtigsten Herrn im Königreiche; und ich wurde unter die Zahl seiner Beyschläferinnen aufgenommen. Ob er gleich aus besondern Absichten nur zwey Weiber hatte, so war doch sein Haus ein beständiger Schauplatz des Zanks und Tumultes: es theilte sich in zwo Faktionen, die einander tödtlich haßten und mit aller Erfindungskraft auf Mittel sannen, ihren Haß zur Thätlichkeit werden zu lassen: Sklaven, Sklavinnen, alles hatte den Groll von seiner Gebieterinn angenommen und verfolgte sich, als wenn es seine eigne An- gelegenheit wäre. Vorzüglich äußerte sich diese Feindschaft bey der Geburt eines Kindes; die eine von den beyden Weibern war ganz unfruchtbar, und die andre hinge- gen hatte ihrem Herrn schon drey Kinder ge- boren: ein solcher Vorzug war des bittersten Neides werth. Als diese Glückliche zum
vier-
*) So werden die Christen im Oriente genennt.
hundert Peitſchenhiebe mitzutheilen, und ver- tauſchte mich gegen ein ſchoͤnes kaſtanien- braunes Pferd an einen Franken, *) der mich endlich in die Haͤnde eines perſiſchen Herrn brachte, eines der maͤchtigſten Herrn im Koͤnigreiche; und ich wurde unter die Zahl ſeiner Beyſchlaͤferinnen aufgenommen. Ob er gleich aus beſondern Abſichten nur zwey Weiber hatte, ſo war doch ſein Haus ein beſtaͤndiger Schauplatz des Zanks und Tumultes: es theilte ſich in zwo Faktionen, die einander toͤdtlich haßten und mit aller Erfindungskraft auf Mittel ſannen, ihren Haß zur Thaͤtlichkeit werden zu laſſen: Sklaven, Sklavinnen, alles hatte den Groll von ſeiner Gebieterinn angenommen und verfolgte ſich, als wenn es ſeine eigne An- gelegenheit waͤre. Vorzuͤglich aͤußerte ſich dieſe Feindſchaft bey der Geburt eines Kindes; die eine von den beyden Weibern war ganz unfruchtbar, und die andre hinge- gen hatte ihrem Herrn ſchon drey Kinder ge- boren: ein ſolcher Vorzug war des bitterſten Neides werth. Als dieſe Gluͤckliche zum
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*) So werden die Chriſten im Oriente genennt.
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hundert Peitſchenhiebe mitzutheilen, und ver-
tauſchte mich gegen ein ſchoͤnes kaſtanien-
braunes Pferd an einen Franken, *) der
mich endlich in die Haͤnde eines perſiſchen
Herrn brachte, eines der maͤchtigſten Herrn
im Koͤnigreiche; und ich wurde unter die
Zahl ſeiner Beyſchlaͤferinnen aufgenommen.
Ob er gleich aus beſondern Abſichten nur
zwey Weiber hatte, ſo war doch ſein Haus
ein beſtaͤndiger Schauplatz des Zanks und
Tumultes: es theilte ſich in zwo Faktionen,
die einander toͤdtlich haßten und mit aller
Erfindungskraft auf Mittel ſannen, ihren
Haß zur Thaͤtlichkeit werden zu laſſen:
Sklaven, Sklavinnen, alles hatte den Groll
von ſeiner Gebieterinn angenommen und
verfolgte ſich, als wenn es ſeine eigne An-
gelegenheit waͤre. Vorzuͤglich aͤußerte ſich
dieſe Feindſchaft bey der Geburt eines
Kindes; die eine von den beyden Weibern
war ganz unfruchtbar, und die andre hinge-
gen hatte ihrem Herrn ſchon drey Kinder ge-
boren: ein ſolcher Vorzug war des bitterſten
Neides werth. Als dieſe Gluͤckliche zum
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*) So werden die Chriſten im Oriente genennt.
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Wezel, Johann Carl: Belphegor, oder die wahrscheinlichste Geschichte unter der Sonne. Bd. 2. Leipzig, 1776, S. 132. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wezel_belphegor02_1776/138>, abgerufen am 22.12.2024.
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