Beyschläferinnen zu werden. Er hatte dem Sultan, seinem Herrn, wichtige Dienste im Kriege gethan und noch vor kurzem etliche Provinzen erobert, weswegen ihm sein Herr mit vieler Achtung und Schonung begegnete. Einer von den Feldherren, der mit ihm eine gleich lange Zeit gedient hatte und es höchst übel empfand, daß ihm das Glück weniger gewogen war und ihn etliche Stufen niedri- ger in der Gunst seines Despoten sitzen ließ, hielt sich für verpflichtet, einen solchen Mann zu hassen, zu verfolgen, und wo mög- lich, unter sich zu erniedrigen. Er suchte jede Gelegenheit anzuwenden, ihn seinem Herrn verdächtig zu machen; und keine glückte ihm. Seine Mißgunst stieg zu einer solchen Höhe, daß es ihm genug war, sei- nen Nebenbuhler zu stürzen, wenn er gleich selbst in seinen Fall mit hinabgezogen wer- den sollte. Unter den vielen fehlgeschlage- nen Listen erfand er endlich eine glückliche, wobey ich die Hauptrolle spielte.
Als ich eines Tages dicht an den Mauern des Harems Feldblumen für meine Gebie- terinn suchen mußte, so näherte sich mir ein alter Evnuche und versprach mir gleich bey
der
Beyſchlaͤferinnen zu werden. Er hatte dem Sultan, ſeinem Herrn, wichtige Dienſte im Kriege gethan und noch vor kurzem etliche Provinzen erobert, weswegen ihm ſein Herr mit vieler Achtung und Schonung begegnete. Einer von den Feldherren, der mit ihm eine gleich lange Zeit gedient hatte und es hoͤchſt uͤbel empfand, daß ihm das Gluͤck weniger gewogen war und ihn etliche Stufen niedri- ger in der Gunſt ſeines Deſpoten ſitzen ließ, hielt ſich fuͤr verpflichtet, einen ſolchen Mann zu haſſen, zu verfolgen, und wo moͤg- lich, unter ſich zu erniedrigen. Er ſuchte jede Gelegenheit anzuwenden, ihn ſeinem Herrn verdaͤchtig zu machen; und keine gluͤckte ihm. Seine Mißgunſt ſtieg zu einer ſolchen Hoͤhe, daß es ihm genug war, ſei- nen Nebenbuhler zu ſtuͤrzen, wenn er gleich ſelbſt in ſeinen Fall mit hinabgezogen wer- den ſollte. Unter den vielen fehlgeſchlage- nen Liſten erfand er endlich eine gluͤckliche, wobey ich die Hauptrolle ſpielte.
Als ich eines Tages dicht an den Mauern des Harems Feldblumen fuͤr meine Gebie- terinn ſuchen mußte, ſo naͤherte ſich mir ein alter Evnuche und verſprach mir gleich bey
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Beyſchlaͤferinnen zu werden. Er hatte dem
Sultan, ſeinem Herrn, wichtige Dienſte im
Kriege gethan und noch vor kurzem etliche
Provinzen erobert, weswegen ihm ſein Herr
mit vieler Achtung und Schonung begegnete.
Einer von den Feldherren, der mit ihm eine
gleich lange Zeit gedient hatte und es hoͤchſt
uͤbel empfand, daß ihm das Gluͤck weniger
gewogen war und ihn etliche Stufen niedri-
ger in der Gunſt ſeines Deſpoten ſitzen ließ,
hielt ſich fuͤr verpflichtet, einen ſolchen
Mann zu haſſen, zu verfolgen, und wo moͤg-
lich, unter ſich zu erniedrigen. Er ſuchte
jede Gelegenheit anzuwenden, ihn ſeinem
Herrn verdaͤchtig zu machen; und keine
gluͤckte ihm. Seine Mißgunſt ſtieg zu einer
ſolchen Hoͤhe, daß es ihm genug war, ſei-
nen Nebenbuhler zu ſtuͤrzen, wenn er gleich
ſelbſt in ſeinen Fall mit hinabgezogen wer-
den ſollte. Unter den vielen fehlgeſchlage-
nen Liſten erfand er endlich eine gluͤckliche,
wobey ich die Hauptrolle ſpielte.
Als ich eines Tages dicht an den Mauern
des Harems Feldblumen fuͤr meine Gebie-
terinn ſuchen mußte, ſo naͤherte ſich mir ein
alter Evnuche und verſprach mir gleich bey
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Wezel, Johann Carl: Belphegor, oder die wahrscheinlichste Geschichte unter der Sonne. Bd. 2. Leipzig, 1776, S. 134. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wezel_belphegor02_1776/140>, abgerufen am 22.12.2024.
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