Du sollst, sagte er mir, von Stund an zur Beyschläferinn des erhabnen Fali, des gro- ßen Feldherrn ausgerufen werden, und so- gleich wirf die Sklavenkleider von dir und ziehe dieses Gewand an, das dich mit dei- ner bisherigen Gebieterinn in gleichen Rang setzt, und, wenn du klug genug bist, mei- nen Rathschlägen getreulich folgst und die nöthige Vorsichtigkeit gebrauchst, dich an die Spitze des ganzen Harem emporheben wird. -- Ich zog das kostbare Kleid an, gelobte ihm den unverbrüchlichsten Gehorsam und folgte ihm, worauf ich in ein schönes möblirtes Zimmer kam, das mir nebst etlichen andern zu meiner Wohnung bestimmt war: die für mich bestellten Verschnittene und Sklavinnen empfiengen mich und stunden auf jeden mei- ner Winke in Bereitschaft: -- kurz, ich war die geehrteste glücklichste Bewohnerinn des ganzen Harems und in der Gunst mei- nes Herrn die oberste.
Guter Mann! Du weißt es vielleicht aus eigner trauriger Erfahrung, daß der Neid unmittelbar in die Fußtapfe tritt, wenn die Größe den Fuß von ihr aufhebt: ich erwar- tete ihn und trug ihn daher desto standhafter.
Meine
Du ſollſt, ſagte er mir, von Stund an zur Beyſchlaͤferinn des erhabnen Fali, des gro- ßen Feldherrn ausgerufen werden, und ſo- gleich wirf die Sklavenkleider von dir und ziehe dieſes Gewand an, das dich mit dei- ner bisherigen Gebieterinn in gleichen Rang ſetzt, und, wenn du klug genug biſt, mei- nen Rathſchlaͤgen getreulich folgſt und die noͤthige Vorſichtigkeit gebrauchſt, dich an die Spitze des ganzen Harem emporheben wird. — Ich zog das koſtbare Kleid an, gelobte ihm den unverbruͤchlichſten Gehorſam und folgte ihm, worauf ich in ein ſchoͤnes moͤblirtes Zimmer kam, das mir nebſt etlichen andern zu meiner Wohnung beſtimmt war: die fuͤr mich beſtellten Verſchnittene und Sklavinnen empfiengen mich und ſtunden auf jeden mei- ner Winke in Bereitſchaft: — kurz, ich war die geehrteſte gluͤcklichſte Bewohnerinn des ganzen Harems und in der Gunſt mei- nes Herrn die oberſte.
Guter Mann! Du weißt es vielleicht aus eigner trauriger Erfahrung, daß der Neid unmittelbar in die Fußtapfe tritt, wenn die Groͤße den Fuß von ihr aufhebt: ich erwar- tete ihn und trug ihn daher deſto ſtandhafter.
Meine
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Du ſollſt, ſagte er mir, von Stund an zur
Beyſchlaͤferinn des erhabnen Fali, des gro-
ßen Feldherrn ausgerufen werden, und ſo-
gleich wirf die Sklavenkleider von dir und
ziehe dieſes Gewand an, das dich mit dei-
ner bisherigen Gebieterinn in gleichen Rang
ſetzt, und, wenn du klug genug biſt, mei-
nen Rathſchlaͤgen getreulich folgſt und die
noͤthige Vorſichtigkeit gebrauchſt, dich an die
Spitze des ganzen Harem emporheben wird.
— Ich zog das koſtbare Kleid an, gelobte ihm
den unverbruͤchlichſten Gehorſam und folgte
ihm, worauf ich in ein ſchoͤnes moͤblirtes
Zimmer kam, das mir nebſt etlichen andern
zu meiner Wohnung beſtimmt war: die fuͤr
mich beſtellten Verſchnittene und Sklavinnen
empfiengen mich und ſtunden auf jeden mei-
ner Winke in Bereitſchaft: — kurz, ich
war die geehrteſte gluͤcklichſte Bewohnerinn
des ganzen Harems und in der Gunſt mei-
nes Herrn die oberſte.
Guter Mann! Du weißt es vielleicht aus
eigner trauriger Erfahrung, daß der Neid
unmittelbar in die Fußtapfe tritt, wenn die
Groͤße den Fuß von ihr aufhebt: ich erwar-
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Wezel, Johann Carl: Belphegor, oder die wahrscheinlichste Geschichte unter der Sonne. Bd. 2. Leipzig, 1776, S. 137. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wezel_belphegor02_1776/143>, abgerufen am 22.12.2024.
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