zerwühlen und die Befestigung derselben so locker machen, daß sie unfehlbar herunter- fallen und mich tödten mußte. Ob man gleich bey diesem mörderischen Anschlage die nöthigsten Maasregeln ergriffen hatte, um den völligen Einsturz zu veranstalten, wenn ich den Untergang nicht vermeiden konnte, so kam doch der Zufall ihren weisen Veran- staltungen zuvor, und warf die Decke mit einem gewaltigen Krachen hernieder, als ich eben auf den glücklichen Sofa in den Armen des großen Fali in der vollsten Em- pfindung lag. Der Feldherr, der über diese Störung seines Vergnügens ergrimmte, forschte nach dem Thäter; denn man fand deutliche Spuren, daß Kunst gebraucht wor- den war, den Fall zu befördern: er forschte mit aller Strenge nach ihm, doch ohne ihn zu entdecken. Diese Fruchtlosigkeit seiner Bemühung ließ ihm eine Verschwörung ver- muthen, in welche, wo nicht das ganze Harem, doch wenigstens der größte Theil desselben verwickelt seyn mußte: theils um zu strafen, theils um abzuschrecken, ließ er ein schreckliches Blutbad anrichten, das die Hälfte des Serails und mit derselben auch
meine
zerwuͤhlen und die Befeſtigung derſelben ſo locker machen, daß ſie unfehlbar herunter- fallen und mich toͤdten mußte. Ob man gleich bey dieſem moͤrderiſchen Anſchlage die noͤthigſten Maasregeln ergriffen hatte, um den voͤlligen Einſturz zu veranſtalten, wenn ich den Untergang nicht vermeiden konnte, ſo kam doch der Zufall ihren weiſen Veran- ſtaltungen zuvor, und warf die Decke mit einem gewaltigen Krachen hernieder, als ich eben auf den gluͤcklichen Sofa in den Armen des großen Fali in der vollſten Em- pfindung lag. Der Feldherr, der uͤber dieſe Stoͤrung ſeines Vergnuͤgens ergrimmte, forſchte nach dem Thaͤter; denn man fand deutliche Spuren, daß Kunſt gebraucht wor- den war, den Fall zu befoͤrdern: er forſchte mit aller Strenge nach ihm, doch ohne ihn zu entdecken. Dieſe Fruchtloſigkeit ſeiner Bemuͤhung ließ ihm eine Verſchwoͤrung ver- muthen, in welche, wo nicht das ganze Harem, doch wenigſtens der groͤßte Theil deſſelben verwickelt ſeyn mußte: theils um zu ſtrafen, theils um abzuſchrecken, ließ er ein ſchreckliches Blutbad anrichten, das die Haͤlfte des Serails und mit derſelben auch
meine
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0145"n="139"/>
zerwuͤhlen und die Befeſtigung derſelben ſo<lb/>
locker machen, daß ſie unfehlbar herunter-<lb/>
fallen und mich toͤdten mußte. Ob man<lb/>
gleich bey dieſem moͤrderiſchen Anſchlage die<lb/>
noͤthigſten Maasregeln ergriffen hatte, um<lb/>
den voͤlligen Einſturz zu veranſtalten, wenn<lb/>
ich den Untergang nicht vermeiden konnte,<lb/>ſo kam doch der Zufall ihren weiſen Veran-<lb/>ſtaltungen zuvor, und warf die Decke mit<lb/>
einem gewaltigen Krachen hernieder, als<lb/>
ich eben auf den gluͤcklichen Sofa in den<lb/>
Armen des großen Fali in der vollſten Em-<lb/>
pfindung lag. Der Feldherr, der uͤber dieſe<lb/>
Stoͤrung ſeines Vergnuͤgens ergrimmte,<lb/>
forſchte nach dem Thaͤter; denn man fand<lb/>
deutliche Spuren, daß Kunſt gebraucht wor-<lb/>
den war, den Fall zu befoͤrdern: er forſchte<lb/>
mit aller Strenge nach ihm, doch ohne ihn<lb/>
zu entdecken. Dieſe Fruchtloſigkeit ſeiner<lb/>
Bemuͤhung ließ ihm eine Verſchwoͤrung ver-<lb/>
muthen, in welche, wo nicht das ganze<lb/>
Harem, doch wenigſtens der groͤßte Theil<lb/>
deſſelben verwickelt ſeyn mußte: theils um<lb/>
zu ſtrafen, theils um abzuſchrecken, ließ er<lb/>
ein ſchreckliches Blutbad anrichten, das die<lb/>
Haͤlfte des Serails und mit derſelben auch<lb/><fwplace="bottom"type="catch">meine</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[139/0145]
zerwuͤhlen und die Befeſtigung derſelben ſo
locker machen, daß ſie unfehlbar herunter-
fallen und mich toͤdten mußte. Ob man
gleich bey dieſem moͤrderiſchen Anſchlage die
noͤthigſten Maasregeln ergriffen hatte, um
den voͤlligen Einſturz zu veranſtalten, wenn
ich den Untergang nicht vermeiden konnte,
ſo kam doch der Zufall ihren weiſen Veran-
ſtaltungen zuvor, und warf die Decke mit
einem gewaltigen Krachen hernieder, als
ich eben auf den gluͤcklichen Sofa in den
Armen des großen Fali in der vollſten Em-
pfindung lag. Der Feldherr, der uͤber dieſe
Stoͤrung ſeines Vergnuͤgens ergrimmte,
forſchte nach dem Thaͤter; denn man fand
deutliche Spuren, daß Kunſt gebraucht wor-
den war, den Fall zu befoͤrdern: er forſchte
mit aller Strenge nach ihm, doch ohne ihn
zu entdecken. Dieſe Fruchtloſigkeit ſeiner
Bemuͤhung ließ ihm eine Verſchwoͤrung ver-
muthen, in welche, wo nicht das ganze
Harem, doch wenigſtens der groͤßte Theil
deſſelben verwickelt ſeyn mußte: theils um
zu ſtrafen, theils um abzuſchrecken, ließ er
ein ſchreckliches Blutbad anrichten, das die
Haͤlfte des Serails und mit derſelben auch
meine
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Wezel, Johann Carl: Belphegor, oder die wahrscheinlichste Geschichte unter der Sonne. Bd. 2. Leipzig, 1776, S. 139. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wezel_belphegor02_1776/145>, abgerufen am 22.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.