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Wezel, Johann Carl: Belphegor, oder die wahrscheinlichste Geschichte unter der Sonne. Bd. 2. Leipzig, 1776.

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meine vorige Gebieterinn wegnahm. Ich
bat, ich flehte; aber der rasende Fali war
unerbittlich und ruhte nicht eher als bis er
die Zusammenrottung in Strömen Menschen-
blut ersäuft hatte.

Kurz nach diesem grausen Auftritte ent-
zündete sich ein neuer Krieg: alles war in
Zwietracht; und mein alter Evunche berich-
tete mir, daß er der einzige Urheber dieser
Unruhen sey und sie zu Beförderung seiner
Absichten nie erlöschen lassen dürfe. -- Und
welche sind das? fragte ich neugierig. --
Absichten, erwiederte er, deren Reife her-
annaht. So höre dann! Den Mann, in
dessen Umarmung du bisher die süßesten Em-
pfindungen der Liebe geschmeckt hast, sollst
du stürzen. -- Ihn? fuhr ich auf: ihn,
von dessen Händen ich Glück und Wohlseyn
empfieng, der mich auf die oberste Staffel
seiner Gunst erhob, ihn sollte ich stürzen?
Undankbar will ich nimmermehr seyn. --
So stürze dich! war seine kalte Antwort.
Wähle zwischen seinem und deinem Unter-
gange! -- Ich wollte Einwendungen ma-
chen und Fragen thun, aber er schnitt mir
meine Rede gerade zu ab, verbot mir alle

Decla-

meine vorige Gebieterinn wegnahm. Ich
bat, ich flehte; aber der raſende Fali war
unerbittlich und ruhte nicht eher als bis er
die Zuſammenrottung in Stroͤmen Menſchen-
blut erſaͤuft hatte.

Kurz nach dieſem grauſen Auftritte ent-
zuͤndete ſich ein neuer Krieg: alles war in
Zwietracht; und mein alter Evunche berich-
tete mir, daß er der einzige Urheber dieſer
Unruhen ſey und ſie zu Befoͤrderung ſeiner
Abſichten nie erloͤſchen laſſen duͤrfe. — Und
welche ſind das? fragte ich neugierig. —
Abſichten, erwiederte er, deren Reife her-
annaht. So hoͤre dann! Den Mann, in
deſſen Umarmung du bisher die ſuͤßeſten Em-
pfindungen der Liebe geſchmeckt haſt, ſollſt
du ſtuͤrzen. — Ihn? fuhr ich auf: ihn,
von deſſen Haͤnden ich Gluͤck und Wohlſeyn
empfieng, der mich auf die oberſte Staffel
ſeiner Gunſt erhob, ihn ſollte ich ſtuͤrzen?
Undankbar will ich nimmermehr ſeyn. —
So ſtuͤrze dich! war ſeine kalte Antwort.
Waͤhle zwiſchen ſeinem und deinem Unter-
gange! — Ich wollte Einwendungen ma-
chen und Fragen thun, aber er ſchnitt mir
meine Rede gerade zu ab, verbot mir alle

Decla-
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[140/0146] meine vorige Gebieterinn wegnahm. Ich bat, ich flehte; aber der raſende Fali war unerbittlich und ruhte nicht eher als bis er die Zuſammenrottung in Stroͤmen Menſchen- blut erſaͤuft hatte. Kurz nach dieſem grauſen Auftritte ent- zuͤndete ſich ein neuer Krieg: alles war in Zwietracht; und mein alter Evunche berich- tete mir, daß er der einzige Urheber dieſer Unruhen ſey und ſie zu Befoͤrderung ſeiner Abſichten nie erloͤſchen laſſen duͤrfe. — Und welche ſind das? fragte ich neugierig. — Abſichten, erwiederte er, deren Reife her- annaht. So hoͤre dann! Den Mann, in deſſen Umarmung du bisher die ſuͤßeſten Em- pfindungen der Liebe geſchmeckt haſt, ſollſt du ſtuͤrzen. — Ihn? fuhr ich auf: ihn, von deſſen Haͤnden ich Gluͤck und Wohlſeyn empfieng, der mich auf die oberſte Staffel ſeiner Gunſt erhob, ihn ſollte ich ſtuͤrzen? Undankbar will ich nimmermehr ſeyn. — So ſtuͤrze dich! war ſeine kalte Antwort. Waͤhle zwiſchen ſeinem und deinem Unter- gange! — Ich wollte Einwendungen ma- chen und Fragen thun, aber er ſchnitt mir meine Rede gerade zu ab, verbot mir alle Decla-

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Zitationshilfe: Wezel, Johann Carl: Belphegor, oder die wahrscheinlichste Geschichte unter der Sonne. Bd. 2. Leipzig, 1776, S. 140. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wezel_belphegor02_1776/146>, abgerufen am 22.12.2024.