porschwellen: nimm, iß! und wenn du dann zu der wichtigen Unternehmung dich nicht hingerissen fühlst, so bist du nicht werth, daß du aus der Brust deiner Mutter einen Tropfen Blut empfiengst. --
Der glühende Belphegor nahm den ange- botnen Opium und verschluckte eine große Menge, die in kurzer Zeit eine flüchtige An- spannung aller seiner Gefäße veranlaßte, daß seine Imagination aufbrauste; und in diesem Taumel gab er Akanten die Hand, schwur ihr einen theuern Eyd, und nichts war gewisser, als daß sie beide, wie irrende Ritter, zu der Erlösung des weiblichen Ge- schlechts auswandern wollten. Da sie in einem Lande waren, das ihnen Gelegenheit genug anbieten konnte, ihre ritterliche Tapfer- keit zu üben, so sollte das Kriegstheater zuerst dort eröffnet werden. Sie fiengen den Zug an, und ihre vier Arme dünkten ihnen in ihrer stolzen Berauschung so stark als hundert- tausend zu seyn, weswegen sie nicht die min- deste Bedenklichkeit hatten, ohne Hülfstrup- pen mit dem ganzen Oriente allein fertig zu werden. Sie rückten an den nächsten Ort an, drangen mit Geschrey in ein Haus und
verlan-
porſchwellen: nimm, iß! und wenn du dann zu der wichtigen Unternehmung dich nicht hingeriſſen fuͤhlſt, ſo biſt du nicht werth, daß du aus der Bruſt deiner Mutter einen Tropfen Blut empfiengſt. —
Der gluͤhende Belphegor nahm den ange- botnen Opium und verſchluckte eine große Menge, die in kurzer Zeit eine fluͤchtige An- ſpannung aller ſeiner Gefaͤße veranlaßte, daß ſeine Imagination aufbrauſte; und in dieſem Taumel gab er Akanten die Hand, ſchwur ihr einen theuern Eyd, und nichts war gewiſſer, als daß ſie beide, wie irrende Ritter, zu der Erloͤſung des weiblichen Ge- ſchlechts auswandern wollten. Da ſie in einem Lande waren, das ihnen Gelegenheit genug anbieten konnte, ihre ritterliche Tapfer- keit zu uͤben, ſo ſollte das Kriegstheater zuerſt dort eroͤffnet werden. Sie fiengen den Zug an, und ihre vier Arme duͤnkten ihnen in ihrer ſtolzen Berauſchung ſo ſtark als hundert- tauſend zu ſeyn, weswegen ſie nicht die min- deſte Bedenklichkeit hatten, ohne Huͤlfstrup- pen mit dem ganzen Oriente allein fertig zu werden. Sie ruͤckten an den naͤchſten Ort an, drangen mit Geſchrey in ein Haus und
verlan-
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0162"n="156"/>
porſchwellen: nimm, iß! und wenn du dann<lb/>
zu der wichtigen Unternehmung dich nicht<lb/>
hingeriſſen fuͤhlſt, ſo biſt du nicht werth,<lb/>
daß du aus der Bruſt deiner Mutter einen<lb/>
Tropfen Blut empfiengſt. —</p><lb/><p>Der gluͤhende Belphegor nahm den ange-<lb/>
botnen Opium und verſchluckte eine große<lb/>
Menge, die in kurzer Zeit eine fluͤchtige An-<lb/>ſpannung aller ſeiner Gefaͤße veranlaßte,<lb/>
daß ſeine Imagination aufbrauſte; und in<lb/>
dieſem Taumel gab er Akanten die Hand,<lb/>ſchwur ihr einen theuern Eyd, und nichts<lb/>
war gewiſſer, als daß ſie beide, wie irrende<lb/>
Ritter, zu der Erloͤſung des weiblichen Ge-<lb/>ſchlechts auswandern wollten. Da ſie in<lb/>
einem Lande waren, das ihnen Gelegenheit<lb/>
genug anbieten konnte, ihre ritterliche Tapfer-<lb/>
keit zu uͤben, ſo ſollte das Kriegstheater zuerſt<lb/>
dort eroͤffnet werden. Sie fiengen den Zug<lb/>
an, und ihre vier Arme duͤnkten ihnen in<lb/>
ihrer ſtolzen Berauſchung ſo ſtark als hundert-<lb/>
tauſend zu ſeyn, weswegen ſie nicht die min-<lb/>
deſte Bedenklichkeit hatten, ohne Huͤlfstrup-<lb/>
pen mit dem ganzen Oriente allein fertig zu<lb/>
werden. Sie ruͤckten an den naͤchſten Ort<lb/>
an, drangen mit Geſchrey in ein Haus und<lb/><fwplace="bottom"type="catch">verlan-</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[156/0162]
porſchwellen: nimm, iß! und wenn du dann
zu der wichtigen Unternehmung dich nicht
hingeriſſen fuͤhlſt, ſo biſt du nicht werth,
daß du aus der Bruſt deiner Mutter einen
Tropfen Blut empfiengſt. —
Der gluͤhende Belphegor nahm den ange-
botnen Opium und verſchluckte eine große
Menge, die in kurzer Zeit eine fluͤchtige An-
ſpannung aller ſeiner Gefaͤße veranlaßte,
daß ſeine Imagination aufbrauſte; und in
dieſem Taumel gab er Akanten die Hand,
ſchwur ihr einen theuern Eyd, und nichts
war gewiſſer, als daß ſie beide, wie irrende
Ritter, zu der Erloͤſung des weiblichen Ge-
ſchlechts auswandern wollten. Da ſie in
einem Lande waren, das ihnen Gelegenheit
genug anbieten konnte, ihre ritterliche Tapfer-
keit zu uͤben, ſo ſollte das Kriegstheater zuerſt
dort eroͤffnet werden. Sie fiengen den Zug
an, und ihre vier Arme duͤnkten ihnen in
ihrer ſtolzen Berauſchung ſo ſtark als hundert-
tauſend zu ſeyn, weswegen ſie nicht die min-
deſte Bedenklichkeit hatten, ohne Huͤlfstrup-
pen mit dem ganzen Oriente allein fertig zu
werden. Sie ruͤckten an den naͤchſten Ort
an, drangen mit Geſchrey in ein Haus und
verlan-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Wezel, Johann Carl: Belphegor, oder die wahrscheinlichste Geschichte unter der Sonne. Bd. 2. Leipzig, 1776, S. 156. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wezel_belphegor02_1776/162>, abgerufen am 22.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.