Belphegor und Akante hatten nebst ihren Gefährten einige Zeit in dem Gehölze zuge- bracht; als diese sie plötzlich verließen und durchaus nichts mehr mit ihnen zu schaffen haben wollten.
Trauriges Schicksal! rief Belphegor. Trauriges Schicksal! rief Akante; und bey- de wollten mit aller Gewalt sterben: sie ba- ten den Tod inständigst, mit ihren Körpern die Raubthiere der dortigen Gegend zu be- dienen, aber der Tod war taub: sie erblick- ten Früchte, langten zu, erquickten sich und wurden durch die einzelnen Stämme der Bäume Wasser gewahr, giengen darauf zu und fanden -- offenbares Meer. Viel- leicht, sprach Belphegor wieder auflebend, vielleicht hat uns hier über diese Fluthen der Himmel einen Weg gebahnt, um in das köstliche Europa wieder zurückzukehren. Lebe auf, Akante! Hier ist der Weg in unser Va- terland. Alles, was ich dort ausgestanden habe, von deinen Hüftenstößen bis zum Auf- hängen unter den Lettomanern, ist nichts gegen die Schmerzen, die ich in andern Welttheilen habe ertragen müssen. Wenig- stens kann man dort ruhiger Zuschauer von
dem
Belphegor und Akante hatten nebſt ihren Gefaͤhrten einige Zeit in dem Gehoͤlze zuge- bracht; als dieſe ſie ploͤtzlich verließen und durchaus nichts mehr mit ihnen zu ſchaffen haben wollten.
Trauriges Schickſal! rief Belphegor. Trauriges Schickſal! rief Akante; und bey- de wollten mit aller Gewalt ſterben: ſie ba- ten den Tod inſtaͤndigſt, mit ihren Koͤrpern die Raubthiere der dortigen Gegend zu be- dienen, aber der Tod war taub: ſie erblick- ten Fruͤchte, langten zu, erquickten ſich und wurden durch die einzelnen Staͤmme der Baͤume Waſſer gewahr, giengen darauf zu und fanden — offenbares Meer. Viel- leicht, ſprach Belphegor wieder auflebend, vielleicht hat uns hier uͤber dieſe Fluthen der Himmel einen Weg gebahnt, um in das koͤſtliche Europa wieder zuruͤckzukehren. Lebe auf, Akante! Hier iſt der Weg in unſer Va- terland. Alles, was ich dort ausgeſtanden habe, von deinen Huͤftenſtoͤßen bis zum Auf- haͤngen unter den Lettomanern, iſt nichts gegen die Schmerzen, die ich in andern Welttheilen habe ertragen muͤſſen. Wenig- ſtens kann man dort ruhiger Zuſchauer von
dem
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Belphegor und Akante hatten nebſt ihren
Gefaͤhrten einige Zeit in dem Gehoͤlze zuge-
bracht; als dieſe ſie ploͤtzlich verließen und
durchaus nichts mehr mit ihnen zu ſchaffen
haben wollten.
Trauriges Schickſal! rief Belphegor.
Trauriges Schickſal! rief Akante; und bey-
de wollten mit aller Gewalt ſterben: ſie ba-
ten den Tod inſtaͤndigſt, mit ihren Koͤrpern
die Raubthiere der dortigen Gegend zu be-
dienen, aber der Tod war taub: ſie erblick-
ten Fruͤchte, langten zu, erquickten ſich und
wurden durch die einzelnen Staͤmme der
Baͤume Waſſer gewahr, giengen darauf zu
und fanden — offenbares Meer. Viel-
leicht, ſprach Belphegor wieder auflebend,
vielleicht hat uns hier uͤber dieſe Fluthen der
Himmel einen Weg gebahnt, um in das
koͤſtliche Europa wieder zuruͤckzukehren. Lebe
auf, Akante! Hier iſt der Weg in unſer Va-
terland. Alles, was ich dort ausgeſtanden
habe, von deinen Huͤftenſtoͤßen bis zum Auf-
haͤngen unter den Lettomanern, iſt nichts
gegen die Schmerzen, die ich in andern
Welttheilen habe ertragen muͤſſen. Wenig-
ſtens kann man dort ruhiger Zuſchauer von
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Wezel, Johann Carl: Belphegor, oder die wahrscheinlichste Geschichte unter der Sonne. Bd. 2. Leipzig, 1776, S. 162. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wezel_belphegor02_1776/168>, abgerufen am 22.12.2024.
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