Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wezel, Johann Carl: Belphegor, oder die wahrscheinlichste Geschichte unter der Sonne. Bd. 2. Leipzig, 1776.

Bild:
<< vorherige Seite

Belphegor und Akante hatten nebst ihren
Gefährten einige Zeit in dem Gehölze zuge-
bracht; als diese sie plötzlich verließen und
durchaus nichts mehr mit ihnen zu schaffen
haben wollten.

Trauriges Schicksal! rief Belphegor.
Trauriges Schicksal! rief Akante; und bey-
de wollten mit aller Gewalt sterben: sie ba-
ten den Tod inständigst, mit ihren Körpern
die Raubthiere der dortigen Gegend zu be-
dienen, aber der Tod war taub: sie erblick-
ten Früchte, langten zu, erquickten sich und
wurden durch die einzelnen Stämme der
Bäume Wasser gewahr, giengen darauf zu
und fanden -- offenbares Meer. Viel-
leicht, sprach Belphegor wieder auflebend,
vielleicht hat uns hier über diese Fluthen der
Himmel einen Weg gebahnt, um in das
köstliche Europa wieder zurückzukehren. Lebe
auf, Akante! Hier ist der Weg in unser Va-
terland. Alles, was ich dort ausgestanden
habe, von deinen Hüftenstößen bis zum Auf-
hängen unter den Lettomanern, ist nichts
gegen die Schmerzen, die ich in andern
Welttheilen habe ertragen müssen. Wenig-
stens kann man dort ruhiger Zuschauer von

dem

Belphegor und Akante hatten nebſt ihren
Gefaͤhrten einige Zeit in dem Gehoͤlze zuge-
bracht; als dieſe ſie ploͤtzlich verließen und
durchaus nichts mehr mit ihnen zu ſchaffen
haben wollten.

Trauriges Schickſal! rief Belphegor.
Trauriges Schickſal! rief Akante; und bey-
de wollten mit aller Gewalt ſterben: ſie ba-
ten den Tod inſtaͤndigſt, mit ihren Koͤrpern
die Raubthiere der dortigen Gegend zu be-
dienen, aber der Tod war taub: ſie erblick-
ten Fruͤchte, langten zu, erquickten ſich und
wurden durch die einzelnen Staͤmme der
Baͤume Waſſer gewahr, giengen darauf zu
und fanden — offenbares Meer. Viel-
leicht, ſprach Belphegor wieder auflebend,
vielleicht hat uns hier uͤber dieſe Fluthen der
Himmel einen Weg gebahnt, um in das
koͤſtliche Europa wieder zuruͤckzukehren. Lebe
auf, Akante! Hier iſt der Weg in unſer Va-
terland. Alles, was ich dort ausgeſtanden
habe, von deinen Huͤftenſtoͤßen bis zum Auf-
haͤngen unter den Lettomanern, iſt nichts
gegen die Schmerzen, die ich in andern
Welttheilen habe ertragen muͤſſen. Wenig-
ſtens kann man dort ruhiger Zuſchauer von

dem
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0168" n="162"/>
        <p>Belphegor und Akante hatten neb&#x017F;t ihren<lb/>
Gefa&#x0364;hrten einige Zeit in dem Geho&#x0364;lze zuge-<lb/>
bracht; als die&#x017F;e &#x017F;ie plo&#x0364;tzlich verließen und<lb/>
durchaus nichts mehr mit ihnen zu &#x017F;chaffen<lb/>
haben wollten.</p><lb/>
        <p>Trauriges Schick&#x017F;al! rief Belphegor.<lb/>
Trauriges Schick&#x017F;al! rief Akante; und bey-<lb/>
de wollten mit aller Gewalt &#x017F;terben: &#x017F;ie ba-<lb/>
ten den Tod in&#x017F;ta&#x0364;ndig&#x017F;t, mit ihren Ko&#x0364;rpern<lb/>
die Raubthiere der dortigen Gegend zu be-<lb/>
dienen, aber der Tod war taub: &#x017F;ie erblick-<lb/>
ten Fru&#x0364;chte, langten zu, erquickten &#x017F;ich und<lb/>
wurden durch die einzelnen Sta&#x0364;mme der<lb/>
Ba&#x0364;ume Wa&#x017F;&#x017F;er gewahr, giengen darauf zu<lb/>
und fanden &#x2014; offenbares Meer. Viel-<lb/>
leicht, &#x017F;prach Belphegor wieder auflebend,<lb/>
vielleicht hat uns hier u&#x0364;ber die&#x017F;e Fluthen der<lb/>
Himmel einen Weg gebahnt, um in das<lb/>
ko&#x0364;&#x017F;tliche Europa wieder zuru&#x0364;ckzukehren. Lebe<lb/>
auf, Akante! Hier i&#x017F;t der Weg in un&#x017F;er Va-<lb/>
terland. Alles, was ich dort ausge&#x017F;tanden<lb/>
habe, von deinen Hu&#x0364;ften&#x017F;to&#x0364;ßen bis zum Auf-<lb/>
ha&#x0364;ngen unter den Lettomanern, i&#x017F;t nichts<lb/>
gegen die Schmerzen, die ich in andern<lb/>
Welttheilen habe ertragen mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en. Wenig-<lb/>
&#x017F;tens kann man dort ruhiger Zu&#x017F;chauer von<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">dem</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[162/0168] Belphegor und Akante hatten nebſt ihren Gefaͤhrten einige Zeit in dem Gehoͤlze zuge- bracht; als dieſe ſie ploͤtzlich verließen und durchaus nichts mehr mit ihnen zu ſchaffen haben wollten. Trauriges Schickſal! rief Belphegor. Trauriges Schickſal! rief Akante; und bey- de wollten mit aller Gewalt ſterben: ſie ba- ten den Tod inſtaͤndigſt, mit ihren Koͤrpern die Raubthiere der dortigen Gegend zu be- dienen, aber der Tod war taub: ſie erblick- ten Fruͤchte, langten zu, erquickten ſich und wurden durch die einzelnen Staͤmme der Baͤume Waſſer gewahr, giengen darauf zu und fanden — offenbares Meer. Viel- leicht, ſprach Belphegor wieder auflebend, vielleicht hat uns hier uͤber dieſe Fluthen der Himmel einen Weg gebahnt, um in das koͤſtliche Europa wieder zuruͤckzukehren. Lebe auf, Akante! Hier iſt der Weg in unſer Va- terland. Alles, was ich dort ausgeſtanden habe, von deinen Huͤftenſtoͤßen bis zum Auf- haͤngen unter den Lettomanern, iſt nichts gegen die Schmerzen, die ich in andern Welttheilen habe ertragen muͤſſen. Wenig- ſtens kann man dort ruhiger Zuſchauer von dem

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wezel_belphegor02_1776
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wezel_belphegor02_1776/168
Zitationshilfe: Wezel, Johann Carl: Belphegor, oder die wahrscheinlichste Geschichte unter der Sonne. Bd. 2. Leipzig, 1776, S. 162. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wezel_belphegor02_1776/168>, abgerufen am 22.12.2024.