Auch warteten sie wirklich lange auf den gehoften Beystand des Himmels und die Ueberfahrt nach Europa, nährten sich küm- merlich mit gesammelten Früchten und Wur- zeln, bis endlich die Saiten der Hofnung schlaff wurden, und der Muth gleichfalls. -- Trauriges ungerechtes Schicksal! -- dabey blieb Akante und beschloß verzweiflend, sich in die See zu stürzen. -- Laß mich voran! rief Belphegor. Gab mir die Natur das Leben und doch keine Mittel es zu erhalten, so werfe ich die unnütze Last von mir und sterbe. -- Mit diesem Worte sprang er un- aufgehalten in die Fluth: allein ein Rest von Liebe zum Leben oder eine andere Ursache machte, daß er sich unbewußt im Wasser, ohne zu sinken, fortarbeitete und nach dem Ufer zuschwamm, wo er ganz durchnäßt und kraftlos sich auf das Trockne hinwarf.
Er erholte sich; sein erster Blick gieng nach Akanten, aber fand sie nicht: er suchte, er rief und fand sie eben so wenig. Nach langem vergeblichem Bemühen blickte er endlich seufzend nach der See hin, als wollte er zum zweytenmale sich ihr überge- ben; -- siehe! plötzlich wurde er ein Fahr-
zeug
Auch warteten ſie wirklich lange auf den gehoften Beyſtand des Himmels und die Ueberfahrt nach Europa, naͤhrten ſich kuͤm- merlich mit geſammelten Fruͤchten und Wur- zeln, bis endlich die Saiten der Hofnung ſchlaff wurden, und der Muth gleichfalls. — Trauriges ungerechtes Schickſal! — dabey blieb Akante und beſchloß verzweiflend, ſich in die See zu ſtuͤrzen. — Laß mich voran! rief Belphegor. Gab mir die Natur das Leben und doch keine Mittel es zu erhalten, ſo werfe ich die unnuͤtze Laſt von mir und ſterbe. — Mit dieſem Worte ſprang er un- aufgehalten in die Fluth: allein ein Reſt von Liebe zum Leben oder eine andere Urſache machte, daß er ſich unbewußt im Waſſer, ohne zu ſinken, fortarbeitete und nach dem Ufer zuſchwamm, wo er ganz durchnaͤßt und kraftlos ſich auf das Trockne hinwarf.
Er erholte ſich; ſein erſter Blick gieng nach Akanten, aber fand ſie nicht: er ſuchte, er rief und fand ſie eben ſo wenig. Nach langem vergeblichem Bemuͤhen blickte er endlich ſeufzend nach der See hin, als wollte er zum zweytenmale ſich ihr uͤberge- ben; — ſiehe! ploͤtzlich wurde er ein Fahr-
zeug
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0170"n="164"/><p>Auch warteten ſie wirklich lange auf den<lb/>
gehoften Beyſtand des Himmels und die<lb/>
Ueberfahrt nach Europa, naͤhrten ſich kuͤm-<lb/>
merlich mit geſammelten Fruͤchten und Wur-<lb/>
zeln, bis endlich die Saiten der Hofnung<lb/>ſchlaff wurden, und der Muth gleichfalls. —<lb/>
Trauriges ungerechtes Schickſal! — dabey<lb/>
blieb Akante und beſchloß verzweiflend, ſich<lb/>
in die See zu ſtuͤrzen. — Laß mich voran!<lb/>
rief Belphegor. Gab mir die Natur das<lb/>
Leben und doch keine Mittel es zu erhalten,<lb/>ſo werfe ich die unnuͤtze Laſt von mir und<lb/>ſterbe. — Mit dieſem Worte ſprang er un-<lb/>
aufgehalten in die Fluth: allein ein Reſt<lb/>
von Liebe zum Leben oder eine andere Urſache<lb/>
machte, daß er ſich unbewußt im Waſſer,<lb/>
ohne zu ſinken, fortarbeitete und nach dem<lb/>
Ufer zuſchwamm, wo er ganz durchnaͤßt und<lb/>
kraftlos ſich auf das Trockne hinwarf.</p><lb/><p>Er erholte ſich; ſein erſter Blick gieng<lb/>
nach Akanten, aber fand ſie nicht: er ſuchte,<lb/>
er rief und fand ſie eben ſo wenig. Nach<lb/>
langem vergeblichem Bemuͤhen blickte er<lb/>
endlich ſeufzend nach der See hin, als<lb/>
wollte er zum zweytenmale ſich ihr uͤberge-<lb/>
ben; —ſiehe! ploͤtzlich wurde er ein Fahr-<lb/><fwplace="bottom"type="catch">zeug</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[164/0170]
Auch warteten ſie wirklich lange auf den
gehoften Beyſtand des Himmels und die
Ueberfahrt nach Europa, naͤhrten ſich kuͤm-
merlich mit geſammelten Fruͤchten und Wur-
zeln, bis endlich die Saiten der Hofnung
ſchlaff wurden, und der Muth gleichfalls. —
Trauriges ungerechtes Schickſal! — dabey
blieb Akante und beſchloß verzweiflend, ſich
in die See zu ſtuͤrzen. — Laß mich voran!
rief Belphegor. Gab mir die Natur das
Leben und doch keine Mittel es zu erhalten,
ſo werfe ich die unnuͤtze Laſt von mir und
ſterbe. — Mit dieſem Worte ſprang er un-
aufgehalten in die Fluth: allein ein Reſt
von Liebe zum Leben oder eine andere Urſache
machte, daß er ſich unbewußt im Waſſer,
ohne zu ſinken, fortarbeitete und nach dem
Ufer zuſchwamm, wo er ganz durchnaͤßt und
kraftlos ſich auf das Trockne hinwarf.
Er erholte ſich; ſein erſter Blick gieng
nach Akanten, aber fand ſie nicht: er ſuchte,
er rief und fand ſie eben ſo wenig. Nach
langem vergeblichem Bemuͤhen blickte er
endlich ſeufzend nach der See hin, als
wollte er zum zweytenmale ſich ihr uͤberge-
ben; — ſiehe! ploͤtzlich wurde er ein Fahr-
zeug
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Wezel, Johann Carl: Belphegor, oder die wahrscheinlichste Geschichte unter der Sonne. Bd. 2. Leipzig, 1776, S. 164. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wezel_belphegor02_1776/170>, abgerufen am 22.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.