diese kriechen verachtet und abgesondert in einem Winkel herum, wo sie für sich und die übrigen Einwohner Wurzeln ausgraben, Früchte sammeln und andre Nahrungsmittel aufsuchen müssen. Wir andern, die wir zu jener Jagd und Fischerey tüchtig genug sind, wir wenden alle unsre Kräfte dazu an, wir verfolgen Vögel, Wild oder Fische, nach- dem unser Geschmack oder die Gelegenheit uns bestimmt; keiner hat noch jemals eins erhascht, und doch sind tausende dabey um- gekommen, weil ihnen der Athem ausgieng, tausende haben einander aus Neid darum gebracht; nur wenige erjagen zuweilen eine goldne Feder, die sie kaum besitzen, als sie des erlangten Besitzes überdrüßig sind: demungeachtet bleibt keiner, der es nur im mindesten vermag, von diesem mühsamen Geschäfte zurück, läuft und läuft, und hat am Ende -- nichts, oder wenigstens ein Etwas, das so gut als ein Nichts ist, sieht ein, daß es ein Nichts ist, und begiebt sich endlich an diesen Ort, der der letzte allge- meine Sammelplatz unser aller ist, wo wir über die Thorheit unsers Lebens weinen oder lachen, schmälen oder lächeln. Siehe! alle
diese
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dieſe kriechen verachtet und abgeſondert in einem Winkel herum, wo ſie fuͤr ſich und die uͤbrigen Einwohner Wurzeln ausgraben, Fruͤchte ſammeln und andre Nahrungsmittel aufſuchen muͤſſen. Wir andern, die wir zu jener Jagd und Fiſcherey tuͤchtig genug ſind, wir wenden alle unſre Kraͤfte dazu an, wir verfolgen Voͤgel, Wild oder Fiſche, nach- dem unſer Geſchmack oder die Gelegenheit uns beſtimmt; keiner hat noch jemals eins erhaſcht, und doch ſind tauſende dabey um- gekommen, weil ihnen der Athem ausgieng, tauſende haben einander aus Neid darum gebracht; nur wenige erjagen zuweilen eine goldne Feder, die ſie kaum beſitzen, als ſie des erlangten Beſitzes uͤberdruͤßig ſind: demungeachtet bleibt keiner, der es nur im mindeſten vermag, von dieſem muͤhſamen Geſchaͤfte zuruͤck, laͤuft und laͤuft, und hat am Ende — nichts, oder wenigſtens ein Etwas, das ſo gut als ein Nichts iſt, ſieht ein, daß es ein Nichts iſt, und begiebt ſich endlich an dieſen Ort, der der letzte allge- meine Sammelplatz unſer aller iſt, wo wir uͤber die Thorheit unſers Lebens weinen oder lachen, ſchmaͤlen oder laͤcheln. Siehe! alle
dieſe
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dieſe kriechen verachtet und abgeſondert in
einem Winkel herum, wo ſie fuͤr ſich und
die uͤbrigen Einwohner Wurzeln ausgraben,
Fruͤchte ſammeln und andre Nahrungsmittel
aufſuchen muͤſſen. Wir andern, die wir zu
jener Jagd und Fiſcherey tuͤchtig genug ſind,
wir wenden alle unſre Kraͤfte dazu an, wir
verfolgen Voͤgel, Wild oder Fiſche, nach-
dem unſer Geſchmack oder die Gelegenheit
uns beſtimmt; keiner hat noch jemals eins
erhaſcht, und doch ſind tauſende dabey um-
gekommen, weil ihnen der Athem ausgieng,
tauſende haben einander aus Neid darum
gebracht; nur wenige erjagen zuweilen eine
goldne Feder, die ſie kaum beſitzen, als ſie
des erlangten Beſitzes uͤberdruͤßig ſind:
demungeachtet bleibt keiner, der es nur im
mindeſten vermag, von dieſem muͤhſamen
Geſchaͤfte zuruͤck, laͤuft und laͤuft, und hat
am Ende — nichts, oder wenigſtens ein
Etwas, das ſo gut als ein Nichts iſt, ſieht
ein, daß es ein Nichts iſt, und begiebt ſich
endlich an dieſen Ort, der der letzte allge-
meine Sammelplatz unſer aller iſt, wo wir
uͤber die Thorheit unſers Lebens weinen oder
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Wezel, Johann Carl: Belphegor, oder die wahrscheinlichste Geschichte unter der Sonne. Bd. 2. Leipzig, 1776, S. 191. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wezel_belphegor02_1776/197>, abgerufen am 22.12.2024.
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