wurden sie wegen großen Ueberflusses aus- getbeilt, und jedermann, der einen Anverwaudten im Treffen eingebüßt hat- te, bekam einen von den Gefangnen an dessen Stelle: unter welchen die bei- den Europäer zu einer Wittwe kamen, die ihnen die Ehre anthat, erstlich den Verlust ihres Mannes auf das empfindlichste an ihren Leibern zu rächen, und dann sie zu ihren Sklaven zu machen.
Der gegenwärtige Zustand war unange- nehm, aber in Vergleichung der nächstvor- hergehenden vortreflich; wenigstens war das Leben sicher. In kurzer Zeit bekam das ganze Dorf einen neuen Paroxismus von Tapferkeit, und alles zog aus, sogar die Weiber waren nicht davon ausgenommen: auch Belphegor und Akante mußten, so we- nig sie auch den Kützel der Tapferkeit em- pfanden, den Zug verstärken helfen. -- Da sie aber voraussehen konnten, daß das En- de des Feldzugs ihren Zustand wohl ver- schlimmern aber nicht verbessern könne, so beschlossen sie bey der ersten Gelegenheit zu entwischen, in eine Einöde zu fliehen und da lieber kümmerlich zu verhungern, als in
bestän-
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wurden ſie wegen großen Ueberfluſſes aus- getbeilt, und jedermann, der einen Anverwaudten im Treffen eingebuͤßt hat- te, bekam einen von den Gefangnen an deſſen Stelle: unter welchen die bei- den Europaͤer zu einer Wittwe kamen, die ihnen die Ehre anthat, erſtlich den Verluſt ihres Mannes auf das empfindlichſte an ihren Leibern zu raͤchen, und dann ſie zu ihren Sklaven zu machen.
Der gegenwaͤrtige Zuſtand war unange- nehm, aber in Vergleichung der naͤchſtvor- hergehenden vortreflich; wenigſtens war das Leben ſicher. In kurzer Zeit bekam das ganze Dorf einen neuen Paroxiſmus von Tapferkeit, und alles zog aus, ſogar die Weiber waren nicht davon ausgenommen: auch Belphegor und Akante mußten, ſo we- nig ſie auch den Kuͤtzel der Tapferkeit em- pfanden, den Zug verſtaͤrken helfen. — Da ſie aber vorausſehen konnten, daß das En- de des Feldzugs ihren Zuſtand wohl ver- ſchlimmern aber nicht verbeſſern koͤnne, ſo beſchloſſen ſie bey der erſten Gelegenheit zu entwiſchen, in eine Einoͤde zu fliehen und da lieber kuͤmmerlich zu verhungern, als in
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[215/0221]
wurden ſie wegen großen Ueberfluſſes aus-
getbeilt, und jedermann, der einen
Anverwaudten im Treffen eingebuͤßt hat-
te, bekam einen von den Gefangnen
an deſſen Stelle: unter welchen die bei-
den Europaͤer zu einer Wittwe kamen, die
ihnen die Ehre anthat, erſtlich den Verluſt
ihres Mannes auf das empfindlichſte an
ihren Leibern zu raͤchen, und dann ſie zu
ihren Sklaven zu machen.
Der gegenwaͤrtige Zuſtand war unange-
nehm, aber in Vergleichung der naͤchſtvor-
hergehenden vortreflich; wenigſtens war
das Leben ſicher. In kurzer Zeit bekam
das ganze Dorf einen neuen Paroxiſmus von
Tapferkeit, und alles zog aus, ſogar die
Weiber waren nicht davon ausgenommen:
auch Belphegor und Akante mußten, ſo we-
nig ſie auch den Kuͤtzel der Tapferkeit em-
pfanden, den Zug verſtaͤrken helfen. — Da
ſie aber vorausſehen konnten, daß das En-
de des Feldzugs ihren Zuſtand wohl ver-
ſchlimmern aber nicht verbeſſern koͤnne, ſo
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da lieber kuͤmmerlich zu verhungern, als in
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Wezel, Johann Carl: Belphegor, oder die wahrscheinlichste Geschichte unter der Sonne. Bd. 2. Leipzig, 1776, S. 215. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wezel_belphegor02_1776/221>, abgerufen am 22.12.2024.
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