ich doch: wer weiß, wozu das gut ist? Ich komme am besten dabey zu rechte: ist auch wirklich alles Nothwendigkeit und Zufall; muß ich mich von diesen beyden Mächten herumstoßen laßen -- wohlan! ich wills gar nicht wissen, daß sie mich blind herum- stoßen. Der Kopf wird so dadurch wirb- licht genug, soll ich mir ihn noch durch Grü- beleyen wirblicht machen? -- Nein! jede Freude genossen, wie sie sich anbietet, jeden Puff angenommen, wie er kömmt, und im- mer gedacht: wer weiß, wozu er gut ist? -- das heißt klug gelebt! -- Und das kannst Du mir doch nicht läugnen, Brüderchen, daß die gottlosen Kerle, die mich mit dem Boote fortwandern ließen, mich in die Angst versetzen mußten, damit ich dich wie- derfände? Wäre ich in dem Palaste zu Nie- meamaye nicht beynahe verbrannt, hätte ich nicht so viele Gefahren zur See und in Ame- rika ausgestanden, so wäre ich itzt nicht bey Dir, so freueten wir uns itzt nicht --
Bester Freund! unterbrach ihn Belphe- gor: dieser Zweck ist auf deiner Seite er- reicht, aber auf der meinigen nicht. In dem Sturme der Leidenschaften, unter dem
Gefühle
ich doch: wer weiß, wozu das gut iſt? Ich komme am beſten dabey zu rechte: iſt auch wirklich alles Nothwendigkeit und Zufall; muß ich mich von dieſen beyden Maͤchten herumſtoßen laßen — wohlan! ich wills gar nicht wiſſen, daß ſie mich blind herum- ſtoßen. Der Kopf wird ſo dadurch wirb- licht genug, ſoll ich mir ihn noch durch Gruͤ- beleyen wirblicht machen? — Nein! jede Freude genoſſen, wie ſie ſich anbietet, jeden Puff angenommen, wie er koͤmmt, und im- mer gedacht: wer weiß, wozu er gut iſt? — das heißt klug gelebt! — Und das kannſt Du mir doch nicht laͤugnen, Bruͤderchen, daß die gottloſen Kerle, die mich mit dem Boote fortwandern ließen, mich in die Angſt verſetzen mußten, damit ich dich wie- derfaͤnde? Waͤre ich in dem Palaſte zu Nie- meamaye nicht beynahe verbrannt, haͤtte ich nicht ſo viele Gefahren zur See und in Ame- rika ausgeſtanden, ſo waͤre ich itzt nicht bey Dir, ſo freueten wir uns itzt nicht —
Beſter Freund! unterbrach ihn Belphe- gor: dieſer Zweck iſt auf deiner Seite er- reicht, aber auf der meinigen nicht. In dem Sturme der Leidenſchaften, unter dem
Gefuͤhle
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ich doch: wer weiß, wozu das gut iſt? Ich
komme am beſten dabey zu rechte: iſt auch
wirklich alles Nothwendigkeit und Zufall;
muß ich mich von dieſen beyden Maͤchten
herumſtoßen laßen — wohlan! ich wills
gar nicht wiſſen, daß ſie mich blind herum-
ſtoßen. Der Kopf wird ſo dadurch wirb-
licht genug, ſoll ich mir ihn noch durch Gruͤ-
beleyen wirblicht machen? — Nein! jede
Freude genoſſen, wie ſie ſich anbietet, jeden
Puff angenommen, wie er koͤmmt, und im-
mer gedacht: wer weiß, wozu er gut iſt? —
das heißt klug gelebt! — Und das kannſt
Du mir doch nicht laͤugnen, Bruͤderchen,
daß die gottloſen Kerle, die mich mit dem
Boote fortwandern ließen, mich in die
Angſt verſetzen mußten, damit ich dich wie-
derfaͤnde? Waͤre ich in dem Palaſte zu Nie-
meamaye nicht beynahe verbrannt, haͤtte ich
nicht ſo viele Gefahren zur See und in Ame-
rika ausgeſtanden, ſo waͤre ich itzt nicht bey
Dir, ſo freueten wir uns itzt nicht —
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Wezel, Johann Carl: Belphegor, oder die wahrscheinlichste Geschichte unter der Sonne. Bd. 2. Leipzig, 1776, S. 228. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wezel_belphegor02_1776/234>, abgerufen am 22.12.2024.
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