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Wieland, Christoph Martin: Oberon. Weimar, 1780.

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63.
Da hörst du's nun! spricht zu Titania
Der Elfenfürst: was er mit augen sah
Schwemmt eine Thräne weg! Dein werk ists; triumfire!
Doch hör' auch nun den heiligsten der schwüre!
Ich glaubte mich geliebt, und fand mein glük darinn;
Es war ein traum -- Dank dir, daß ich entzaubert bin.
Hoff nicht ein Thränchen werd auch mich umnebeln können,
Von nun an müssen wir uns trennen!
64.
Nie werden wir, in wasser noch in luft,
Noch wo im blüthenhayn die zweige balsam regnen,
Noch wo der hagre greif in ewigfinstrer gruft
Bey zauberschätzen wacht, einander mehr begegnen.
Mich drükt die luft in der du athmest; fleuch!
Und wehe dem verräthrischen geschlechte
Von dem du bist, und weh dem feigen liebesknechte
Der eure ketten schleppt -- ich haß euch alle gleich!
65.
Und wo ein mann in eines weibes stricken
Als wie ein taumelnder lusttrunkner Auerhahn
Sich fangen läßt, und liegt und girrt sie an,
Und saugt das falsche gift aus ihren üpp'gen blicken;
Wähnt, Liebe sey's was ihr im schlangenbusen flammt,
Und horcht bethört der lächelnden Syrene,
Traut ihren schwüren, glaubt der hinterlist'gen thräne,
Der sey zu jeder noth, zu jeder quaal verdammt!
66. Und
63.
Da hoͤrſt du's nun! ſpricht zu Titania
Der Elfenfuͤrſt: was er mit augen ſah
Schwemmt eine Thraͤne weg! Dein werk iſts; triumfire!
Doch hoͤr' auch nun den heiligſten der ſchwuͤre!
Ich glaubte mich geliebt, und fand mein gluͤk darinn;
Es war ein traum — Dank dir, daß ich entzaubert bin.
Hoff nicht ein Thraͤnchen werd auch mich umnebeln koͤnnen,
Von nun an muͤſſen wir uns trennen!
64.
Nie werden wir, in waſſer noch in luft,
Noch wo im bluͤthenhayn die zweige balſam regnen,
Noch wo der hagre greif in ewigfinſtrer gruft
Bey zauberſchaͤtzen wacht, einander mehr begegnen.
Mich druͤkt die luft in der du athmeſt; fleuch!
Und wehe dem verraͤthriſchen geſchlechte
Von dem du biſt, und weh dem feigen liebesknechte
Der eure ketten ſchleppt — ich haß euch alle gleich!
65.
Und wo ein mann in eines weibes ſtricken
Als wie ein taumelnder luſttrunkner Auerhahn
Sich fangen laͤßt, und liegt und girrt ſie an,
Und ſaugt das falſche gift aus ihren uͤpp'gen blicken;
Waͤhnt, Liebe ſey's was ihr im ſchlangenbuſen flammt,
Und horcht bethoͤrt der laͤchelnden Syrene,
Traut ihren ſchwuͤren, glaubt der hinterliſt'gen thraͤne,
Der ſey zu jeder noth, zu jeder quaal verdammt!
66. Und
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[0160] 63. Da hoͤrſt du's nun! ſpricht zu Titania Der Elfenfuͤrſt: was er mit augen ſah Schwemmt eine Thraͤne weg! Dein werk iſts; triumfire! Doch hoͤr' auch nun den heiligſten der ſchwuͤre! Ich glaubte mich geliebt, und fand mein gluͤk darinn; Es war ein traum — Dank dir, daß ich entzaubert bin. Hoff nicht ein Thraͤnchen werd auch mich umnebeln koͤnnen, Von nun an muͤſſen wir uns trennen! 64. Nie werden wir, in waſſer noch in luft, Noch wo im bluͤthenhayn die zweige balſam regnen, Noch wo der hagre greif in ewigfinſtrer gruft Bey zauberſchaͤtzen wacht, einander mehr begegnen. Mich druͤkt die luft in der du athmeſt; fleuch! Und wehe dem verraͤthriſchen geſchlechte Von dem du biſt, und weh dem feigen liebesknechte Der eure ketten ſchleppt — ich haß euch alle gleich! 65. Und wo ein mann in eines weibes ſtricken Als wie ein taumelnder luſttrunkner Auerhahn Sich fangen laͤßt, und liegt und girrt ſie an, Und ſaugt das falſche gift aus ihren uͤpp'gen blicken; Waͤhnt, Liebe ſey's was ihr im ſchlangenbuſen flammt, Und horcht bethoͤrt der laͤchelnden Syrene, Traut ihren ſchwuͤren, glaubt der hinterliſt'gen thraͤne, Der ſey zu jeder noth, zu jeder quaal verdammt! 66. Und

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Zitationshilfe: Wieland, Christoph Martin: Oberon. Weimar, 1780, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wieland_oberon_1780/160>, abgerufen am 16.05.2024.