Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wieland, Christoph Martin: Oberon. Weimar, 1780.

Bild:
<< vorherige Seite
66.
Und bey dem furchtbarn Namen sey's geschworen
Der Geistern selbst unnennbar bleiben muß,
Nichts wende diesen fluch und meinen festen schluß,
Bis ein getreues Paar, vom schiksal selbst erkoren,
Durch keusche Lieb in eins zusammenfließt,
Und, probefest in leiden wie in freuden,
Die herzen ungetrennt, auch wenn die leiber scheiden,
Der Ungetreuen schuld durch seine unschuld büßt.
67.
Und wenn dies edle paar schuldloser reiner seelen
Um liebe alles gab und unter jedem hieb
Des strengesten geschiks, auch wenn bis an die kehlen
Das wasser steigt, getreu der ersten liebe blieb;
Entschlossen eh den tod in flammen zu erwählen,
Als ungetreu zu seyn selbst einem thron zu lieb:
Titania, wenn alles dies geschehen,
Dann werden wir uns wiedersehen!
68.
So sprach der Geist und schwand aus ihrem blik.
Vergebens lokte sie mit liebevoller stimme,
Nachfliehend, ihn in ihren arm zurük!
Nichts kann des raschen Worts, das er in seinem grimme
Gesprochen, hätt er gleich es selbst zu spät beweint,
Nichts kann ihn seines schwurs entbinden,
Bevor, nach dem beding der fast unmöglich scheint,
Zwey Liebende, wie ers verlangt, sich finden.
69. Seit
66.
Und bey dem furchtbarn Namen ſey's geſchworen
Der Geiſtern ſelbſt unnennbar bleiben muß,
Nichts wende dieſen fluch und meinen feſten ſchluß,
Bis ein getreues Paar, vom ſchikſal ſelbſt erkoren,
Durch keuſche Lieb in eins zuſammenfließt,
Und, probefeſt in leiden wie in freuden,
Die herzen ungetrennt, auch wenn die leiber ſcheiden,
Der Ungetreuen ſchuld durch ſeine unſchuld buͤßt.
67.
Und wenn dies edle paar ſchuldloſer reiner ſeelen
Um liebe alles gab und unter jedem hieb
Des ſtrengeſten geſchiks, auch wenn bis an die kehlen
Das waſſer ſteigt, getreu der erſten liebe blieb;
Entſchloſſen eh den tod in flammen zu erwaͤhlen,
Als ungetreu zu ſeyn ſelbſt einem thron zu lieb:
Titania, wenn alles dies geſchehen,
Dann werden wir uns wiederſehen!
68.
So ſprach der Geiſt und ſchwand aus ihrem blik.
Vergebens lokte ſie mit liebevoller ſtimme,
Nachfliehend, ihn in ihren arm zuruͤk!
Nichts kann des raſchen Worts, das er in ſeinem grimme
Geſprochen, haͤtt er gleich es ſelbſt zu ſpaͤt beweint,
Nichts kann ihn ſeines ſchwurs entbinden,
Bevor, nach dem beding der faſt unmoͤglich ſcheint,
Zwey Liebende, wie ers verlangt, ſich finden.
69. Seit
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <pb facs="#f0161"/>
            <lg n="66">
              <head> <hi rendition="#c">66.</hi> </head><lb/>
              <l><hi rendition="#in">U</hi>nd bey dem furchtbarn Namen &#x017F;ey's ge&#x017F;chworen</l><lb/>
              <l>Der Gei&#x017F;tern &#x017F;elb&#x017F;t unnennbar bleiben muß,</l><lb/>
              <l>Nichts wende die&#x017F;en fluch und meinen fe&#x017F;ten &#x017F;chluß,</l><lb/>
              <l>Bis ein getreues Paar, vom &#x017F;chik&#x017F;al &#x017F;elb&#x017F;t erkoren,</l><lb/>
              <l>Durch keu&#x017F;che Lieb in eins zu&#x017F;ammenfließt,</l><lb/>
              <l>Und, probefe&#x017F;t in leiden wie in freuden,</l><lb/>
              <l>Die herzen ungetrennt, auch wenn die leiber &#x017F;cheiden,</l><lb/>
              <l>Der Ungetreuen &#x017F;chuld durch &#x017F;eine un&#x017F;chuld bu&#x0364;ßt.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="67">
              <head> <hi rendition="#c">67.</hi> </head><lb/>
              <l><hi rendition="#in">U</hi>nd wenn dies edle paar &#x017F;chuldlo&#x017F;er reiner &#x017F;eelen</l><lb/>
              <l>Um liebe alles gab und unter jedem hieb</l><lb/>
              <l>Des &#x017F;trenge&#x017F;ten ge&#x017F;chiks, auch wenn bis an die kehlen</l><lb/>
              <l>Das wa&#x017F;&#x017F;er &#x017F;teigt, getreu der er&#x017F;ten liebe blieb;</l><lb/>
              <l>Ent&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en eh den tod in flammen zu erwa&#x0364;hlen,</l><lb/>
              <l>Als ungetreu zu &#x017F;eyn &#x017F;elb&#x017F;t einem thron zu lieb:</l><lb/>
              <l>Titania, wenn alles dies ge&#x017F;chehen,</l><lb/>
              <l>Dann werden wir uns wieder&#x017F;ehen!</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="68">
              <head> <hi rendition="#c">68.</hi> </head><lb/>
              <l><hi rendition="#in">S</hi>o &#x017F;prach der Gei&#x017F;t und &#x017F;chwand aus ihrem blik.</l><lb/>
              <l>Vergebens lokte &#x017F;ie mit liebevoller &#x017F;timme,</l><lb/>
              <l>Nachfliehend, ihn in ihren arm zuru&#x0364;k!</l><lb/>
              <l>Nichts kann des ra&#x017F;chen Worts, das er in &#x017F;einem grimme</l><lb/>
              <l>Ge&#x017F;prochen, ha&#x0364;tt er gleich es &#x017F;elb&#x017F;t zu &#x017F;pa&#x0364;t beweint,</l><lb/>
              <l>Nichts kann ihn &#x017F;eines &#x017F;chwurs entbinden,</l><lb/>
              <l>Bevor, nach dem beding der fa&#x017F;t unmo&#x0364;glich &#x017F;cheint,</l><lb/>
              <l>Zwey Liebende, wie ers verlangt, &#x017F;ich finden.</l>
            </lg><lb/>
            <fw place="bottom" type="catch">69. Seit</fw><lb/>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0161] 66. Und bey dem furchtbarn Namen ſey's geſchworen Der Geiſtern ſelbſt unnennbar bleiben muß, Nichts wende dieſen fluch und meinen feſten ſchluß, Bis ein getreues Paar, vom ſchikſal ſelbſt erkoren, Durch keuſche Lieb in eins zuſammenfließt, Und, probefeſt in leiden wie in freuden, Die herzen ungetrennt, auch wenn die leiber ſcheiden, Der Ungetreuen ſchuld durch ſeine unſchuld buͤßt. 67. Und wenn dies edle paar ſchuldloſer reiner ſeelen Um liebe alles gab und unter jedem hieb Des ſtrengeſten geſchiks, auch wenn bis an die kehlen Das waſſer ſteigt, getreu der erſten liebe blieb; Entſchloſſen eh den tod in flammen zu erwaͤhlen, Als ungetreu zu ſeyn ſelbſt einem thron zu lieb: Titania, wenn alles dies geſchehen, Dann werden wir uns wiederſehen! 68. So ſprach der Geiſt und ſchwand aus ihrem blik. Vergebens lokte ſie mit liebevoller ſtimme, Nachfliehend, ihn in ihren arm zuruͤk! Nichts kann des raſchen Worts, das er in ſeinem grimme Geſprochen, haͤtt er gleich es ſelbſt zu ſpaͤt beweint, Nichts kann ihn ſeines ſchwurs entbinden, Bevor, nach dem beding der faſt unmoͤglich ſcheint, Zwey Liebende, wie ers verlangt, ſich finden. 69. Seit

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wieland_oberon_1780
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wieland_oberon_1780/161
Zitationshilfe: Wieland, Christoph Martin: Oberon. Weimar, 1780, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wieland_oberon_1780/161>, abgerufen am 22.12.2024.