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Wieland, Christoph Martin: Oberon. Weimar, 1780.

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41.
O Liebe, süßes labsal aller leiden
Der sterblichen, du wonnevoller rausch
Vermählter Seelen -- welche andre freuden
Sind deinen gleich? -- Wie schreklich war der tausch,
Wie rasch der übergang, im Schiksal dieser Beyden!
Einst günstlinge des glüks, von einem Fürstenthron
Geschleudert, bringen sie das leben kaum davon,
Das nakte leben kaum, und sind noch zu beneiden!
42.
Der schimmerreichste saal, mit Königspracht geschmükt,
Hat nicht den reiz von dieser wilden grotte
Für Rezia -- und er, an ihre brust gedrükt,
Fühlt sich unsterblich, wird zum Gotte
In ihrem Arm. Das halbverfaulte moos
Worauf sie ruhn, däucht sie das reichste bette,
Und duftet lieblicher, als wenn schasmin und roß
Und lilienduft es eingebalsamt hätte.
43.
O daß er enden muß, so gern das herz ihn nährt,
Der süße wahn! Zwar unbemerkt sind ihnen
Zwoo stunden schon entschlüpft: Doch, die natur begehrt
Nun andre kost. Wer wird sie hier bedienen?
Unwirthbar, unbewohnt, ist dieser dürre strand,
Nichts das den hunger täuscht, wird um und um gefunden;
Und ach! ergrimmt zog Oberon die hand
Von ihnen ab -- der Becher ist verschwunden!
44. Mit
41.
O Liebe, ſuͤßes labſal aller leiden
Der ſterblichen, du wonnevoller rauſch
Vermaͤhlter Seelen — welche andre freuden
Sind deinen gleich? — Wie ſchreklich war der tauſch,
Wie raſch der uͤbergang, im Schikſal dieſer Beyden!
Einſt guͤnſtlinge des gluͤks, von einem Fuͤrſtenthron
Geſchleudert, bringen ſie das leben kaum davon,
Das nakte leben kaum, und ſind noch zu beneiden!
42.
Der ſchimmerreichſte ſaal, mit Koͤnigspracht geſchmuͤkt,
Hat nicht den reiz von dieſer wilden grotte
Fuͤr Rezia — und er, an ihre bruſt gedruͤkt,
Fuͤhlt ſich unſterblich, wird zum Gotte
In ihrem Arm. Das halbverfaulte moos
Worauf ſie ruhn, daͤucht ſie das reichſte bette,
Und duftet lieblicher, als wenn ſchasmin und roß
Und lilienduft es eingebalſamt haͤtte.
43.
O daß er enden muß, ſo gern das herz ihn naͤhrt,
Der ſuͤße wahn! Zwar unbemerkt ſind ihnen
Zwoo ſtunden ſchon entſchluͤpft: Doch, die natur begehrt
Nun andre koſt. Wer wird ſie hier bedienen?
Unwirthbar, unbewohnt, iſt dieſer duͤrre ſtrand,
Nichts das den hunger taͤuſcht, wird um und um gefunden;
Und ach! ergrimmt zog Oberon die hand
Von ihnen ab — der Becher iſt verſchwunden!
44. Mit
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[0177] 41. O Liebe, ſuͤßes labſal aller leiden Der ſterblichen, du wonnevoller rauſch Vermaͤhlter Seelen — welche andre freuden Sind deinen gleich? — Wie ſchreklich war der tauſch, Wie raſch der uͤbergang, im Schikſal dieſer Beyden! Einſt guͤnſtlinge des gluͤks, von einem Fuͤrſtenthron Geſchleudert, bringen ſie das leben kaum davon, Das nakte leben kaum, und ſind noch zu beneiden! 42. Der ſchimmerreichſte ſaal, mit Koͤnigspracht geſchmuͤkt, Hat nicht den reiz von dieſer wilden grotte Fuͤr Rezia — und er, an ihre bruſt gedruͤkt, Fuͤhlt ſich unſterblich, wird zum Gotte In ihrem Arm. Das halbverfaulte moos Worauf ſie ruhn, daͤucht ſie das reichſte bette, Und duftet lieblicher, als wenn ſchasmin und roß Und lilienduft es eingebalſamt haͤtte. 43. O daß er enden muß, ſo gern das herz ihn naͤhrt, Der ſuͤße wahn! Zwar unbemerkt ſind ihnen Zwoo ſtunden ſchon entſchluͤpft: Doch, die natur begehrt Nun andre koſt. Wer wird ſie hier bedienen? Unwirthbar, unbewohnt, iſt dieſer duͤrre ſtrand, Nichts das den hunger taͤuſcht, wird um und um gefunden; Und ach! ergrimmt zog Oberon die hand Von ihnen ab — der Becher iſt verſchwunden! 44. Mit

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Zitationshilfe: Wieland, Christoph Martin: Oberon. Weimar, 1780, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wieland_oberon_1780/177>, abgerufen am 22.12.2024.