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Wieland, Christoph Martin: Oberon. Weimar, 1780.

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72.
Und ihm zur seite glänzt, mit ihrer rosenkrone
Geschmükt, Titania in milderm Mondesglanz.
In beyder Rechten schwebt ein schöner myrtenkranz.
Empfange, sprechen sie mit liebevollem tone,
Du treues Paar, zum edeln Siegeslohne,
Aus deiner Freunde hand den wohlverdienten Kranz!
Nie wird von euch, solang ihr dieses zeichen
Von unsrer Liebe bewahrt, das Glük des Herzens weichen.
73.
Kaum daß das lezte wort von Oberons lippen fiel,
So sah man aus der luft sich eine wolke neigen,
Und aus der wolke schoos, bey goldner harfen spiel,
Mit lilien vor der brust, drey Elfentöchter steigen.
Im arm der dritten lag ein wunderschöner Knab,
Den sie, auf ihren knie'n, Titanien übergab.
Süßlächelnd bükt zu ihm die Königin sich nieder,
Und giebt, mit einem kuß, ihn seiner Mutter wieder.
74.
Und, unterm jubelgesang der Jungfraun, die in Reyhn
Vor ihnen her den weg mit rosen überstreun,
Ziehn durch die weite goldne pforte
Die Glüklichen hinein in Oberons Freudenhaus.
Was sie gesehn, gehört, an diesem schönen orte,
Sprach ihre zunge niemals aus;
Sie sahn nur himmelwärts, und freudenthränen brachen
Aus ihren augen aus, so oft sie davon sprachen.
75. In
72.
Und ihm zur ſeite glaͤnzt, mit ihrer roſenkrone
Geſchmuͤkt, Titania in milderm Mondesglanz.
In beyder Rechten ſchwebt ein ſchoͤner myrtenkranz.
Empfange, ſprechen ſie mit liebevollem tone,
Du treues Paar, zum edeln Siegeslohne,
Aus deiner Freunde hand den wohlverdienten Kranz!
Nie wird von euch, ſolang ihr dieſes zeichen
Von unſrer Liebe bewahrt, das Gluͤk des Herzens weichen.
73.
Kaum daß das lezte wort von Oberons lippen fiel,
So ſah man aus der luft ſich eine wolke neigen,
Und aus der wolke ſchoos, bey goldner harfen ſpiel,
Mit lilien vor der bruſt, drey Elfentoͤchter ſteigen.
Im arm der dritten lag ein wunderſchoͤner Knab,
Den ſie, auf ihren knie'n, Titanien uͤbergab.
Suͤßlaͤchelnd buͤkt zu ihm die Koͤnigin ſich nieder,
Und giebt, mit einem kuß, ihn ſeiner Mutter wieder.
74.
Und, unterm jubelgeſang der Jungfraun, die in Reyhn
Vor ihnen her den weg mit roſen uͤberſtreun,
Ziehn durch die weite goldne pforte
Die Gluͤklichen hinein in Oberons Freudenhaus.
Was ſie geſehn, gehoͤrt, an dieſem ſchoͤnen orte,
Sprach ihre zunge niemals aus;
Sie ſahn nur himmelwaͤrts, und freudenthraͤnen brachen
Aus ihren augen aus, ſo oft ſie davon ſprachen.
75. In
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[0312] 72. Und ihm zur ſeite glaͤnzt, mit ihrer roſenkrone Geſchmuͤkt, Titania in milderm Mondesglanz. In beyder Rechten ſchwebt ein ſchoͤner myrtenkranz. Empfange, ſprechen ſie mit liebevollem tone, Du treues Paar, zum edeln Siegeslohne, Aus deiner Freunde hand den wohlverdienten Kranz! Nie wird von euch, ſolang ihr dieſes zeichen Von unſrer Liebe bewahrt, das Gluͤk des Herzens weichen. 73. Kaum daß das lezte wort von Oberons lippen fiel, So ſah man aus der luft ſich eine wolke neigen, Und aus der wolke ſchoos, bey goldner harfen ſpiel, Mit lilien vor der bruſt, drey Elfentoͤchter ſteigen. Im arm der dritten lag ein wunderſchoͤner Knab, Den ſie, auf ihren knie'n, Titanien uͤbergab. Suͤßlaͤchelnd buͤkt zu ihm die Koͤnigin ſich nieder, Und giebt, mit einem kuß, ihn ſeiner Mutter wieder. 74. Und, unterm jubelgeſang der Jungfraun, die in Reyhn Vor ihnen her den weg mit roſen uͤberſtreun, Ziehn durch die weite goldne pforte Die Gluͤklichen hinein in Oberons Freudenhaus. Was ſie geſehn, gehoͤrt, an dieſem ſchoͤnen orte, Sprach ihre zunge niemals aus; Sie ſahn nur himmelwaͤrts, und freudenthraͤnen brachen Aus ihren augen aus, ſo oft ſie davon ſprachen. 75. In

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Zitationshilfe: Wieland, Christoph Martin: Oberon. Weimar, 1780, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wieland_oberon_1780/312>, abgerufen am 15.05.2024.