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Wieland, Christoph Martin: Oberon. Weimar, 1780.

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82.
Auf, wafne mich, ruft Hüon voller freuden,
Willkomner konnte mir kein' andre botschaft seyn.
Was die Geburt mir gab, sey nun durch Tugend mein!
Verdien' ich's nicht, so mag's der Kayser dem bescheiden
Der's würdig ist! -- Er sagt's, und siehet Rezia
Ihm lächelnd stillen beyfall nicken.
Ihr Busen klopft ihm Sieg! -- In wenig augenblicken
Steht glänzend schon ihr Held in voller rüstung da.
83.
Sie schwingen sich zu pferd, die Ritter und die Frauen,
Und ziehen nach der Stadt; und allenthalben schauen,
Vor ihrer pracht entzükt, die Leute nach, und wer
Die gassen müßig tritt, läuft hinter ihnen her.
Bald langt mit Rezia Herr Hüon vor den planken
Der stechbahn an. Er läßt, nachdem er sich bey ihr
Beurlaubt, Scherasmin zu ihrem schützer hier,
Zieht sein Visier herab, und reitet in die schranken.
84.
Ein lautes lob verfolgt von beyden seiten ihn,
Ihn, der an anstand und an stärke
Den Besten, die der ritterlichen werke
Bisher gepflegt, weit überlegen schien.
Scheelsehend stand am ziel, auf seinem stolzen roß,
Der Ritter, der in diesen dreyen tagen
Des Rennens preis davon getragen,
Und mit den Fürsten sah der Kayser aus dem Schloß.
85.
Herr Hüon neigt, nach ritterlicher weise,
Sich vor dem Kayser tief, dann vor den Damen und
Den Richtern -- tummelt drauf im kreise
Den muth'gen hengst herum, und macht dem Sieger kund
Daß
U 3
82.
Auf, wafne mich, ruft Huͤon voller freuden,
Willkomner konnte mir kein' andre botſchaft ſeyn.
Was die Geburt mir gab, ſey nun durch Tugend mein!
Verdien' ich's nicht, ſo mag's der Kayſer dem beſcheiden
Der's wuͤrdig iſt! — Er ſagt's, und ſiehet Rezia
Ihm laͤchelnd ſtillen beyfall nicken.
Ihr Buſen klopft ihm Sieg! — In wenig augenblicken
Steht glaͤnzend ſchon ihr Held in voller ruͤſtung da.
83.
Sie ſchwingen ſich zu pferd, die Ritter und die Frauen,
Und ziehen nach der Stadt; und allenthalben ſchauen,
Vor ihrer pracht entzuͤkt, die Leute nach, und wer
Die gaſſen muͤßig tritt, laͤuft hinter ihnen her.
Bald langt mit Rezia Herr Huͤon vor den planken
Der ſtechbahn an. Er laͤßt, nachdem er ſich bey ihr
Beurlaubt, Scherasmin zu ihrem ſchuͤtzer hier,
Zieht ſein Viſier herab, und reitet in die ſchranken.
84.
Ein lautes lob verfolgt von beyden ſeiten ihn,
Ihn, der an anſtand und an ſtaͤrke
Den Beſten, die der ritterlichen werke
Bisher gepflegt, weit uͤberlegen ſchien.
Scheelſehend ſtand am ziel, auf ſeinem ſtolzen roß,
Der Ritter, der in dieſen dreyen tagen
Des Rennens preis davon getragen,
Und mit den Fuͤrſten ſah der Kayſer aus dem Schloß.
85.
Herr Huͤon neigt, nach ritterlicher weiſe,
Sich vor dem Kayſer tief, dann vor den Damen und
Den Richtern — tummelt drauf im kreiſe
Den muth'gen hengſt herum, und macht dem Sieger kund
Daß
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[0315] 82. Auf, wafne mich, ruft Huͤon voller freuden, Willkomner konnte mir kein' andre botſchaft ſeyn. Was die Geburt mir gab, ſey nun durch Tugend mein! Verdien' ich's nicht, ſo mag's der Kayſer dem beſcheiden Der's wuͤrdig iſt! — Er ſagt's, und ſiehet Rezia Ihm laͤchelnd ſtillen beyfall nicken. Ihr Buſen klopft ihm Sieg! — In wenig augenblicken Steht glaͤnzend ſchon ihr Held in voller ruͤſtung da. 83. Sie ſchwingen ſich zu pferd, die Ritter und die Frauen, Und ziehen nach der Stadt; und allenthalben ſchauen, Vor ihrer pracht entzuͤkt, die Leute nach, und wer Die gaſſen muͤßig tritt, laͤuft hinter ihnen her. Bald langt mit Rezia Herr Huͤon vor den planken Der ſtechbahn an. Er laͤßt, nachdem er ſich bey ihr Beurlaubt, Scherasmin zu ihrem ſchuͤtzer hier, Zieht ſein Viſier herab, und reitet in die ſchranken. 84. Ein lautes lob verfolgt von beyden ſeiten ihn, Ihn, der an anſtand und an ſtaͤrke Den Beſten, die der ritterlichen werke Bisher gepflegt, weit uͤberlegen ſchien. Scheelſehend ſtand am ziel, auf ſeinem ſtolzen roß, Der Ritter, der in dieſen dreyen tagen Des Rennens preis davon getragen, Und mit den Fuͤrſten ſah der Kayſer aus dem Schloß. 85. Herr Huͤon neigt, nach ritterlicher weiſe, Sich vor dem Kayſer tief, dann vor den Damen und Den Richtern — tummelt drauf im kreiſe Den muth'gen hengſt herum, und macht dem Sieger kund Daß U 3

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Zitationshilfe: Wieland, Christoph Martin: Oberon. Weimar, 1780, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wieland_oberon_1780/315>, abgerufen am 15.05.2024.