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Wieland, Christoph Martin: Oberon. Weimar, 1780.

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Daß er gekommen sey, den Dank ihm abzujagen.
Er sollte zwar erst Stand und Namen sagen;
Allein sein schwur, daß er ein Franke sey,
Und seines aufzugs pracht, macht vom gesez ihn frey.

86.
Er wiegt und wählt aus einem hauffen speere
Sich den, der ihm die meiste schwere
Zu haben scheint, schwingt ihn mit leichter hand,
Und stellt, voll zuversicht, sich nun an seinen stand.
Wie klopft Amandens herz! Wie feurige gebete
Schikt sie zu Oberon und allen Engeln ab,
Als izt die schmetternde trompete
Den Ungeduldigen zum rennen urlaub gab!
87.
Dem Ritter, der bisher die Nebenbuler alle
Die Erde küssen hieß, schwillt mächtiglich die galle,
Daß er gezwungen wird, auf diese neue schanz
Sein glük und seinen ruhm zu setzen.
Er war ein Sohn des Dovlin von Maganz,
Und ihm war lanzenspiel kaum mehr wie hasenhetzen.
Er stürmet, wie ein stral aus schwarzer wolken schoos,
In voller wut, auf seinen gegner los.
88.
Doch, ohne nur in seinem siz zu schwanken,
Trift Hüon ihn so kräftig vor die brust,
Und wirft mit solcher macht ihn seitwärts an die planken,
Daß alle rippen ihm von seinem fall erkranken.
Zum kampf vergeht ihm alle weitre lust.
Vier Knappen tragen ihn ohnmächtig aus den schranken.
Ein jubelnd Siegsgeschrey prallt an die wolken an,
Und Hüon steht allein als Sieger auf dem plan.
89. Er

Daß er gekommen ſey, den Dank ihm abzujagen.
Er ſollte zwar erſt Stand und Namen ſagen;
Allein ſein ſchwur, daß er ein Franke ſey,
Und ſeines aufzugs pracht, macht vom geſez ihn frey.

86.
Er wiegt und waͤhlt aus einem hauffen ſpeere
Sich den, der ihm die meiſte ſchwere
Zu haben ſcheint, ſchwingt ihn mit leichter hand,
Und ſtellt, voll zuverſicht, ſich nun an ſeinen ſtand.
Wie klopft Amandens herz! Wie feurige gebete
Schikt ſie zu Oberon und allen Engeln ab,
Als izt die ſchmetternde trompete
Den Ungeduldigen zum rennen urlaub gab!
87.
Dem Ritter, der bisher die Nebenbuler alle
Die Erde kuͤſſen hieß, ſchwillt maͤchtiglich die galle,
Daß er gezwungen wird, auf dieſe neue ſchanz
Sein gluͤk und ſeinen ruhm zu ſetzen.
Er war ein Sohn des Dovlin von Maganz,
Und ihm war lanzenſpiel kaum mehr wie haſenhetzen.
Er ſtuͤrmet, wie ein ſtral aus ſchwarzer wolken ſchoos,
In voller wut, auf ſeinen gegner los.
88.
Doch, ohne nur in ſeinem ſiz zu ſchwanken,
Trift Huͤon ihn ſo kraͤftig vor die bruſt,
Und wirft mit ſolcher macht ihn ſeitwaͤrts an die planken,
Daß alle rippen ihm von ſeinem fall erkranken.
Zum kampf vergeht ihm alle weitre luſt.
Vier Knappen tragen ihn ohnmaͤchtig aus den ſchranken.
Ein jubelnd Siegsgeſchrey prallt an die wolken an,
Und Huͤon ſteht allein als Sieger auf dem plan.
89. Er
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[0316] Daß er gekommen ſey, den Dank ihm abzujagen. Er ſollte zwar erſt Stand und Namen ſagen; Allein ſein ſchwur, daß er ein Franke ſey, Und ſeines aufzugs pracht, macht vom geſez ihn frey. 86. Er wiegt und waͤhlt aus einem hauffen ſpeere Sich den, der ihm die meiſte ſchwere Zu haben ſcheint, ſchwingt ihn mit leichter hand, Und ſtellt, voll zuverſicht, ſich nun an ſeinen ſtand. Wie klopft Amandens herz! Wie feurige gebete Schikt ſie zu Oberon und allen Engeln ab, Als izt die ſchmetternde trompete Den Ungeduldigen zum rennen urlaub gab! 87. Dem Ritter, der bisher die Nebenbuler alle Die Erde kuͤſſen hieß, ſchwillt maͤchtiglich die galle, Daß er gezwungen wird, auf dieſe neue ſchanz Sein gluͤk und ſeinen ruhm zu ſetzen. Er war ein Sohn des Dovlin von Maganz, Und ihm war lanzenſpiel kaum mehr wie haſenhetzen. Er ſtuͤrmet, wie ein ſtral aus ſchwarzer wolken ſchoos, In voller wut, auf ſeinen gegner los. 88. Doch, ohne nur in ſeinem ſiz zu ſchwanken, Trift Huͤon ihn ſo kraͤftig vor die bruſt, Und wirft mit ſolcher macht ihn ſeitwaͤrts an die planken, Daß alle rippen ihm von ſeinem fall erkranken. Zum kampf vergeht ihm alle weitre luſt. Vier Knappen tragen ihn ohnmaͤchtig aus den ſchranken. Ein jubelnd Siegsgeſchrey prallt an die wolken an, Und Huͤon ſteht allein als Sieger auf dem plan. 89. Er

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Zitationshilfe: Wieland, Christoph Martin: Oberon. Weimar, 1780, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wieland_oberon_1780/316>, abgerufen am 15.05.2024.