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Wienbarg, Ludolf: Aesthetische Feldzüge. Dem jungen Deutschland gewidmet. Hamburg, 1834.

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zen Leibe die Stacheln eines Stachelschweins em¬
porstarren, so wenig schön finden wir diesen An¬
blick. Der englische Maler Hogarth fand die
Lineamente der Schönheit in der Wellenlinie,
wonach denn auch das unförmlichste Ganze, die
ödeste Seeküste, mit den Spuren der Wellenlinie
darin schön genannt werden müßte.

Fragt die Kröte, sagt Voltaire, was schön
ist, oder einen Schwarzen von Guinea, oder einen
Philosophen, -- dieser allein wird euch mit einem
Gallimathias antworten. Man kann Voltaire nur
beistimmen. Selbst Platon's Erklärung der Schön¬
heit ist nur eine schöne Mythe, welche bei nähe¬
rer Betrachtung das Wesen der Schönheit eigent¬
lich aufhebt. Sie erinnern sich, wo er von dem
Entzücken spricht, worein Jemand gerathen würde,
erschien ihm die Idee der Schönheit selbst in leicht
verkörpertem Gewande. Allein dies Entzücken wird
keinem Sterblichen zu Theil werden, Platon's
Idee der Schönheit ist, bei Licht betrachtet, von
jeder andern abstrakten Idee durch nichts unter¬
schieden, wir können die Schönheit nicht ablösen
von den individuellen Organismen, in denen sie
zur Erscheinung kommt, die schöne That nicht vom
Charakter des Menschen, der sie ausführt, die
schöne Rosenknospe nicht von dem schlanken, grü¬
nen Stängel, worauf sie wächst, die schönen Au¬

zen Leibe die Stacheln eines Stachelſchweins em¬
porſtarren, ſo wenig ſchoͤn finden wir dieſen An¬
blick. Der engliſche Maler Hogarth fand die
Lineamente der Schoͤnheit in der Wellenlinie,
wonach denn auch das unfoͤrmlichſte Ganze, die
oͤdeſte Seekuͤſte, mit den Spuren der Wellenlinie
darin ſchoͤn genannt werden muͤßte.

Fragt die Kroͤte, ſagt Voltaire, was ſchoͤn
iſt, oder einen Schwarzen von Guinea, oder einen
Philoſophen, — dieſer allein wird euch mit einem
Gallimathias antworten. Man kann Voltaire nur
beiſtimmen. Selbſt Platon's Erklaͤrung der Schoͤn¬
heit iſt nur eine ſchoͤne Mythe, welche bei naͤhe¬
rer Betrachtung das Weſen der Schoͤnheit eigent¬
lich aufhebt. Sie erinnern ſich, wo er von dem
Entzuͤcken ſpricht, worein Jemand gerathen wuͤrde,
erſchien ihm die Idee der Schoͤnheit ſelbſt in leicht
verkoͤrpertem Gewande. Allein dies Entzuͤcken wird
keinem Sterblichen zu Theil werden, Platon's
Idee der Schoͤnheit iſt, bei Licht betrachtet, von
jeder andern abſtrakten Idee durch nichts unter¬
ſchieden, wir koͤnnen die Schoͤnheit nicht abloͤſen
von den individuellen Organismen, in denen ſie
zur Erſcheinung kommt, die ſchoͤne That nicht vom
Charakter des Menſchen, der ſie ausfuͤhrt, die
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[148/0162] zen Leibe die Stacheln eines Stachelſchweins em¬ porſtarren, ſo wenig ſchoͤn finden wir dieſen An¬ blick. Der engliſche Maler Hogarth fand die Lineamente der Schoͤnheit in der Wellenlinie, wonach denn auch das unfoͤrmlichſte Ganze, die oͤdeſte Seekuͤſte, mit den Spuren der Wellenlinie darin ſchoͤn genannt werden muͤßte. Fragt die Kroͤte, ſagt Voltaire, was ſchoͤn iſt, oder einen Schwarzen von Guinea, oder einen Philoſophen, — dieſer allein wird euch mit einem Gallimathias antworten. Man kann Voltaire nur beiſtimmen. Selbſt Platon's Erklaͤrung der Schoͤn¬ heit iſt nur eine ſchoͤne Mythe, welche bei naͤhe¬ rer Betrachtung das Weſen der Schoͤnheit eigent¬ lich aufhebt. Sie erinnern ſich, wo er von dem Entzuͤcken ſpricht, worein Jemand gerathen wuͤrde, erſchien ihm die Idee der Schoͤnheit ſelbſt in leicht verkoͤrpertem Gewande. Allein dies Entzuͤcken wird keinem Sterblichen zu Theil werden, Platon's Idee der Schoͤnheit iſt, bei Licht betrachtet, von jeder andern abſtrakten Idee durch nichts unter¬ ſchieden, wir koͤnnen die Schoͤnheit nicht abloͤſen von den individuellen Organismen, in denen ſie zur Erſcheinung kommt, die ſchoͤne That nicht vom Charakter des Menſchen, der ſie ausfuͤhrt, die ſchoͤne Roſenknospe nicht von dem ſchlanken, gruͤ¬ nen Staͤngel, worauf ſie waͤchſt, die ſchoͤnen Au¬

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Zitationshilfe: Wienbarg, Ludolf: Aesthetische Feldzüge. Dem jungen Deutschland gewidmet. Hamburg, 1834, S. 148. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wienbarg_feldzuege_1834/162>, abgerufen am 21.11.2024.